Bayern:Handy-Verbot an den Schulen

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Nach dem Auffinden von Porno- und Gewaltvideos in Klassenzimmern hat der Ministerrat die Benutzung von Mobiltelefonen auf dem Schulgelände zum Tabu erklärt.

Christine Burtscheidt

Die Staatsregierung hat ein generelles Nutzungsverbot von Handys an Schulen beschlossen. Nachdem in den Mobiltelefonen von Schülern gewaltverherrlichende und pornografische Videos gefunden wurden, dürfen Kinder und Jugendliche ihre Handys zwar auch künftig mitnehmen, aber weder im Unterricht noch in den Pausen nutzen. In dringenden Fällen dürfen Lehrer Ausnahmen genehmigen.

"Die Schule ist nicht der Ort zum Telefonieren und schon gar nicht für die Verbreitung jugendgefährdender Machwerke", sagte Kultusminister Siegfried Schneider. Diesem Erziehungs- und Schutzauftrag müsse ein grundsätzliches Nutzungsverbot für Handys in den Schulen gerecht werden. Bei Lehrerverbänden stieß die Entscheidung des Kabinetts auf Kritik, sie sei nicht zielführend, hieß es. Schon bisher ist der Gebrauch von Handys im Unterricht verboten.

Künftig soll das Telefon jedoch auf dem gesamten Schulgelände ausgeschaltet bleiben, wie ein Sprecher des Kultusministeriums mitteilte. "Von morgens acht Uhr bis mittags gilt das Nutzungsverbot." Einzige Ausnahme seien Krankheitsfälle, Unterrichtsausfall oder Verzögerungen beim Schulbus-Transport.

Telefone dürfen weiter mitgenommen werden

Die Staatsregierung betonte, dass es sich bei dem Ministerratsbeschluss nicht um ein allgemeines Handyverbot handle, da die Telefone weiterhin mitgenommen werden dürften.

Ein solches hatte am Wochenende noch CSU-Generalsekretär Markus Söder gefordert und war auf massive Kritik gestoßen. "Unsere Lehrkräfte haben wahrlich Wichtigeres zu leisten, als wie Spürhunde Mobiltelefone zu suchen", sagte der Chef des Bayerischen Realschullehrerverbands, Anton Huber.

Nicht weniger Anstoß wird nun auch am jüngsten Ministerratsbeschluss genommen. "Damit will man sich nur aus der Affäre ziehen und so tun, als habe man etwas unternommen", sagte der Philologenverbands-Vorsitzende und Deggendorfer Direktor, Heinz-Peter Meidinger.

Tatsächlich werde sich dadurch an den Schulen die Lage nicht ändern. Der Beschluss werde lediglich zu mehr Unklarheit beitragen und neue Fragen aufwerfen, die Meidinger so formulierte: "Wann dürfen Lehrer Ausnahmen von dem Nutzungsverbot machen? Wer kontrolliert täglich auf den Schulhöfen und Toiletten, ob die Handys auch ausgeschaltet sind?"

Lehrer halten Nutzungsverbot für unangemessen

Lehrer- und Lehrerinnenverband hält das Nutzungsverbot für unangemessen Er könne nicht nachvollziehen, weshalb 100 Prozent der Schüler bestraft würden, weil ein Prozent Handys für gewaltverherrlichende Darstellungen missbrauchten. Auch der bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband hält das Nutzungsverbot für unangemessen.

Das Kabinett sollte sich mit wesentlicheren Fragen befassen, sagte Klaus Wenzel, zuständig für Bildungspolitik. Ähnlich ist die Reaktion beim Deutschen Kinderschutzbund. Mit einem Nutzungsverbot werde das Problem lediglich vor den Schulhof verlagert, teilte der Landesverband mit. Sinnvoller sei es, einen PIN-Schutz einzurichten, mit dem Eltern im Handy ihrer Kinder bestimmte Funktionen deaktivieren könnten.

Die Staatsregierung ist jedoch fest entschlossen, das Nutzungsverbot umzusetzen. Zurzeit wird geprüft, ob dazu eine Gesetzesänderung erforderlich ist.

Ob es dazu kommen wird, hängt aber auch von der CSU-Fraktion ab. Und dort stieß nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die Entscheidung nicht nur auf Gegenliebe.

So soll dazu möglicherweise noch diese Woche ein Dringlichkeitsantrag eingereicht werden. Gespalten ist die Haltung zum Kabinettsbeschluss auch in der Opposition. Während die Grünen von einer "völlig unzureichenden" Maßnahme sprechen, begrüßte die SPD, dass es immerhin zu keinem generellen Verbot gekommen sei.

(SZ vom 29.03.2006)

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