Tourismus ist eine gute Sache, wenn nur die vielen Menschen nicht wären. Bali ist vermutlich einer der begehrtesten Orte der Welt: die Reisterrassen und Strände, die Unberührtheit im Norden und die Partys im Süden, die traditionelle Kultur und die Surfschulen. All das passt auf die nur 5800 Quadratkilometer große indonesische Insel. Dazu knapp eine Million Besucher allein von Januar bis März dieses Jahres, bei nur etwa 4,5 Millionen Einwohnern. Die Touristen sind nach zwei Jahren Pandemie hochwillkommen, doch sie bringen natürlich alle ihre eigene Mentalität und ihre eigenen Manieren mit. Was unweigerlich zu Problemen führt.
So wird beispielsweise in der "Yoga-Barn" in Ubud, wo sich am Sonntag um zehn Uhr vormittags die Tanzwilligen zum "Ecstatic Dance" treffen, mehrfach darauf hingewiesen, dass man sich vergewissern sollte, ob eine Person auch mit einer anderen Person tanzen möchte. Und in Canggu, dem Mekka der sogenannten Digital-Nomaden, wird verstärkt der Verkehr kontrolliert, damit man nicht von einem Life Coach oder Influencer auf einem Motorroller überfahren wird, häufig haben die Dauergäste nicht mal einen Führerschein.
Auch in den Tempeln und an anderen Heiligtümern fallen manche Gäste unangenehm auf. So berichtete die Deutsche Presse-Agentur am Montag von zwei Fällen von Ausweisung: Eine Russin hatte sich nackt an einen berühmten Banyan-Baum in der Region Tabanan geschmiegt und ein Foto davon auf sozialen Netzwerken gepostet. Diese Baumart wird von Hindus in aller Welt - auch von den Balinesen - als heilig verehrt. Zuvor musste ein anderer Russe das Land verlassen, nachdem er mit nacktem Oberkörper auf dem Vulkan Gunung Agung posiert hatte. Für die Balinesen ist der rund 3100 Meter hohe Feuerberg der Sitz der Götter.
Insgesamt 620 Ausländer wurden in den ersten drei Monaten dieses Jahres nach Angaben der Einwanderungsbehörde aus Indonesien abgeschoben. Die Gründe waren Missbrauch von Aufenthaltsgenehmigungen, Störung der öffentlichen Ordnung, schlechtes Benehmen und Nichteinhaltung der indonesischen Vorschriften. "Offensichtlich haben die Behörden auf Bali die Nase voll von sich danebenbenehmenden Ausländern", warnte der NZ Herald am vergangenen Wochenende. Für Neuseeländer ist Bali eher ein Naherholungsziel.
Hotelangestellte auf Bali werden nun angewiesen, ausländische Gäste darüber aufzuklären, was diese tun dürfen und was nicht, und die Regionalregierung will einen Reiseführer für gutes Benehmen herausgeben. Das "Good Tourist Guidebook" werde unter anderem eine Einführung in die balinesische Kultur und deren Bräuche geben, heißt es. Ähnliches gab es schon in Zell am See, der "Araber-Knigge" sollte arabischen Gästen die österreichische Kultur näherbringen - nicht am Boden essen und "in das lachende Gesicht des Gegenübers schauen". Er wurde nach internationaler Empörung wieder eingesackt.
Doch woher sollen die Touristen dann wissen, was geht und was nicht? Dass man sich beispielsweise in Deutschland förmlich siezt, aber nackt am See baden darf. Dass man nie zu spät kommen sollte, aber ab Mittag in der Öffentlichkeit Alkohol getrunken wird - nicht allerdings ohne anzustoßen. Alles sehr seltsame Sitten.