Bahn: Klimanalage defekt:"Die Beförderung endete im Desaster"

Das Hitzechaos nach dem Ausfall der Klimaanlage in drei ICEs hat ein Nachspiel für die Deutsche Bahn. Es wird wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt - und eine Schulleiterin kündigt Schadenersatz an.

Überlastete Klimaanlagen, entnervte Fahrgäste: Die Bahn steht in der Hitzewelle am Pranger. Nach massiven Problemen am Wochenende will der Konzern die Kühltechnik der ICE-Züge besonders überprüfen. Das Eisenbahn-Bundesamt nahm Untersuchungen auf.

Schüler werden nach Hitzekollaps versorgt

Helfer versorgen im Bahnhof Bielefeld Schüler, die in einem ICE wegen defekter Klimaanlage kollabiert sind. Neun mussten ins Krankenhaus. Nun ermittelt die Bundespolizei wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen die Bahn.

(Foto: dpa)

Das Eisenbahn-Bundesamt will Fahrzeuge und betriebliche Abläufe prüfen, wie ein Behördensprecher sagte. Untersucht werde auch, ob es früher bereits solche Vorfälle gegeben habe. Ferner ermittelt die Bundespolizei wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung.

Unter die Lupe kommt auch der ICE, in dem neun Schüler einen Hitzekollaps erlitten. Das Bundesverkehrsministerium und die Gewerkschaft Transnet forderten Konsequenzen. Der Fahrgastverband Pro Bahn bemängelte das Krisenmanagement.

Auch am Montag gab es bundesweit Schwierigkeiten mit aufgeheizten Waggons. Am Münchner Hauptbahnhof wurde mindestens ein Zug komplett aus dem Verkehr genommen. Nachdem den Reisenden mitgeteilt wurde, dass wegen einer defekten Klimaanlage nur der halbe Zug einfahren könne, mussten die Passagiere in einen anderen umsteigen, berichtete eine Mitarbeiterin von sueddeutsche.de.

Ein Bahnsprecher sagte in Berlin, bei der nächtlichen Wartung der ICE in den Werkstätten würden die Klimaanlagen mit einem extra Blick genauer überprüft. Damit solle sichergestellt werden, dass kein Zug mit gestörter Kühlung auf die Gleise rolle. Zugbegleiter seien zudem nochmals sensibilisiert worden, auf Unregelmäßigkeiten zu achten. Es würden mehr Getränke mitgenommen, mit denen sich Reisende erfrischen können. Komplette Zugausfälle seien vorerst nicht bekanntgeworden.

Am Wochenende hatte die Bahn drei überhitzte ICE, die in Berlin gestartet waren, stoppen müssen. Etliche Schüler waren in den Wagen zusammengebrochen.

Die Sophie-Scholl-Gesamtschule in Remscheid will nach dem Hitzekollaps einiger ihrer Schüler Schadenersatz von der Deutschen Bahn. Die Bahn habe den Vertrag auf Beförderung der Schüler nicht erfüllt, sagte Schulleiterin Brigitte Borgstedt. "Die Beförderung endete im Desaster, und das nicht nur einmal." Außerdem rät die Schule den Eltern der betroffenen Kindern zu einer Sammelklage, sollten die Ermittlungen der Bundespolizei den Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung bestätigen.

Auch bei weiteren Zügen traten Augenzeugen zufolge Probleme auf. Ein Korrespondent der dpa berichtete von einem IC von Passau nach Hamburg, in dem am Sonntag in mehreren Wagen die Klimaanlage versagt hatte.

Im IC 2311 von Westerland nach Köln sei am Sonntag die Klimaanlage ausgefallen, sagte der 37-jährige Kölner Matthias Bosmann am Montag der dpa. Er habe selbst in dem Zug gesessen. Einige Wagen seien wegen Hitze geschlossen worden, Fahrgäste hätten auf andere Waggons ausweichen müssen. "Es war ein Riesenchaos."

Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte, die Klimaanlagen-Defekte seien ein hausgemachtes Problem. "Es waren alles Züge des Typs ICE 2. Das sind Züge, die jetzt 15 Jahre alt sind", sagte der Vorsitzende Karl-Peter Naumann. Eine Generalüberholung sei dringend nötig. Die Bahn hatte bereits zuvor eine Modernisierung der ICE- 2-Flotte für rund 100 Millionen Euro angekündigt.

Fatal sei der Umgang mit Störungen, sagte Naumann. "Was die Bahn noch immer nicht gelernt hat, ist, mit Krisen umzugehen", sagte Naumann. "Wenn es kritisch wird, muss man einen Zug auch mal anhalten und nicht nur, wenn er nicht weiterfahren kann, sondern auch, wenn im Inneren Dinge des Komforts nicht mehr stimmen."

Das Bundesverkehrsministerium dringt auf Konsequenzen. Derartige Mängel müssten bei künftigen ICE-Generationen beseitigt sein, sagte eine Sprecherin. Zugleich warnte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) davor, die ausgefallenen Klimaanlagen im ICE "zu einer nationalen Tragödie hoch (zu) stilisieren". Auch der Aufsichtsrat des bundeseigenen Konzerns werde sich mit dem Thema beschäftigen.

Die Gewerkschaft Transnet forderte ebenfalls Gegenmaßnahmen. "Die Ursachen müssen schleunigst erforscht und beseitigt werden", sagte der Vorsitzende Alexander Kirchner nach Angaben seines Sprechers. Er warnte zugleich vor Vorverurteilung der Zugbegleiter. "Sie haben einen harten Job und leiden auch unter den Problemen."

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