Bahamas:Tod im Schweinchen-Paradies

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Die schwimmenden Schweine der Bahamas-Insel Big Major Cay sind eine Touristenattraktion. Jetzt sind sieben von ihnen tot. (Foto: imago/ZUMA Press)

Touristen lieben die schwimmenden Schweine auf der Bahamas-Insel Big Major Cay. Vergangene Woche wurden sieben Tiere tot am Strand gefunden. Seitdem ist das Urlaubsparadies in Aufruhr.

Von Laura Hertreiter

Auf der kleinen Insel mit dem großen Namen ist die Normalität von surrealer Schönheit. Big Major Cay ist gesäumt von Puderzuckerstrand und katalogtürkisem Atlantik, und vor dem Ufer paddeln zartrosa Schweine in glasklarem Wasser.

Die unbewohnte Insel wäre nur eine unbedeutende der 700 Bahamasinseln südöstlich der USA, gäbe es dort nicht die schwimmenden Schweine. Von der Hauptstadt Nassau auf New Providence aus fährt ein Speed Boat, anderthalb Stunden, 350 Dollar. Wahlweise gibt es Flieger und Privatboote. Hunderte Urlauber machen das jedes Jahr, Schwimmen mit Schwein, Foto mit Schwein, Mojito mit Schwein, ganz normal dort. Nicht normal hingegen ist, dass sieben der Schweine vergangene Woche plötzlich tot am weißen Strand lagen. Seither ist das Paradies in Aufruhr.

Seit dem Schweinesterben hat die Insel wenig Lust auf Mysteriöses

Eigentlich ist das Rätselhafte Teil des Konzepts von Big Major. Wie die Schweine auf die Insel kamen etwa, das weiß hier offiziell niemand. Tourguides erzählen von Schiffbrüchen, von Piraten, von Abenteurern. Im Tourismusministerium des Inselstaates aber hat man seit dem Schweinesterben wenig Lust auf Mysteriöses. Eine Sprecherin wischt am Telefon alle Legenden beiseite, die sich in Enzyklopädien und Medien halten. Sie sagt, Ende der Neunziger hätten zwei Männer Schweine auf die Insel gebracht, um sich dort selbst versorgen zu können, sollte mit der Jahrtausendwende das zivilisierte Leben ein jähes Ende finden. "Die beiden sind bis heute die Besitzer und versorgen die Schweine und ihre Nachkommen." Und dann erzählt sie von dem Tag, an dem plötzlich nichts mehr normal war auf Big Major.

Einer der Besitzer, Wayde Nixon, hatte die toten Tiere vergangene Woche im Sand gefunden. Damit sie nicht in der Hitze verwesten, habe er sie ins Meer geworfen. Also bleibt die Todesursache erst einmal ein Rätsel. Man ließ einen Amtstierarzt einfliegen, der die Überlebenden untersuchte; sie seien "alle fit". Am Mittwoch trafen sich Vertreter von Tierschutzverbänden und Regierung in Nassau, um das weitere Vorgehen zu prüfen. Immerhin geht es nicht nur um die Frage, ob die Tiere heimtückischem Mord, einem Unfall oder einem Unglück zum Opfer fielen.

Es geht vielmehr darum, wie man die übrigen Tiere schützt. Denn die zählen zu den wichtigsten Touristenattraktionen auf den Bahamas, wo mehr als jeder Zweite vom Tourismus lebt. Kaum ein Katalog wirbt nicht mit ihrem Bild, mehrere Anbieter verdienen eine Menge Geld mit Bootstrips und Privatflügen zur Insel. Und im Internet hat sich die Werbung sowieso verselbständigt. Wo sonst rasen rosa Schweine über weißen Sand und schnellen mit gespreizten Beinen ins Meer, um gefüttert zu werden, sobald ein Motorengeräusch in die subtropische Stille knattert?

Schwein mit Dosenbier, Umarmung mit Schwein, Pose mit Ferkel

Neben unproblematischen Instagram-Bildern (Schnorcheln mit Schwein, Victory-Zeichen mit Schwein, Obstfütterung an Schwein) gibt es auch solche, die Tierschützer und Behörden mit Sorge sehen. Schwein mit Dosenbier, Umarmung mit Schwein, Pose mit Ferkel. Sind die Urlauber womöglich Schuld am Tod der Tiere?

Bei dem Treffen am Mittwoch deutete vieles auf einen Zusammenhang hin, von Absicht aber war laut Behörden keine Rede. Marineminister Alfred Gray schlug Abgrenzungen am Strand vor, damit die Tiere fotografiert, aber nicht gefüttert werden können.

"Sinnvoll", sagt Besitzer Wayne Nixon. Er glaubt, dass die Tiere falsches Futter bekommen haben. Und er klingt wütend, am anderen Ende der Leitung. "Sie sollten das mal sehen, manche geben den Schweinen Rum, manche reiten auf ihnen, als wären es Ponys." Sie brächten Süßigkeiten zum Anlocken mit. "Und sie werden immer waghalsiger mit ihren Selfiestangen." Die Jagd auf das spektakulärste Schweinebild, sie ist längst eröffnet.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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