Mecklenburg-Vorpommern:Wieso hat Schwerins Arbeiterwohlfahrt eine Kita auf Mallorca?

  • Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) des Kreises Schwerin-Parchim betreibt in Santa Maria del Camí auf der Baleareninsel Mallorca eine Kita.
  • Die Awo sagt, die Kita sei ein "Zukunftsengagement", um spanische Auszubildende für Kitas in Mecklenburg-Vorpommern zu gewinnen.
  • Die Finanzierung laufe durch Elternbeiträge von 586 Euro im Monat pro Kind; außerdem habe man einen Kredit aus freien Rücklagen genutzt.

Von Thomas Hahn

Im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern sind die Vorzüge der Mittelmeernation Spanien durchaus bekannt. Die Sonne scheint dort häufiger, die Partys sind besser. Andererseits: Strände und Inseln gibt es im deutschen Nordosten auch. Schon deshalb versteht mancher gerade nicht, warum die Arbeiterwohlfahrt (Awo) des Kreises Schwerin-Parchim neben ihren sieben Kitas im heimatlichen Verbandsgebiet eine achte in Santa Maria del Camí auf der Baleareninsel Mallorca betreibt. Geht es den Sozialverbänden in der strukturschwachen Region so gut, dass sie ihr Geld ins Ausland tragen können?

Das wäre eine spannende Nachricht für alle Eltern, die auf einen Kita-Platz warten. Ständig hören sie, dass Kinderbetreuung durch ausreichend Fachkräfte zu verträglichen Preisen eine teure Anstrengung sei. Eine Kita auf Mallorca dürfte demnach nicht drin sein. Und jetzt, da der NDR herausgefunden hat, dass die Awo in Schwerin-Parchim eine solche schon seit 2015 betreibt, zeigen sich hohe Stellen auch tatsächlich irritiert. Von dieser "unternehmerischen Entscheidung" der Awo-Filiale könne man nicht auf einen grenzenlosen Reichtum der Kita-Landschaft schließen, erklärt Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerium von Ressortchefin Stefanie Drese (SPD). "Ungewöhnlich" sei das Engagement und nicht vom Staat gefördert. Denn: "Eine Kita auf Mallorca liegt nicht im Landesinteresse."

"Wir dürfen nach unserer Satzung eine ganze Menge Dinge"

Auch in der Awo-Bundeszentrale in Berlin wirkt man überrascht. 2500 Kitas finanziert die Awo mit Spenden und Zuschüssen, um "mit einer qualitativ guten Kinderbetreuung einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten", wie der Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler in einer etwas hölzernen Erklärung sagt: "Inwieweit der Betrieb einer Kita auf Mallorca im Sinne dieses Beitrages angemessen und sinnvoll ist, kann von uns mit den uns bisher vorliegenden Informationen nicht nachvollzogen werden."

Bernd Sievers, Vorstandschef des Awo-Kreisverbandes Schwerin-Parchim, findet die Mallorca-Kita natürlich sehr sinnvoll. Als "Zukunftsengagement" gegen den Fachkräftemangel sieht er sie. Man wolle damit spanische Auszubildende für Kitas in Mecklenburg-Vorpommern gewinnen. Derzeit betreuten im Kindergarten Sa Planera zwei deutsche Pädagoginnen und zwei einheimische Fachkräfte bis zu 28 Kinder auf Deutsch und Spanisch. Die Finanzierung? Durch Elternbeiträge von 586 Euro im Monat pro Kind. Für Grundstück und Bau habe es einen Kredit über 425 000 Euro sowie 162 500 Euro aus freien Rücklagen gebraucht. Das Awo-Statut erlaube die Investition. "Wir dürfen nach unserer Satzung eine ganze Menge Dinge", sagt Sievers.

Diese Sicht findet der Awo-Bundesvorsitzende Stadler "ausgesprochen fragwürdig" und hat den Landesverband mit der Aufklärung beauftragt. Sozialministerin Drese begrüßt das. 790 der 1088 Kitas im Land gehören freien gemeinnützigen Trägern wie der Awo - deren Finanzgebaren muss sie also wichtig nehmen. Zumal ein Untersuchungsausschuss des Landtages gerade die Förderung der Sozialverbände prüft. Es besteht der Verdacht, Steuergeld sei unkontrolliert geflossen. Da wäre es gut zu wissen, dass die Schweriner Awo nicht aus reiner Sonnenfreude nach Mallorca expandierte.

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