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SZ-Serie "Ein Anruf bei ...":"Mechaniker sind oft genervt, wenn Nachfragen kommen, vor allem von Frauen"

In der Autowerkstatt von Laura Kennedy in Nordlondon arbeiten ausschließlich Mechanikerinnen. Was machen sie anders als die Männer in der Branche?

Interview von Alexander Menden

Vor vier Jahren gründete Laura Kennedy in Nordlondon die Autowerkstatt "Spanners with Manners" (Schraubenschlüssel mit Manieren). Die 39-jährige war die erste Frau, die den Mechanikerkurs an ihrem College belegte, und sie hatte zuvor auch noch nie eine andere Mechanikerin getroffen. Ihre Werkstatt im Stadtteil Finchley ist heute die erste und bisher einzige Reparaturwerkstatt in der britischen Hauptstadt, in der ausschließlich Mechanikerinnen arbeiten.

SZ: Ms Kennedy, war es immer Ihr Plan, eine ausschließlich weiblich besetzte Werkstatt zu gründen?

Laura Kennedy: Nein, das ist einfach so passiert. Ich habe erst bei einer Autofirma in der Verwaltung gearbeitet. Aber ich habe eine Leseschwäche und wollte ohnehin lieber etwas Praktisches machen. Daher habe ich eine Ausbildung zur Mechanikerin absolviert. Als ich dann den Betrieb aufnahm, hatte ich sofort viele Aufträge. Ich habe bei Ausbildungsbetrieben angerufen und gesagt, dass ich Personal suche. Überraschenderweise gab es gleich fünf oder sechs Mädchen, die einen Job suchten. Eine von ihnen arbeitet noch immer für mich, sie ist wirklich sehr gut. Danach wurde es eine Art Mund-zu-Mund-Werbung, über Instagram oder andere Medien. Wir mussten noch nie offiziell eine Stelle ausschreiben.

Ist die Arbeitsatmosphäre bei Ihnen anders als in männlich dominierten Werkstätten?

Wir vier verstehen uns alle bestens und unternehmen auch privat Sachen zusammen. Was die Lehrlinge angeht: Das sind 16-jährige Mädchen, für die das Arbeitsumfeld in anderen Werkstätten oft etwas unangenehm sein kann. Deshalb schicken die Ausbildungsbetriebe sie mittlerweile zuerst zu uns.

Würden Sie die Branche als sexistisch bezeichnen?

Es ist eben so, wie es ist, wenn viele Männer zusammenarbeiten.

Haben Sie seitens männlicher Kunden je Vorurteile gespürt?

Wir hatten noch nie einen Mann, der reingekommen ist, gesehen hat, dass hier nur Frauen arbeiten, und gleich wieder rückwärts rausfuhr, falls Sie das meinen. Viele meiner Kunden sind Handwerker aus unserer Gegend. Das sind Stammkunden. Wir haben uns einen sehr guten Ruf erarbeitet.

Und wie reagieren die Kundinnen?

Die kommen tatsächlich zum Teil von recht weit her, um ihre Autos bei uns reparieren oder warten zu lassen. Manche haben eine Anfahrt von bis zu zwei Stunden. Viele von ihnen haben mir ausdrücklich gesagt, dass sie sich in anderen Werkstätten oft eingeschüchtert fühlen. Mechaniker sind es gewohnt zu sagen: Das und das ist kaputt und muss repariert werden, und sind oft schnell genervt, wenn Nachfragen kommen, vor allem von Frauen. So etwas gibt es bei uns nicht. Das wissen die Kundinnen. Sie wissen es auch sehr zu schätzen und empfehlen uns deshalb weiter.

Bei Ihnen ist der Betriebsname also Programm?

Ich versuche immer, alles zu erklären, und zeige den Kundinnen nach einer Reparatur zum Beispiel die Verschleißteile, die ich ausgewechselt habe. Ich weiß ja, wie das ist, wenn ein Klempner kommt und meinen Boiler repariert und nichts erklärt. Ich muss dann einfach darauf vertrauen, dass er mich nicht übers Ohr haut. Die Menschen arbeiten hart für ihr Geld, da ist es doppelt unangenehm, in dieser Weise ausgeliefert zu sein.

Das ist ja für männliche Kunden eigentlich genauso, auch wenn es manchen vielleicht schwerer fällt, es zuzugeben.

Natürlich. Unsere Kundinnen und Kunden wissen, dass wir nichts abrechnen, was nicht nötig ist. Wir belügen unsere Kunden nicht - wenn es eine Kleinigkeit ist, wird auch nur diese Kleinigkeit erledigt. Dafür bleiben sie uns dann aber auch treu. Letztlich kommt es nur auf die Qualität der Dienstleistung an.

Weitere Folgen der SZ-Serie "Ein Anruf bei ..." finden Sie hier.

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