Autobiographie:Das Paralleluniversum von Frau Berlusconi

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Schonungslos und abgeklärt räumt die Frau von Italiens Premier auf mit seinen Legenden - auch mit der, dass er sich ihr zuliebe liften ließ.

Von Christiane Kohl

Rom - Über die Fernsehkanäle plaudert Silvio Berlusconi mühelos mit Millionen. Auch am Telefon hat der italienische Premier ständig einen Gesprächspartner in der Leitung. Nur bei der eigenen Frau, da hapert es ganz offensichtlich mit der Kommunikation.

Ehepaar Berlusconi. (Foto: Foto: AP)

Erst ließ Silvio eine CD herausbringen, auf der er verzweifelt um die Zuneigung seiner Ehefrau Veronica ringt: "Ich rufe dich, aber du antwortest nicht", singt der Regierungschef da in neapolitanischem Klageton.

Jetzt schlägt Veronica mit einer Autobiographie zurück. Sie und ihr Gatte seien "so unterschiedlich wie Tag und Nacht", erläutert die ehemalige Schauspielerin in "Tendenza Veronica" dem interessierten Publikum.

Silvio könne nie ruhig sein und rede sogar im Schlaf, sie hingegen liebe die Stille, gute Konzerte und die Literatur. "Wir haben zwei parallele Leben geführt", lautet ihr Fazit der nunmehr knapp 25 Jahre währenden Beziehung mit ihm.

Schonungslos räumt die 47-Jährige, die in Italien unter dem Namen Veronica Lario bekannt ist, auch mit einigen seiner Legenden auf. Etwa der, dass Berlusconi gleichsam vom Schlag gerührt gewesen sei, als er Veronica zum ersten Mal sah. "Es war Liebe auf den ersten Blick", pflegt der italienische Premier die angebliche Schlüssel-Begegnung mit der schönen Mimin in der Garderobe eines Theaters zu romantisieren.

Hingegen stellt Gattin Veronica jetzt klar, dass sie schon vorher eine Affäre miteinander gehabt hätten - freilich habe man dies geheim gehalten, da er noch verheiratet gewesen sei.

Und sie widerspricht auch seiner Behauptung, dass er sich Anfang dieses Jahres eigentlich nur seiner Frau zuliebe das Gesicht habe liften lassen.

Derlei Gesichtsoperationen seien stets mit einem Risiko verbunden, erklärt sie nun, deshalb würde sie "niemandem so etwas raten, der mir nahe steht." Silvio habe sich vielleicht "nicht richtig ausgedrückt", bewertet sie seine Lifting-Bemerkung - oder aber "unbedacht gelogen".

Viele Jahre lang hatte Veronica Berlusconi äußerst zurückgezogen in ihrer Prachtvilla Maccherio bei Mailand gelebt. Die gemeinsamen drei Kinder, die heute 16, 17 und 18 sind, erzog sie nach den Grundsätzen der Steiner-Philosophie; statt Papas seichten Fernsehprogrammen bekamen die Kleinen Marionettentheater und Fabelgeschichten geboten.

Vom öffentlichen Leben ihres Mannes hielt sich Veronica Berlusconi weit gehend fern. "Ich bin nicht die Hillary von Arcore", hatte sie vor Jahren einmal ihre politische und persönliche Zurückhaltung erklärt. Doch in letzter Zeit sprach Veronica Berlusconi, die mit Geburtsnamen eigentlich Miriam Bartolini heißt, ganz gegen die alten Gewohnheiten immer mal wieder mit Journalisten - und nicht gerade positiv, zumindest über ihren Ehemann. Dass sie in vielen Dingen, etwa bezüglich des Irakkrieges, anderer Meinung ist als er, war schon bekannt.

In der Autobiographie, die eine angesehene römische Klatschkolumnistin jetzt mit ihrer Erlaubnis herausbrachte, klingt nun jedoch einiges noch konzentrierter und pointierter.

Da ist von familiären Sonntagen die Rede, die er entweder durchtelefoniert oder mit Fußballspielen verbringt. "Mein Mann ist wie eine Telefonzentrale", sagt Veronica. Sie erzählt, dass sie noch nie zu zweit miteinander in Urlaub gefahren seien und auch sonst selten am selben Ort Ferien machen.

Obendrein enthüllt Veronica, dass sie ihrem Mann nicht mal politisch ihre Stimme gibt: Statt seine Partei Forza Italia zu unterstützen, wählt sie die Sozialisten oder auch mal die Radikale Partei.

Abgeklärt plaudert Veronica auch über streng Privates, so etwa eine zurückliegende Affäre von ihm, als er Mitte der 90er Jahre monatelang täglich einen riesigen Strauß roter Rosen bei einem römischen Blumenhändler orderte. "Ich war allerdings nicht die Dame, welche die Rosen bekam", stellt sie in ihrer Biographie klar. Eifersucht scheint ein wiederkehrendes Thema in ihrer Ehe mit dem Medientycoon gewesen zu sein, der Seitensprüngen offenbar nicht abgeneigt war. "Die Angst, wissen zu wollen, was geschieht", erklärt Veronica in dem Buch, habe sie zeitweise so sehr durcheinander gebracht, "dass ich das Vertrauen in mich selbst verlor." Mittlerweile ist sie dabei, ihre Rolle zu ändern. Langsam gehen die Kinder aus dem Haus - die Älteste studiert bereits, gegen den Willen des Vaters, Philosophie; die beiden Jüngeren stehen kurz vor dem Abitur. Deshalb würde Veronica gern eine Auszeit nehmen: "Ich möchte ein bisschen wie ein Vagabund unterwegs sein, inkognito", erklärt sie. Daran, dass ihr beschäftigter Gatte mitkommen könnte, ist aber wohl kaum zu denken.

Wie es scheint, bekam Silvio Berlusconi nicht einmal das Buchmanuskript zu "Tendenza Veronica" vor der Drucklegung zu Gesicht. Eigentlich hatte er sich als Lektor angeboten, doch Veronica wollte ihn wohl nicht in Versuchung führen. Denn Zensur, das hat sie an anderer Stelle einmal gesagt, sei für sie "schrecklich, hassenswert und inakzeptabel."

© SZ vom 30.6.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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