SZ-Kolumne „Bester Dinge“:Nur noch die nackten Füße waren zu sehen

Lesezeit: 1 Min.

Eine 23-Jährige blieb im australischen Bundesstaat New South Wales stundenlang kopfüber in einer Felsspalte stecken, weil sie ihr Handy herausfischen wollte. Zu sehen im Bild: ihre Füße. (Foto: NSW Ambulance)

Eine Australierin verliert beim Wandern ihr Smartphone und bleibt beim Rückholversuch kopfüber in einem Felsspalt stecken. Stundenlang. Die gute Nachricht: Retter befreien sie. Aber was ist mit dem Handy?

Von Marcel Laskus

Falls an dieser Stelle betrübte Eltern, Großeltern oder der besonders betrübte Manfred Spitzer (Autor von „Cyberkrank!“ und „Digitale Demenz“) mitlesen sollten: Die ersten drei Absätze dieses Textes können Sie prima an Kinder, Enkelinnen und Fans weiterreichen. Am besten ausgeschnitten, um der analogen Ernsthaftigkeit der Sache gerecht zu werden, bloß nicht als Link. Denn wer sich fragt, wie er argumentativ den jüngeren Jahrgängen die Konsequenzen ihrer enormen Handynutzung (Kinder und Jugendliche: 127 Minuten am Tag) verdeutlichen soll, für den folgt nun eine kleine Gruselgeschichte aus der Praxis.

Die 23-jährige Matilda Campbell spazierte, wie der Guardian berichtet, Mitte Oktober durch die sattgrünen Wälder von New South Wales in Australien. Anstatt aber im Sinne Henry David Thoreaus ganz eins zu werden mit Laub und Gestein, hantierte sie offenbar so unbekümmert mit ihrem Handy herum, dass es in einen Felsspalt purzelte. Campbell nahm den Verlust nicht einfach hin, vielleicht weil die Nomophobie da bereits von ihr Besitz ergriffen hatte (die Angst, kein Handy bei sich zu haben).

Also bückte sie sich in Richtung Spalt, bis die Schwerkraft auch an ihr so sehr zog, dass sie ebenfalls festklemmte. Zuerst eilte ihr eine Freundin zu Hilfe, schließlich versuchten professionelle Helfer, sie zu befreien. Die hatten so etwas, wie sie später mitteilten, noch nie erlebt. Kopfüber hing Matilda Campbell im Dunkel, zu sehen waren nur noch ihre nackten Füße. Unter großen Mühen gelang nach sieben Stunden die Rettung der fast unversehrten Frau. Aber – Strafe muss sein – das Handy war verloren.

Damit aber ist sie noch nicht auserzählt, diese an die moralische Schonungslosigkeit Grimm’scher Märchen erinnernde Geschichte. Denn das letzte Wort haben hier nicht die vor Bildschirmsucht warnenden Mahner, sondern zumindest vorläufig Campbell selbst. Wenige Tage nach dem Unfall meldete sie sich, offensichtlich rückfällig geworden, auf dem vornehmlich über Smartphones bedienten sozialen Netzwerk Instagram unter einem Beitrag der Rettungskräfte zu Wort. „So schade um das Handy“, schrieb sie. Dahinter aber platzierte sie ein tränenlachendes Emoji, was man als kaum subtiles Symbol dafür verstehen kann, dass das für sie alles zwar irgendwie ärgerlich ist, aber eben auch eine ziemlich witzige Geschichte.

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