Süddeutsche Zeitung

Buschbrände in Australien:"Hier steht einfach nichts mehr"

Die seit Wochen andauernden Buschbrände richten in Australien enorme Schäden an. Ein Ort wurde nun vollständig zerstört, mindestens acht Menschen sind bislang gestorben.

Steve Harrison hatte sich am Tag vor der Feuer-Katastrophe einen kleinen Unterschlupf in den hinteren Teil seines Gartens im Örtchen Balmoral gebaut. Da der 67-Jährige als Töpfer sein Geld verdient, wusste er, wie er etwas Feuerfestes konstruieren kann, für den Fall der Fälle - der am Samstag eintrat.

Buschfeuer zerstörten den kleinen Ort etwa 120 Kilometer südwestlich von Sydney fast vollständig. Dort lebten etwa 400 Menschen. "Wir haben die tragische Nachricht, dass von dem Dorf Balmoral nicht viel übrig ist", sagte die Premierministerin von New South Wales, Gladys Berejiklian, am Sonntag. "Das ist sehr traurig zu hören."

Steve Harrison hatte nicht nur einen "sarggroßen Unterschlupf" gebaut, wie er dem Fernsehsender abc berichtete. Er hatte mit seiner Ehefrau auch das gemeinsame Haus so gut es ging mit Alufolie umwickelt, um es vor der Hitze zu schützen. Als die dann näher kam, brachte sich Harrisons Frau in Sicherheit und verließ den Ort. Er wollte bleiben, um das Anwesen zu verteidigen. Als er vor dem Feuer kapitulierte, war es zu spät. "Ich bin zu meinem Lieferwagen gelaufen, aber mein Garten brannte, die Auffahrt brannte, die Straße brannte", sagte Harrison. "Also konnte ich nicht weg." Mit einem Eimer Wasser, einer Trinkflasche, einer Feuerlöschdecke und einem Feuerlöscher versteckte er sich in seinem Unterschlupf und überlebte.

Zwei riesige Flächenbrände könnten sich zu einem noch größeren verbinden

Bei dem Versuch, das nahe gelegene Buxton zu retten, waren erst am Donnerstag zwei junge Väter ums Leben gekommen. Balmoral und Buxton wurden vom sogenannten "Green-Wattle-Creek-Feuer" bedroht. Der andere große Brandherd ist das sogenannte "Megafeuer" bei Gospers Mountain im Nordwesten Sydneys, das seit Oktober mehr als 450 000 Hektar Land niedergebrannt hat. Die Anwohner fürchten, dass die beiden Flächenbrände nahe der Metropole zu einem großen Flammenmeer werden.

"Aus den Brandgebieten wurden uns weitreichende Schäden und Zerstörungen gemeldet", sagte Feuerwehrchef Shane Fitzsimmons in Sydney am Sonntag zu Reportern. "Das Ausmaß der Brände auf dem Land ist noch immer ernorm." Seit Oktober haben Hunderte Buschbrände nach Angaben der Behörden bereits mehrere Millionen Hektar Land vernichtet. Acht Menschen sind bisher umgekommen. Mehr als 1000 Häuser wurden zerstört. Australien leidet seit etwa zwei bis drei Jahren unter starker Dürre, die ausgetrocknete Vegetation entzündet sich also besonders leicht.

Das trockene Wetter bereite auch den Feuerwehrleuten große Probleme, sagte Fitzsimmons. "Wir erwarten bis Ende Januar oder Anfang Februar keine größeren Regenfälle, die die Bedingungen in den Brandgebieten verbessern könnten", erklärte der Feuerwehrchef.

Premierminister Morrison gesteht Fehler ein

In der vergangenen Woche hatte Australien nach Angaben des Wetteramts die heißesten Tage seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt, am Mittwoch lag die landesweite Durchschnittstemperatur bei 41,9 Grad, am Donnerstag bei 41 Grad. Mehrere tausend Feuerwehrleute kämpfen weiterhin gegen Dutzende Buschfeuer, die in mittlerweile vier australischen Bundesstaaten außer Kontrolle geraten sind. Rund 10 000 Polizisten, Rettungskräfte, Sanitäter und Feuerwehrleute waren am Samstag allein im bevölkerungsreichsten Bundesstaat New South Wales im Einsatz.

Premierminister Scott Morrison machte derweil Familienurlaub auf Hawaii. Tagelang war er unauffindbar, am Samstag kehrte er dann frühzeitig zurück.

Er wisse, dass sein Urlaub "große Aufregung" ausgelöst habe, sagte Morrison am Sonntag auf einer Pressekonferenz. Im Nachhinein hätte er anders gehandelt. "Ich entschuldige mich bei den Australiern, die ich verärgert habe." Auch beim Thema Klimawandel lenkte der als Skeptiker bekannte Politiker überraschend ein. "Über die Verbindung zwischen dem globalen Klimawandel und den Wetterereignissen weltweit lässt sich nicht streiten", sagte der Premierminister. Er fügte allerdings hinzu, dass er es nicht für glaubwürdig halte, zu einem konkreten einzelnen Feuer eine direkte Verbindung herzustellen.

Steve Harrison hat die vergangenen 43 Jahre auf seinem Grundstück in Balmoral gelebt. Zwei weitere Buschbrände habe er in all den Jahren erlebt - aber dieser sei der schlimmste gewesen. "Das war katastrophal", sagte er abc. "Hier steht einfach nichts mehr."

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