Süddeutsche Zeitung

Attentäter von Oslo und Utøya vor Gericht:Richter weist Breivik in die Schranken

Zum ersten Mal seit seiner Verhaftung tritt der Attentäter Anders Behring Breivik öffentlich auf. Doch das Osloer Gericht lässt ihm keine Chance, den Haftprüfungstermin für seine Zwecke zu missbrauchen - und greift sofort ein, als sich Breivik an die Überlebenden des Massakers wenden will.

Gunnar Herrmann, Oslo

Die Fotografen haben sich umsonst in die lange Schlange vor dem Osloer Gericht gestellt, vergeblich mehr als eine Stunde gewartet. Noch bevor der Attentäter Anders Behring Breivik den Saal betritt, werden sie des Raums verwiesen. Das sogenannte Referatsverbot - nicht darüber zu berichten, was im Gerichtssaal gesprochen wird -, wird der Richter am Ende des Haftprüfungstermins aufheben. Doch es wird kein einziges Bild Breiviks vor Gericht geben. Wie er da sitzt, in dunklem Anzug und heller Krawatte, äußerlich sehr gefasst und ruhig.

Richter Torkjel Nesheim lässt dem Mann, der am 22. Juli ein Massaker auf der Ferieninsel Utøya anrichtete, keine Chance, seine kruden rechtsradikalen Thesen zu verbreiten. Breivik sagt, als er Angaben zu seiner Person machen soll, er sei der "Kommandant einer norwegischen Widerstandsbewegung". Doch als er anhebt, das Gericht und dessen "multikulturelle Ideologie" zu beschimpfen, entzieht ihm der Richter Torkjel Nesheim sofort das Wort. An seiner Missachtung für das Gericht lässt der 32-Jährige keinen Zweifel: Als der Richter den Saal verlässt, ist Breivik der Einzige im Saal, der sitzen bleibt. Allerdings könnte das auch seinen Fußfesseln geschuldet sein.

Eigentlich ist der Termin vor dem Osloer Gericht nur eine Formsache. Denn es besteht kein Zweifel, dass Breivik in Untersuchungshaft bleibt. Doch die Justiz soll hier zudem darüber befinden, wie der Mann, der für das schlimmste Verbrechen in der jüngsten Geschichte des Landes verantwortlich ist, seine Tage in Haft zubringen soll. Soll er Besuch erhalten und Briefe schreiben dürfen? Bekommt er Zugang zu den Medien?

Nach etwa einer Stunde Beraung verkündet das Gericht seine Entscheidung: Breiviks Untersuchungshaft wird um zwölf Wochen verlängert. Während der ersten acht Wochen werden Besuche und Korrespondenz stark eingeschränkt, vier Wochen lang bleibt dem Rechtsextremisten der Zugang zu Medien verwehrt, entscheidet Richter Torkjel Nesheim am Montag.

Der Andrang ist groß am Montagmorgen in Oslo, allein 200 Journalisten aus der ganzen Welt sind zum Gerichtsgebäude gekommen. Letztlich finden etwa 80 von ihnen Platz im Gerichtssaal. Auch 20 Überlebende des Massakers von Utøya sind anwesend. Sie verfolgen das Geschehen sehr gefasst. Es fällt kein einziger Zwischenruf. Es sei wichtig für sie, Breivik noch einmal zu sehen - umgeben von Sicherheitskräften, zu sehen, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgehe, sagen sie.

Als der Richter das Zitierverbot aufhebt, tritt Breivik ans Mikrofon, will sich gut hörbar von den versammelten Journalisten noch ein letztes Mal zu Wort melden - und an die Angehörigen richten. Doch soweit kommt es nicht: "Das ist Ihnen nicht gestattet", weist Richter Resheim Breivik scharf zurecht.

Der Strafprozess gegen den Islamhasser soll im kommenden April beginnen. Breivik hatte am 22. Juli bei einem Massaker auf der Insel Utøya 69 Teilnehmer eines sozialdemokratischen Jugendlagers getötet. Kurz zuvor kamen durch eine von ihm im Osloer Regierungsviertel platzierte Autobombe acht Menschen ums Leben.

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