Süddeutsche Zeitung

Anschlag in Münster:Was wir wissen - und was nicht

Der Mann, der einen Kleinlaster in eine Menschenmenge lenkte, war deutscher Staatsbürger und nach Informationen von SZ, NDR und WDR psychisch auffällig. Das Motiv des Mannes ist unklar.

Ein sonniger Tag in der nordrhein-westfälischen Studentenstadt Münster endet in Schrecken: Ein Auto rast in eine Menschenmenge; es gibt Tote und Verletzte.

Was wir wissen

Die Tat: Am Samstagnachmittag ist ein Kleinlaster in eine Menschenmenge in der Innenstadt von Münster gefahren. Der Wagen erfasste Menschen, die sich in der Nähe des Kiepenkerls aufhielten; rund um das Denkmal unweit des Doms liegen mehrere Gasthäuser. Der Fahrer erschoss sich nach Polizeiangaben in seinem Wagen. Die Polizei riegelte das Stadtzentrum großräumig ab; noch am Abend forderten die Einsatzkräfte dazu auf, die Innenstadt zu meiden.

Die Opfer: Zwei Menschen wurden nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft bei dem Auto-Angriff getötet: eine 51-jährige Frau aus dem Kreis Lüneburg und ein 65-jähriger Mann aus dem Kreis Borken. Mehr als 20 Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt, sechs von ihnen schwer.

Der Täter: Der Angreifer tötete sich unmittelbar im Anschluss an die Tat mit einer Schusswaffe selbst, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Demnach handelt es sich bei ihm vermutlich um einen 48-Jährigen aus Münster. Dem nordrhein-westfälischen Innenministerium zufolge soll er deutscher Staatsbürger gewesen sein. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR wurde der mutmaßliche Täter, Jens R., 1969 geboren und soll in den Jahren 2014 und 2016 psychisch auffällig gewesen sein. Dem Spiegel zufolge soll er bereits einen Suizidversuch unternommen haben. Er soll als Designer gearbeitet haben.

Laut Staatsanwaltschaft liefen gegen den Mann in den Jahren 2015 und 2016 mehrere Verfahren unter anderem wegen Bedrohung, Sachbeschädigung und Betrugs. Diese seien aber alle eingestellt worden. Der Täter verfügte nach Polizeierkenntnissen über vier Wohnungen - zwei in Münster und zwei in Ostdeutschland - sowie über mehrere Fahrzeuge.

Weitere Waffen: Noch am Samstag durchsuchte die Polizei sowohl das Tatfahrzeug als auch die Wohnung des Täters. Im Campingbus fanden die Beamten neben der bereits sichergestellten Waffe, die der Täter gegen sich selbst gerichtet hatte, noch eine Schreckschuss-Waffe und etwa ein Dutzend sogenannter Polenböller. Mehrere verdächtig aussehende Drähte, die die Polizisten am Fahrzeug entdeckten, stellten offenbar keine Gefährdung dar. In der Wohnung des Angreifers fanden die Beamten weitere Polenböller sowie eine sogenannte Dekowaffe, eine unbrauchbar gemachte Maschinenpistole.

Was wir nicht wissen

Das Motiv: Die Polizei sieht keinen terroristischen Hintergrund der Tat. Es gebe weder Hinweise auf einen islamistischen noch auf einen anderen politischen Hintergrund, teilte Münsters Polizeipräsident Hajo Kuhlisch mit. Zuvor hatte es Berichte über angebliche Kontakte des Täters in die rechtsextreme Szene gegeben. Die Polizei geht davon aus, "dass die Motive und Ursachen in dem Täter selber liegen". Die Ermittlungen werden Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt zufolge in alle Richtungen geführt.

Anmerkung der Redaktion:

In der Regel berichtet die SZ nicht über ethnische, religiöse oder nationale Zugehörigkeiten mutmaßlicher Straftäter. Wir weichen nur bei begründetem öffentlichen Interesse von dieser im Pressekodex vereinbarten Linie ab. Das kann bei außergewöhnlichen Straftaten wie Terroranschlägen oder Kapitalverbrechen der Fall sein oder bei Straftaten, die aus einer größeren Gruppe heraus begangen werden (wie Silvester 2015 in Köln). Ein öffentliches Interesse besteht auch bei Fahndungsaufrufen oder wenn die Biographie einer verdächtigen Person für die Straftat von Bedeutung ist. Wir entscheiden das im Einzelfall und sind grundsätzlich zurückhaltend, um keine Vorurteile gegenüber Minderheiten zu schüren.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3935578
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/beu/leja
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.