Anschlag auf Marathonlauf 2013:Boston-Attentäter zum Tode verurteilt

Jury selection to begin in trial of Boston Marathon bomber suspec

Zeichnung von Dschochar Zarnajew im Gerichtsaal.

(Foto: dpa)
  • Ein amerikanisches Bundesgericht hat den Boston-Attentäter Dschochar Zarnajew (Dzhokhar Tsarnaev) zum Tode verurteilt.
  • Urteil und Strafmaß gegen Zarnajew sind noch nicht rechtskräftig: Er hat jetzt die Möglichkeit, Berufung einzulegen.
  • Die Jury in Boston war nicht mehrheitlich überzeugt von der Version der Verteidigung, wonach Dschochars großer Bruder Tamerlan der Kopf hinter dem Attentat war.

Von Nicolas Richter, Washington

Gut zwei Jahre nach dem tödlichen Anschlag auf den Bostoner Marathon hat ein amerikanisches Bundesgericht den 21 Jahre alten Angeklagten Dschochar Zarnajew zum Tode verurteilt. Die Geschworenen hatten sich nach mehr als 14-stündigen Beratungen auf das Strafmaß geeinigt. Die gleiche Jury aus sieben Frauen und fünf Männern hatte Zarnajew im vergangenen Monat in allen 30 Anklagepunkten schuldig gesprochen, auf 17 davon stand die Todesstrafe.

Bei den Anschlägen mit zwei aus Dampfkochtöpfen gebauten Bomben am Straßenrand sind am 15. April 2013 drei Menschen gestorben und mehr als 200 verletzt worden, viele wurden verstümmelt. Es war der schwerste Terrorakt auf amerikanischen Boden seit dem 11. September 2001.

Zarnajew hat die Möglichkeit, Berufung einzulegen

Es ist das erste Mal seit 1997, dass ein US-Bundesgericht für die Hinrichtung eines mutmaßlichen Terroristen gestimmt hat. Das damalige Urteil galt Timothy McVeigh, der einen Anschlag auf einen Behördenkomplex in Oklahoma City begangen hatte. Er starb im Jahr 2001, hingerichtet mit einer Giftspritze. Im Jahr 2011 starb zwar Al-Qaida-Chef Osama bin Laden an den Schüssen einer US-Sondereinheit. Dies geschah allerdings schon beim Aufspüren bin Ladens in Pakistan, zu einem Strafprozess kam es nicht mehr.

Urteil und Strafmaß gegen Zarnajew sind noch nicht rechtskräftig: Er hat jetzt die Möglichkeit, Berufung einzulegen. Seine Verteidiger dürften dann abermals das Argument aufbringen, dass ein ergebnisoffener Prozess in Boston nicht möglich gewesen sei, weil die Anschläge die Bewohner der ganzen Stadt traumatisiert hätten. Der mutmaßliche Täter sei deswegen vorverurteilt gewesen. Ähnliche Argumente hatten auch die Verteidiger im Fall McVeigh genannt. Da das Berufungsverfahren lange dauern kann, steht die Vollstreckung des Todesurteils, wenn überhaupt, erst in mehreren Jahren bevor.

Eigentlich ist die Todesstrafe in Massachusetts abgeschafft. Bei Terror gelten Ausnahmen

Die Jury in Boston war nicht mehrheitlich überzeugt von der Version der Verteidigung, wonach Dschochars großer Bruder Tamerlan sich zuerst islamistisch radikalisiert und anschließend seinen kleinen Bruder beeinflusst habe. Außerdem warf sie dem Angeklagten vor, dass er keine Reue gezeigt habe. Als mildernde Umstände erkannten einige der Geschworenen an, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat erst 19 Jahre alt war und zuvor nie Straftaten begangen hatte. Außerdem befand es die Jury für unwahrscheinlich, dass Zarnajew in Haft zu neuen Straftaten anstiften würde.

Der mutmaßliche Komplize Zarnajews, Tamerlan, stand nicht vor Gericht. Er war bereits wenige Tage nach den Anschlägen bei einem Schusswechsel auf der Flucht gestorben, nachdem er und sein kleiner Bruder einen Sicherheitsbeamten erschossen hatten.

In der liberalen Stadt Boston ist die Todesstrafe allgemein hoch umstritten. Der Staat Massachusetts hat sie schon vor vielen Jahren abgeschafft und sie noch länger nicht mehr vollstreckt. In Terrorfällen allerdings greift nicht das örtliche, sondern Bundesrecht.

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