Anschlag auf Boston-Marathon:Ermittler verhören Tatverdächtigen

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Der mutmaßliche Attentäter liegt in Boston in der gleichen Klinik wie viele der Opfer des Anschlags, dem Beth Israel Deaconess Medical Center. (Foto: AFP)

Der mutmaßliche Attentäter des Boston-Marathons ist nach Informationen mehrerer US-Medien wieder bei Bewusstsein. Der Schwerverletzte soll sporadisch auf die Ermittler reagieren. Die vermuten, dass Zarnajew und sein Bruder womöglich weitere Anschläge planten - und konzentrieren sich im Verhör auf zwei Fragen.

Der überlebende mutmaßliche Bombenattentäter des Boston-Marathons ist nach Medienberichten am Sonntagabend (Ortszeit) im Krankenhaus aufgewacht. Dschochar Zarnajew (Dzhokhar Tsarnaev) antworte von seinem Krankenbett aus schriftlich auf Fragen der Ermittler, berichtete unter anderem die USA Today in ihrer Internetausgabe. Sie bezog sich auf anonyme Aussagen eines Fahnders.

Zu einer Anklage durch einen Bundesrichter kommt es nach den Medienberichten frühestens an diesem Montag. Zarnajew wird im Beth Israel Deaconess Medical Center von Boston im US-Bundesstaat Massachusetts unter anderem wegen einer schweren Schusswunde am Hals behandelt und kann nicht sprechen. Der 19-Jährige werde beatmet und stehe unter Beruhigungsmitteln.

Da er sich in einem derart kritischen Zustand befinde, werde der Richter oder ein Vertreter ihn an seinem Krankenbett über die Anklagepunkte informieren, hieß es. Die Anklageverlesung werde dann später erfolgen. Zuvor hatte es geheißen, es könne noch Tage dauern, bis er vernehmungsfähig sei.

Der TV-Sender ABC News meldete, die Ermittler konzentrierten sich bei ihrem ersten Verhör auf die Frage, ob es noch weitere Komplizen oder versteckte Sprengsätze gebe. Fahnder der Bundespolizei FBI mutmaßten, dass der Zarnajew sich die Schusswunde am Hals selbst zugefügt haben könnte, um sich vor seiner Ergreifung durch die Polizei am Freitag das Leben zu nehmen.

Streit um Rechte des Verdächtigen

Der Verdächtige muss mit der Todesstrafe rechnen. Massachusetts hat sie zwar abgeschafft, die USA als Staat aber nicht. Der TV-Sender CNN zitierte einen Beamten aus dem Justizministerium mit den Worten, Zarnajew müsse sich wohl nach Bundesrecht wegen Terrorismus verantworten und nach Bundesstaatenrecht wegen Mordes.

Streitpunkt war auch, ob Zarnajew bei seiner ersten Anhörung ein Recht zu schweigen oder auf einen Anwalt hatte. Das Justizministerium hatte vorläufig entschieden, ihn ohne diese sogenannten Miranda-Rechte zu vernehmen. Eine Ausnahmeregelung macht dies möglich, wenn unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung besteht und der Festgenommene als "feindlicher Kämpfer" identifiziert ist.

Die zwei mutmaßlichen Bombenattentäter des Boston-Marathons planten nach Auffassung der Ermittler womöglich noch weitere Anschläge. Wie der Bostoner Polizeichef Ed Davis am Sonntag dem TV-Sender CBS sagte, hätten die Beamten im Rahmen ihrer Verfolgung der Brüder Tamerlan und Dschochar Zarnajew ein ganzes Arsenal hausgemachter Bomben und Materialien sichergestellt.

Bei dem Anschlag am vergangenen Montag waren drei Menschen getötet worden, einer davon ein achtjähriger Junge. Rund 180 Läufer und Zuschauer wurden verletzt. Genau eine Woche nach dem Anschlag waren die Bewohner von Boston an diesem Montag aufgerufen, der Opfer zu gedenken. Bostons Bürgermeister Thomas Menino und Gouverneur Deval Patrick riefen zu einer Schweigeminute um 20:50 Uhr (MESZ), dem Zeitpunkt der Explosionen, auf. Anschließend sollen in ganz Massachusetts die Kirchenglocken läuten.

© AFP/dpa/Reuters/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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