Süddeutsche Zeitung

Anhörung in Pennsylvania:Bill Cosby wird der Prozess gemacht

  • Bill Cosby wird sich wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs einer Frau im Jahr 2004 vor einem Strafgericht verantworten müssen.
  • Die Staatsanwaltschaft hatte den Fall neu aufgerollt, nachdem ähnliche Vorwürfe bekannt geworden waren.

Mehr als 50 Frauen werfen Bill Cosby sexuellen Missbrauch vor, Dutzende Zivilverfahren in teils Jahrezehnte zurückliegenden Fällen wurden gegen den Entertainer angestrengt. Im bislang einzigen Strafverfahren kommt es nun zum Prozess, wie ein Gericht in Norristown im US-Bundesstaat Pennsylvania entschieden hat. Demnach reichen die Beweise der Staatsanwaltschaft für einen Prozess gegen den 78-Jährigen wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung aus. Ihm wird vorgeworfen, die frühere Universitätsmitarbeiterin Andrea C. im Jahr 2004 mit Medikamenten gefügig gemacht und dann missbraucht zu haben. Cosby beteuert dagegen, es habe sich um einvernehmlichen Sex gehandelt. Ihm drohen zehn Jahre Haft.

Cosby erschien persönlich zu der vorbereitenden Anhörung, schwieg aber weitestgehend. Das mutmaßliche Opfer musste nicht selbst aussagen und blieb der Anhörung fern. Die Frau hatte Cosby bereits nach dem angeblichen Vorfall 2004 in seinem Anwesen in Pennsylvania angezeigt. Der Fall wurde 2006 beigelegt, als Cosby eine nicht genannte Geldsumme zahlte. Als andere Frauen ähnliche Nötigungsvorwürfe gegen den Komiker erhoben, griff die Staatsanwaltschaft den Fall wieder auf.

Die Vorwürfe des mutmaßlichen Opfers

Bei der Anhörung wurde ein Polizeibericht verlesen, in dem das mutmaßliche Opfer Cosby vorwirft, ihr drei blaue Pillen gegeben und sich anschließend an ihr vergangen zu haben. Die Medikamente hätten bei ihr Schwindel, verschwommenes Sehen und Übelkeit verursacht, erklärte C. dem Polizeibericht zufolge. Ihre Beine seien "wie Wackelpudding" gewesen. "Ich sagte ihm "ich kann nicht einmal sprechen, Herr Cosby". Ich fing an, in Panik zu geraten", sagte die frühere Angestellte der Temple University 2005 der Polizei.

In einer verlesenen Erklärung von Andrea C. hieß es, Cosby sei mit seinen Fingern in sie eingedrungen, als sie kurz nach der Verabreichung der Pillen immer wieder das Bewusstsein verloren habe. Cosby habe ihr gesagt, dass es sich bei den Tabletten um pflanzliche Medikamente handele. Er habe sie auch dazu gedrängt, Wein zu trinken.

Cosbys Dementi

Cosby hatte im Rahmen der ersten Ermittlungen gegenüber der Polizei erklärt, C. habe niemals "nein" gesagt, als er seine Hand in ihre Hose gesteckt habe. Bei den Pillen habe es sich um ein nicht verschreibungspflichtiges Mittel gehandelt. Er habe C. eineinhalb Tabletten gegeben und sie habe nicht gefragt, um was es sich handele.

Der Komiker sagte damals auch aus, er habe Affären gehabt und versucht, sie durch Geldzahlungen an seine Geliebten vor seiner Frau zu verheimlichen. Er schilderte auch, Frauen Beruhigungsmittel gegeben zu haben.

Bei der jüngsten Anhörung stellte Cosbys Anwalt die Frage in den Raum, weshalb C. den Komiker nach dem angeblichen Übergriff weiterhin getroffen habe und sogar zu dem Haus zurückgekehrt sei. Nach Darstellung der Ermittler sagte C. 2005, sie habe Cosby zur Rede stellen wollen. Die Frau habe Kriminalbeamten auch erzählt, dass sie Cosby später noch einmal kontaktiert habe, weil sie Karten zu einer seiner Comedy-Shows haben wollte. C. habe ein Geschenk für Cosby mitgebracht.

Cosby war am 30. Dezember 2015 festgenommen worden und kam gegen eine Kaution von einer Million Dollar auf freien Fuß. Seine Anwälte fordern die Einstellung des Verfahrens, da ein Staatsanwalt vor zehn Jahren das verbindliche Versprechen gegeben habe, dass der Komiker niemals angeklagt werde.

Vergeblich: die Anklage wird am 20. Juli verlesen, entschied nun die Richterin.

Ganz zum Schluss der Anhörung äußerte sich Cosby doch noch kurz. "Danke", sagte der Schauspieler mit fester Stimme zu der Richterin, die ihm gerade "viel Glück" gewünscht hatte.

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