Die rechte Hand ist erhoben, der Daumen drückt den kleinen Finger in Richtung Handfläche, die anderen Finger zeigen gerade nach oben - das ist zunächst nur ein normaler Gruß aus der "Tribute von Panem"-Trilogie. Im Lauf der Filme, in denen sich Heldin Katniss Everdeen, gespielt von Jennifer Lawrence, gegen ein unwürdiges Unterdrückerregime zur Wehr setzt, entwickelt sich die Geste dann jedoch zum Symbol des Widerstands.
Die Menschen in den unterdrückten Gebieten des Panem-Reichs strecken drei Finger in die Luft, um Katniss ihre Gefolgschaft auszudrücken, um ihre Ablehnung gegenüber der herrschenden Klasse kundzutun und manchmal werden Menschen erschossen, wenn sie die Hand zur Geste heben.
"Die Tribute von Panem - Mockingjay" im Kino:Verfehltes Idyll vorm Galgenbaum
Mit dem dritten Teil wechselt die "Tribute von Panem"-Reihe stillschweigend das Genre. "Mockingjay - Part I" zieht in einen brutalen Krieg. Ein Film über Politik und das faschistische Potenzial von Überzeugungstätern.
Erschossen werden die Menschen in Thailand deshalb zwar nicht, aber seit dem Militärputsch in diesem Jahr ist der Gruß des Widerstands dort verboten. Wer ihn zeigt, kann verhaftet werden, so geschehen vergangene Woche in der nordöstlichen Provinz Isaan. Der frühere Armeechef und jetzige Regierungschef Prayuth Chan-ocha sprach dort zum Volk. Zu der Veranstaltung kamen auch fünf Studenten, auf deren T-Shirts der Satz "Wir wollen den Putsch nicht" stand - und die den Gruß aus der Fantasy-Filmreihe zeigten. Sicherheitskräfte nahmen die jungen Leute in Gewahrsam.
Die Studenten wurden kurze Zeit später wieder freigelassen. Doch jetzt machen Nachrichten die Runde, ein Kino in der Hauptstadt Bangkok habe die Vorführung des aktuellen Films "Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1" abgesagt. Eine Gruppe pro-demokratischer Aktivisten hatte Medienberichten zufolge 200 Karten für den Filmstart an diesem Donnerstag reserviert und kostenlos verteilt. Die jungen Leute planten eine Protestaktion vor dem Kino. Die Polizei sei jedoch eingeschritten. Jetzt seien Vorführungen in mehreren Kinos abgesagt worden, heißt es.
Thailand steht seit Mai unter Ausnahmerecht. Damals hatte sich das Militär nach monatelangen Straßenprotesten gegen die damalige Regierungschefin Yingluck Shinawatra an die Macht geputscht. Juntachef Prayuth Chan-ocha ließ sich im August von einer sorgsam zusammengestellten Versammlung zum Regierungschef wählen. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International kritisieren seither die Einschränkung demokratischer Grundrechte, vor allem der Pressefreiheit.
Kampf gegen ein autoritäres Regime
Die thailändische Militärregierung ist nicht die einzige im asiatischen Raum, die mit dem dritten Teil der Panem-Trilogie Probleme zu haben scheint. Wie unter anderem die Washington Post berichtet, wurde der Filmstart in China auf unbestimmte Zeit verschoben. Der konkrete Grund ist unklar - es kann ein filmwirtschaftlicher sein, aber auch ein politischer. Ausländische Kinofilme werden dort häufiger zensiert, ein bekanntes Beispiel ist der James-Bond-Streifen "Skyfall", der in der chinesischen Version deutliche Lücken aufwies.
Ähnlich könnte es auch die "Hunger Games" treffen. Schließlich agieren Filmheldin Katniss Everdeen und ihre Verbündeten gegen ein autoritäres Regime, das die armen Randbezirke unterdrückt. Während die junge Frau in den ersten beiden Teilen in einem perfiden, von der Obrigkeit erdachten Spiel ums Überleben kämpft, bricht sich im dritten Kapitel der Trilogie offener Widerstand gegen die autoritäre Herrschaft Bahn.
Manche könnten Angst haben, dass drei in die Luft gereckte Finger nicht das einzige bleiben, was Menschen aus dem Film in die Realität übernehmen.