Anschlag auf Sikh-Tempel in Wisconsin:FBI ermittelt wegen Inlandsterrorismus

Nach dem Überfall auf einen Sikh-Tempel im US-Bundesstaat Wisconsin ermittelt die Bundespolizei FBI wegen Inlandsterrorismus. Sieben Menschen wurden getötet. Unter ihnen soll auch der Schütze selbst sein, der von einem Polizisten erschossen worden sein soll.

Nach dem tödlichen Angriff auf einen Sikh-Tempel in Oak Creek im US-Bundesstaat Wisconsin versucht die Bundespolizei FBI, die Tat einzuordnen: Die örtlichen Ermittler und die Bundespolizei FBI behandelten die Tat vorerst als "Inlandsterrorismus", sagte der örtliche Polizeichef John Edwards. Demnach geht die Polizei offenbar zumindest derzeit von der Annahme aus, dass der Anschlag gezielt der Sikh-Gemeinde galt. Das genaue Motiv des Täters sei weiterhin unklar.

Die Polizei hat auch einige Häuser evakuiert. Dabei wurden vier Blocks in dem Ort Cudahy abgesperrt. Er liegt nur wenige Kilometer von dem Sikh-Tempel entfernt. Bei der Evakuierung war nach Angaben einer Polizeisprecherin auch ein Bombenentschärfungskommando vor Ort. Warum dieses gerufen wurde, sagte das FBI nicht.

Der Schusswechsel im Sikh-Tempel ereignete sich am Sonntag um 10:30 Uhr Ortszeit in der Stadt Oak Creek. Mindestens sechs Menschen starben. Nach Angaben der Polizei befand sich unter den Toten auch der mutmaßliche Schütze. Den Behörden zufolge sei er noch nicht identifiziert worden.

Nach Angaben der Polizei schoss der Mann auf den ersten Polizisten, der am Tatort eintraf. Der Beamte wurde mehrmals getroffen. Dann habe der Täter auf einen zweiten Polizisten geschossen, der das Feuer erwidert und ihn tödlich getroffen habe, sagte John Edwards von der örtlichen Polizei. Er korrigierte damit frühere Angaben, der mehrfach angeschossene Beamte habe den Täter erschossen. Mehrere Polizeieinheiten sowie Einheiten der Bundespolizei FBI waren am Tatort im Einsatz.

Drei weitere Menschen wurden mit schwersten Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht, bestätigte ein Krankenhaussprecher dem Sender CNN. Zwei der Verletzten seien im Gesicht getroffen worden, alle drei befänden sich in kritischem Zustand.

Der Polizei zufolge führte wahrscheinlich ein einzelner Täter den Angriff aus. Zunächst war befürchtet worden, Komplizen hätten sich mit Geiseln in dem Tempel in Oak Creek verschanzt.

"Das kommt nicht aus unseren Reihen"

Ein Angehöriger der Glaubensgemeinschaft wurde von der Zeitung Milwaukee Journal Sentinel mit den Worten zitiert, ein etwa 30-jähriger Weißer habe den Angriff verübt. Er habe sich einem Priester vor dem Tempel genähert, als sich dort die Gläubigen für einen Gottesdienst versammelten. Dann habe er auf den Priester geschossen. Ein Mitglied der Tempelleitung sagte der Zeitung, es müsse sich um ein rassistisch motiviertes Verbrechen handeln: "Das kommt nicht aus unseren Reihen."

Die Polizei sprach von einer chaotischen Lage. Sie sei zu dem Tempel gerufen worden, nachdem dort Schüsse gefallen seien. Ein Mann, dessen Schwager in dem Tempel war, sagte, er habe versucht, ihn per Handy zu erreichen. Ein Priester habe den Anruf entgegengenommen und gesagt, sein Schwager und drei Priester seien niedergeschossen worden. Frauen und Kinder versteckten sich.

Lokalsendern zufolge hielten sich zum Zeitpunkt der Bluttat möglicherweise bis zu 100 Menschen in dem Gebäude auf. In weiteren Berichten hieß es, die Schüsse seien während Vorbereitungen auf ein gemeinsames Mittagessen der Gläubigen gefallen.

US-Präsident Barack Obama bekundete nach der Schießerei "tiefe Trauer" und Anteilnahme. In einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung bot er zugleich Hilfe der Bundesbehörden bei der Aufklärung der Bluttat an und würdigte die Rolle der Sikhs im amerikanischen Leben. Sie seien eine Bereicherung für das Land und "ein Teil unserer erweiterten amerikanischen Familie", erklärte Obama.

Die örtliche Sikh-Gemeinde wurde 1999 gegründet. Die im 15. Jahrhundert im nordindischen Punjab entstandene Religionsgemeinschaft hat auch in den USA, Kanada und in Großbritannien zahlreiche Anhänger. Die Sikhs tragen traditionell Turban und Bart. In den USA werden sie vielfach für Muslime gehalten und waren deshalb besonders nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 Anfeindungen ausgesetzt.

Die jetzige Schießerei passierte nur etwa zwei Wochen nach dem Massaker in einem Kino in Colorado. Dort hatte ein Amokläufer bei einer "Batman"-Premiere zwölf Menschen erschossen und knapp 60 verletzt. Darauf entbrannte auch wieder eine Debatte über die freizügigen Waffengesetze in den USA. Der Angeklagte James Holmes muss sich wegen Massenmordes vor Gericht verantworten. Ihm droht die Todesstrafe.

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