Süddeutsche Zeitung

Amtseinführung von Papst Franziskus:In aller Bescheidenheit

Worum es diesem neuen Papst geht, hat er in den vergangenen Tagen immer wieder deutlich gemacht: Bescheidenheit und Volksnähe statt Prunk und Macht. Bei der feierlichen Amtseinführung jubeln ihm Hunderttausende zu.

Von Lena Jakat

Petrus ist seinem Nachfolger gnädig an diesem Josefstag in Rom: Über Franziskus strahlt ein blau-weißer Frühlingshimmel, als er in einem weißen Jeep über den Petersplatz fährt. Seit dem Morgengrauen sind die Gläubigen herbeigeströmt, bis zu 200.000 sollen es nach Angaben des Vatikans sein. Kinder werden dem Papst entgegen gereckt. Spontan steigt der Pontifex von seinem Papamobil, um einem Behinderten die Hand aufzulegen. Das Meer aus Menschen mit Flaggen aus aller Herren Länder jubelt. So beginnt der Festakt zur offiziellen Amtseinführung des katholischen Oberhirten.

"Ich glaube, ihm sind die Herzen gleich zugeflogen in den ersten Minuten, das war so überzeugend", sagt Kathrin Schönauer aus München. "Total schön, beeindruckend, ihn einfach mal aus der Nähe zu erleben. Und wie er auf die Leute zugeht, das ist menschlich", sagt Christina Schwarz aus Regensburg, die sich am Vorabend auf den Weg nach Rom gemacht hat und direkt nach der Messe wieder zurückfährt.

Es ist, als hätten die Gläubigen nur auf diesen Papst gewartet. Auf ihn, diesen Franziskus aus Buenos Aires, der immer wieder das Protokoll zugunsten spontaner Gespräche, Händedrücke und Begegnungen sprengt. Der in den ersten Tagen das Leitthema Bescheidenheit in Großbuchstaben über sein Pontifikat geschrieben hat. Und auch sein großer Festakt folgt diesem Motiv.

Schon Franziskus' Vorgänger hatte die Tiara, die hohe Papstkrone, aus dem Wappen und damit endgültig aus dem höchsten Kirchenamt verbannt. Doch Benedikt XVI. feierte seinen Antrittsgottesdienst in einem prunkvollen goldenen Messgewand, mit goldener Mitra und den auffälligen roten Schuhen. Als Franziskus an diesem Morgen auf der Gebetsbank am Grab seine Vorgängers Petrus niederkniet, unterscheidet den mächtigsten Mann in der katholischen Kirche auf den ersten Blick kaum etwas von einem gewöhnlichen Geistlichen. Nur ein schmaler goldener Streifen ziert Messgewand und Mitra, Franziskus trägt gewöhnliche schwarze Schuhe anstelle der roten Slipper des Papstes.

Wie prunkvoll ausstaffiert wirken dagegen die zehn Oberhäupter der Ostkirchen. Auch im Vergleich zu den Kardinälen, denen Franziskus anschließend unter der Kuppel des Petersdoms hindurch nach draußen auf den vollen Platz folgt, wirkt sein Auftreten äußerst bescheiden. In der feierlichen Zeremonie setzt sich diese Demutsbekundung fort. Sicht- und hörbar. Da sind zum Beispiel die Amtsinsignien: Der Fischerring wurde auf Franziskus' ausdrücklichen Wunsch aus vergoldetem Silber, nicht aus Gold gefertigt. Das Pallium, eine Art Kragen aus Lammwolle, hat er von seinem Vorgänger Benedikt übernommen.

Auch seine Predigt, die Radio Vatikan im Wortlaut (hier in deutscher Sprache) zur Verfügung gestellt hat, dreht sich um die Thematik des demütigen Dieners. Der 19. März ist der Ehrentag des heiligen Josef und so beginnt auch Franziskus seine Ausführungen bei dem Ziehvater Jesu. Er spricht davon, wie Josef seine Aufgabe als Ziehvater des Gottessohns treu versehen und sich dabei stets im Hintergrund gehalten habe. Von dort schlägt der Pontifex den Bogen zum Respekt vor der Schöpfung und der Barmherzigkeit:

"Die Berufung zum Hüten", sagt er, "geht jedoch nicht nur uns Christen an; sie hat eine Dimension, die vorausgeht und die einfach menschlich ist, die alle betrifft. Sie besteht darin, die gesamte Schöpfung, die Schönheit der Schöpfung zu bewahren, wie uns im Buch Genesis gesagt wird und wie es uns der heilige Franziskus von Assisi gezeigt hat: Sie besteht darin, Achtung zu haben vor jedem Geschöpf Gottes und vor der Umwelt, in der wir leben. Die Menschen zu hüten, sich um alle zu kümmern, um jeden Einzelnen, mit Liebe, besonders um die Kinder, die alten Menschen, um die, welche schwächer sind und oft in unserem Herzen an den Rand gedrängt werden."

Die "wahre Macht" sagt Franziskus, sei der Dienst an den Gläubigen. Es sind einfache Worte, die der Papst an die Würdenträger und Pilger aus der ganzen Welt richtet. Worte, die zugänglicher sind als es die theologisch anspruchsvollen Ansprachen seines Vorgängers, den sie auch "il professore" nannten. Bundeskanzlerin Merkel wird nach dem Ende des Gottesdienstes sagen, mit den verständlichen Worten habe sich der Papst "direkt an die Menschen" gewandt. "Es war sehr bewegend, wie auch schon die ersten Amtstage sehr bewegend waren." Noch während der Messe verleiht der Wiener Kardinal Christoph Schönborn per Twitter seiner Begeisterung Ausdruck:

Nach knapp zwei Stunden Gottesdienst ist Franziskus offiziell zum obersten Menschenfischer der Katholiken gemacht und in sein Amt eingeführt worden, die Messe ist zu Ende. Bevor er ins Innere der Basilika zurückkehrt, verharrt der Mann, der vor einer Woche noch Kardinal Jorge Mario Bergoglio war, einen Augenblick bei der Marienstatue. Fast ist es, als wolle er noch einmal Luft holen - für den Gratulationsmarathon, der nun folgt. Und für den verantwortungsschweren Alltag als Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken, der nun begonnen hat.

Mit Material von dpa und AFP.

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