Amstetten: Eine Stadt sucht tiefere Einblicke:Das schrille Echo des Schweigens

Josef Fritzl konnte 24 Jahre lang seine Verbrechen verbergen. Nun fragt jeder umso lauter, warum Auffälliges niemandem aufgefallen ist.

Holger Gertz

Amstetten, im Mai. Über dem Eingang der Pfarrkirche St. Stephan in Amstetten flattern bunte Bänder aus Krepp-Papier, wie man sie auch zum Schmücken von Maibäumen verwendet. Der 1. Mai ist in diesem Jahr ein zweifacher Feiertag, Tag der Arbeit und Christi Himmelfahrt. Aus weltlichem und kirchlichem Anlass zugleich sind alle Geschäfte geschlossen, es ist, als wollte der Kalender den Menschen in Amstetten eine doppelte Portion Ruhe gönnen, aber sie finden die Ruhe nicht.

Amstetten: Eine Stadt sucht tiefere Einblicke: "Die Opfer haben ein Recht auf Privatsphäre": Eine österreichische Zeitung hängt am Eingang der Klinik, wo die Familie Josef Fritzls behandelt wird.

"Die Opfer haben ein Recht auf Privatsphäre": Eine österreichische Zeitung hängt am Eingang der Klinik, wo die Familie Josef Fritzls behandelt wird.

(Foto: Foto: AP)

Morgens um acht stehen Kamerateams vor dem Kirchenportal, und an der Straße kriegt man die druckfrische Ausgabe der Zeitungen. In Österreich hängen sie die Zeitungen einfach an die Stangen von Verkehrschildern, mit einer Vorrichtung für den Münzeinwurf. Josef Fritzl ist auf dem Titel, eines der Bilder aus seinem Thailand-Urlaub. Sturmfrisur, getrimmter Schnäuzer, kurze Hose. Die Zeitung schaukelt leicht im Wind. Die Glocken von St. Stephan läuten die Frühmesse ein.

Peter Bösendorfer hält die Messe ab, 40 Jahre alt, ein kompakter Mann mit kurzem Bart, seit gut zwei Jahren Pfarrer in Amstetten-St. Stephan, vorher acht Jahre Kaplan in der Kirche, die zuständig ist auch für die Bewohner des Hauses in der Ybbsstraße, in dessen Keller Josef Fritzl seine Tochter 24 Jahre lang gefangengehalten und siebenmal geschwängert hat. Familie Fritzl war nicht oft in der Kirche, aber die drei Kinder, die Fritzl zu sich und seiner Frau in die Wohnung geholt hatte, sind hier getauft worden.

Die Gemeinde klappt die Gesangbücher auf, Gotteslob 259. "Erfreue dich Himmel, erfreue dich Erde, erfreue sich alles, was fröhlich kann werden." Die meisten kennen den Text auswendig, Niederösterreich ist eine strenggläubige Region, gut katholisch.

Man mischt sich nicht ein

Bösendorfer hat eine sanfte Pfarrerstimme, der man die Erschütterung anhört, als er sagt: "Herr, wenn wir die Augen verschließen vor der Not der anderen, wenn wir uns das Handeln versagen - handeln wir dann nach deinem Willen?" Man hört Räuspern und das Knarren der Bänke.

Einige von denen, die jetzt hier im Sonntagsanzug sitzen, hat man in den letzten Tagen vor dem Haus in der Ybbsstraße gesehen, als sie in blaue, rote, orangefarbene Mikrophone sprachen, die ihnen die Reporter hinhielten. Manche waren an mehreren Abenden im Fernsehen. Montag hatten sie kurzärmlige Hemden an, der Montag war warm. Dienstag hatte es geregnet, die Reporter hatten Schirme gespannt. Mittwochs war es wieder schön, wie den ganzen Rest der Woche.

Es ging in den Interviews immer um das, was der Pfarrer gerade noch mal gesagt hat, um geschlossene Augen, um versagte Hilfe. Warum hat keiner was mitgekriegt? Oder, warum hat keiner gesagt, was er mitgekriegt hat?

Die Frage wird bleiben, sie ist größer als der Fall in Amstetten, sie ist die Brücke, die Niederösterreich mit der Welt verbindet. Warum schaut der Mensch weg, wenn er hinsehen sollte?

Peter Bösendorfer sagt: "Lasst uns beten für die Menschen in der Stadt, für die Opfer der Verbrechen in der Ybbsstraße."

Lesen Sie auf Seite 2 über die Mentalität der Menschen in Amstetten

Das schrille Echo des Schweigens

Es ist eine schöne Kirche, die Fassade wie frisch geweißelt, nach einer Renovierung sind wertvolle Grabsteine in der Kirche und der Taufkapelle aufgestellt. Man wollte sie nicht unnötig der Witterung aussetzen. Die Kirchenglocken läuten in den Tönen C, E, G und A. Die Kirche passt ins Bild der Stadt, es ist auch die Umgebung, die das Geschehen nicht weit von hier so schwer vorstellbar macht.

Amstetten ist vor zwei Jahren zur innovativsten Gemeinde Österreichs gewählt worden, der Täter Fritzl hat seine Tochter nicht in der Bronx gequält, das Martyrium vollzog sich vor prächtiger Kulisse. Schon in Linz, eine halbe Stunde Bahnfahrt entfernt, sitzen manchmal besoffene und kotzende Teenager vor dem Bahnhof, in Amstetten sieht man sie nicht.

Gleich bei der Kirche ist ein Haus, an dem "Schule der Schulschwestern" steht, gegenüber der Steinmetz Neu. In die Kirche sind nur die Älteren allein gekommen, denen der Partner weggestorben ist, sonst sitzen vor allem Paare da. Die Familie ist heilig in Regionen wie diesen, sie ist ein Schutzraum gegen die hektische, brutale Welt, ein Hort. Man mischt sich nicht ein, wenn es in anderen Familien Probleme geben könnte. Aus Mitgefühl, um Ruhe zu haben, aus Höflichkeit. Wer schweigt schon aus böser Absicht?

In den Tagen, seitdem der Fall bekannt geworden ist, sind einige Offizielle aus Niederösterreich ziemlich bekannt geworden, sie waren vor dem Haus oder im Fernsehen oder bei den Pressekonferenzen, die bis Mittwoch täglich stattgefunden haben. Diese Männer - es waren ausschließlich Männer - haben oft nur vom Stand der Ermittlungen berichtet, sie waren um Fassung bemüht, aber manchmal brach etwas aus ihnen heraus.

Hans-Heinz Lenze zum Beispiel, der in den Zeitungen immer Bezirkshauptmann genannt wird, dabei ist sein offizieller Titel ein anderer. Der Moderator der Pressekonferenzen hat ihn am Mittwoch genannt: "Darf ich nun um die Wortspende des Leiters der Bezirksverwaltungsbehörde, Herrn Hans-Heinz Lenze bitten." In Österreich wird nicht das Wort erteilt, in Österreich wird um eine Wortspende gebeten, den Begriff gibt es nirgendwo sonst.

Lenze hatte in den Tagen vorher, noch vor dem Haus stehend, kritisiert, dass Bürger zu oft schweigen, wenn sie reden sollten, nicht nur die Bürger von Amstetten. "Wir alle in der Gesellschaft müssen daran arbeiten, dass wir Auffälligkeiten in Hinkunft mit Zivilcourage aufzeigen, damit so etwas nicht mehr passieren kann."

Brutaler Umgang mit Kindern

Später hatte er von dem fünfjährigen Jungen berichtet, den er kurz nach seiner Befreiung aus dem Verlies traf. "Er ist quietschvergnügt, er hat ferngeschaut und hat mir gerade noch mal erzählt, wie glücklich er es empfunden hätte, dass er zum ersten Mal mit einem richtigen Auto fahren konnte."

Lenze ist hager, er trägt eine feine Brille ohne Rand, spricht druckreif auch im Stress. Alles an ihm ist konzentriert. Schließlich, bei der Pressekonferenz, stellt er etwas klar. Es hat mit dem Fall eigentlich gar nichts zu tun, sondern nur mit den persönlichen Empfindungen des Bezirkshauptmanns Lenze, aber es ist ihm wichtig, und es klingt wie der Versuch, mit gutem Beispiel voranzugehen, sich nicht abzukapseln.

Lenze nutzt die Internationale Pressekonferenz zu einer Botschaft. "Ich habe in einer Fernsehsendung gesagt, was meine Schlussfolgerungen aus diesem furchtbaren Verbrechen sind. Ich vertraue keinem Menschen mehr, habe ich gesagt, unter dem Eindruck des Schocks. Ich möchte diese Aussage relativieren. Selbstverständlich werde ich Menschen Vertrauen entgegenbringen. Das wollte ich damit bereinigt haben."

Der Täter Fritzl, heißt es, habe ein perfekt austariertes Doppelleben geführt, zwei Existenzen oberirdisch und unterirdisch, aber mittlerweile zeigt sich, dass es schon früher Momente gegeben hat, in denen einer sich vielleicht Fragen hätte stellen können.

Am Mondsee, wo die Familie Fritzl einen Campingplatz und einen Gasthof führte, gab es öfter Ärger. Fritzl hatte die Bauvorschriften nicht eingehalten, zweimal brannte es im Gasthaus. Fritzl war kurz verdächtig, Brandstifter zu sein, ihm konnte aber nichts nachgewiesen werden; ein ungeklärter Mordfall in der Gegend wird jetzt neu aufgerollt.

Offensichtlicher war sein Umgang mit den Kindern, regelrecht brutal sei er mit denen umgegangen, sagen jetzt die, die ihn damals erlebt haben, der Gemeindeamtsleiter nennt ihn einen "dominanten Herrn". Aber hätte das Anlass genug sein können, die Jugendbehörden zu alarmieren? Und in Amstetten selbst verließen sich die Behörden auf ein sauberes Leumundszeugnis, im Nachhinein war es ein Fehler, nicht intensiver in seiner Vergangenheit zu forschen, bevor sie ihm die Kinder anvertrauten.

Die wurden, eins nach dem anderen, im Windfang des Hauses Ybbsstraße 40 abgelegt, geboren von der Tochter, die angeblich einer Sekte in die Hände gefallen war. So erzählte es Fritzl, und dass niemand je fragte, was das für eine Sekte ist, klingt von allem am merkwürdigsten.

Lesen Sie auf Seite 3, welche weiteren Anzeichen es gab

Das schrille Echo des Schweigens

Aber die Findelkinder waren sauber und freundlich, sie waren adrett, an der Oberfläche stimmte alles. Mehr als 20 dokumentierte Hausbesuche, die Sozialarbeiter fanden nichts Auffälliges, im Gegenteil. Oma Rosemarie, heißt es, habe an Pflegeeltern-Ehrungen teilgenommen.

Solche Preisverleihungen sind für die Menschen gedacht, die den Preis empfangen, aber auch für die, die ihn verleihen. Eine Gesellschaft, die Pflegeeltern-Ehrungen veranstaltet und Urkunden verteilt für den schönsten Kleingarten, beweist sich in erster Linie selbst, wie geordnet alles in ihr abläuft.

Und eine Gesellschaft, die Sozialarbeiter abstellen kann, die nach dem Rechten sehen, entbindet die Nachbarn von der Pflicht, selbst etwas zu tun, in Amstetten wie überall sonst. Ein Leserbrief im Kurier zum Thema Zivilcourage, verfasst von einer Barbara Büchner, Wohnort nicht genannt: "Was bitte hätte man melden sollen? 'Da klopft jemand, wahrscheinlich hat er ein unterirdisches Verlies angelegt?' Und das bei einer Familie, die von der Fürsorge ohnehin betreut wird. Da kommt eher der Amtsarzt zu einem als die Polizei zum Nachbarn."

Bei dem Haus Ybbsstraße, Ecke Dammstraße stehen nicht mehr so viele Übertragungswagen wie zu Wochenanfang, vor allem die ausländischen Reporter sind abgezogen. Die Menschen in Amstetten haben langsam genug von ihnen. Alle Mitarbeiter der Backstube Pramreiter haben gesagt, was sie wissen, die Backstube war dafür aber auch immer ausverkauft.

Klopfzeichen im Haus

Der Florist vom "Blumen-Zauber" gegenüber hätte die Fassade seines Geschäfts in den Hauptnachrichtensendungen von Rio und Kalkutta sehen können. Die Stimmung hat sich verändert inzwischen. Anfang der Woche waren die Menschen aus der Ybbsstraße und die Polizisten und die Reporter noch gemeinsam geschockt, und die Interviews waren bestimmt auch ein Versuch, mit dem Ganzen irgendwie umzugehen.

Alle, die beim Haus standen, waren Teil einer großen Gruppe. Inzwischen ist die Gruppe zerfallen. Die Polizei schützt jetzt das Haus und den Garten gegen Touristen, am Wochenende könnten Hunderte auf der Fahrt in den Süden einen Abstecher nach Amstetten machen, um mit der Digitalkamera Fotos zu schießen.

Die Anwohner versuchen, sich vor den Reportern zu schützen. Deren Fragen sind drängender geworden, vorwurfsvoller; manchmal sind es keine Fragen mehr, sondern Vorhaltungen. Ihr müsst doch was mitgekriegt haben.

Wenn alle früher schon das gesagt hätten, was sie heute sagen, vielleicht wäre etwas geschehen. Mehrere Untermieter im Haus haben Klopfzeichen gehört, auch ein seltsames Scheuern. Einer hat sich über hohe Stromrechnungen gewundert, einer über das merkwürdige Verhalten seines Hundes, der Witterung aufnahm, wenn er in der Nähe der Kellertür war. Dass gewaltige Nahrungsrationen herangekarrt wurden, hatten manche gesehen und nicht weiter beachtet.

Viele sprechen jetzt vom Keller-Verbot, das Fritzl ihnen auferlegt hatte bei Androhung von Strafe. Wer in den Keller geht, dessen Mietvertrag wird gekündigt. Anderen, die zu ihrer Wohnung einen Abstellplatz im Keller mieten wollten, fällt jetzt auf, wie entschieden Fritzl das abgelehnt hat. Sie hätten alles zusammentragen können, einer hätte alles aufschreiben müssen, ein Protokoll anfertigen; einer hätte mit denen reden müssen, die schon vorher dort gewohnt haben.

100 Bewohner hatte das Haus in den 24 Jahren. Es wäre mühsam gewesen, und Fritzl, mit dem ja jemand hätte sprechen müssen, konnte sehr unangenehm werden, alle wussten das. Aber Fritzl sah andererseits auch nicht aus wie jemand, dem man Böses zutrauen würde. Reparaturen in den Wohnungen wurden sofort ausgeführt. Man konnte dort leben, und irgendwann zog man fort.

Lesen Sie auf Seite 4 über den Grund von Reden und Schweigen

Das schrille Echo des Schweigens

Man denunziert nicht jemanden, wenn einem das Ärger einbringen könnte, und sei es nur der Verlust von ein paar Quadratmetern Wohnraum. Es ist ganz simpel: Man schweigt aus Bequemlichkeit.

Andererseits, und auch das ist kein Amstettener Phänomen allein: Man schweigt dann nicht mehr, wenn man für sich einen Sinn im Reden sieht. Weil man damit ins Fernsehen kommt zum Beispiel. Franz Polzer, der Chefermittler des LKA Niederösterreich, hat gesagt, dass bei ihren Befragungen mancher Bewohner nichts zu sagen hatte, aber im Fernsehen redete er dann umso mehr. In den Berichten der Zeugen wächst die Geschichte des Hauses zu einem Kolportageroman.

Es gibt die Theorie, auch die Befürchtung, dass Menschen längst gläsern sind. Sie geben sich im Internet preis, sie berichten in Communities von ihren Leibspeisen und Lieblingsmusikern, sie stellen bei Videoportalen Filme ein. Sie suchen Bekanntschaften in Kontaktbörsen, und teilweise kann man ihnen eher als früher auf die Schliche kommen, wenn sie die Welt dabei zusehen lassen, wie ihr Hamster in der Mikrowelle verschmort oder wenn sie sich als Erwachsener mit Minderjährigen verabreden.

Aber es gibt noch immer Enklaven. Fritzl hat keine Spuren in Form einer IP-Adresse hinterlassen. Er musste nicht im Netz mit Sexpartnern verhandeln, weil ihm für die Befriedigung seiner Lust und Machtlust die eigene Tochter hinter einer Stahltür und fünf Schlössern hilf- und rettungslos zur Verfügung stand. Sie war seine Sklavin, in einem Verlies eingekerkert. Schon die Begriffe klingen archaisch, wie aus einer anderen Zeit. Der 73-Jährige war nicht Teil der vernetzten Web 2.0-Welt, er gehört einer Unterwelt an, die auch von Google Earth nicht gerastert werden kann.

Eine Million für ein Foto

Was diese Unterwelt mit den Menschen macht, die jahrelang gezwungen waren, in ihr zu leben, weiß Berthold Kepplinger am besten, Primarius der Klinik Amstetten-Mauer, in der er mit seinem Team die Familie betreut. Kepplinger ist ein kräftiger, bärtiger Mann, der so aussieht wie die Ärzte in den Schwarz-Weiß-Filmen der Fünfziger. Er hat schon vor diesem Fall in menschliche Abgründe geblickt, das ist sein Beruf.

Er spricht langsam, und wenn er mit Reportern aus dem Ausland redet, klingt sein Englisch so ähnlich wie das von Papst Benedikt. Kepplinger ist eine Autorität, und er unterstreicht das durch seinen weißen Arztkittel, den er bei keinem öffentlichen Auftritt ablegt. Weil er so nah dran ist, wird er viel gefragt, zum Beispiel danach, wie das war, als die eingekerkerte Tochter ihre Mutter nach 24 Jahren wiedergesehen hat.

Er will es nicht sagen eigentlich, nichts ist ihm wichtiger als die Ruhe, die seine Patienten jetzt brauchen. Er muss aber etwas sagen. Also sagt er genau so viel Intimes, wie er verantworten kann: Nichts. Er sagt: "Es wird wohl einige berührende Gespräche gegeben haben." Dann lenkt er auf Unverfängliches über: "Das Essen in der Klinik schmeckt ihnen ausgezeichnet."

Berthold Kepplinger hat am Anfang der Woche vieles erklärt, aber je mehr Journalisten kommen, desto schweigsamer wird er. Er sagt schließlich, er möchte einen Appell an die Medienvertreter richten, und weil er in seinem Beruf gelernt hat, dass man die Menschen nicht anschreien soll, wenn man sie erreichen will, sondern behutsam an sie hinreden, klingt sein Appell wie ein Gesuch. "Ich bitte zu akzeptieren, dass die Opfer nicht an die Öffentlichkeit treten wollen und nach dem schrecklichen Martyrium ein Recht auf Privatsphäre haben."

Das war am Mittwoch. Der Appell gilt noch immer, aber daran gehalten haben sich viele nicht. Das Nachrichtenmagazin News zeigt zwei der bei Fritzl aufgewachsenen Kinder auf der Titelseite. Kepplingers Klinikum wird inzwischen von einem externen Wachdienst abgeschirmt. Ein Fotograf hatte vorher das Krankenhaus nicht verlassen wollen, ein Journalist hatte sich mit einem Krankenhaus-Mitarbeiter fast geprügelt. Polizisten mussten Paparazzi von den Bäumen neben der Klinik schütteln, für ein Foto der Menschen aus dem Verlies kann man angeblich eine Million Dollar bekommen. Es gibt einen Markt für solche Bilder, es gibt Bedarf.

Warum schaut der Mensch weg, wenn er hinsehen sollte, war die eine Frage zum Fall der Familie Fritzl. Es gibt noch eine andere. Warum will der Mensch immer alles erst dann viel zu genau sehen, wenn es zu spät ist?

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