Prozess wegen Falschbehauptungen:Opfer des Sandy-Hook-Massakers fordern 2,75 Billionen Dollar von Alex Jones

Prozess wegen Falschbehauptungen: Der Verschwörungserzähler Alex Jones ist Gründer des rechten Onlineportals "Infowars", wo er falsche Behauptungen aufgestellt und verbreitet hat. Das kommt ihn nun teuer zu stehen.

Der Verschwörungserzähler Alex Jones ist Gründer des rechten Onlineportals "Infowars", wo er falsche Behauptungen aufgestellt und verbreitet hat. Das kommt ihn nun teuer zu stehen.

(Foto: Briana Sanchez/dpa)

Der Gründer des rechtsradikalen Portals "Infowars" hatte wiederholt gesagt, der Amoklauf an der Grundschule mit 26 Toten sei inszeniert worden. Zu fast einer Milliarde Dollar wegen Verleumdung wurde er bereits verurteilt - nun geht es um Schadensersatz.

Von Claudia Koestler, Portland

Zehn Jahre nach dem Sandy-Hook-Schulmassaker fordern betroffene Familien, Alex Jones zur Zahlung von 2,75 Billionen Dollar Schadenersatz zu verurteilen (anders ausgedrückt: 2750 Milliarden, im Amerikanischen 2,75 trillions). Und das zusätzlich zu der knapp einen Milliarde Dollar, die ihnen ein Geschworenengericht in Connecticut wegen Verleumdung bereits zugesprochen hat.

Sie erklärten, nur "der höchstmögliche Strafschadenersatz" könne den Moderator von "Infowars" davon abhalten, ihnen weiterhin zu schaden. Sie hätten Anspruch auf diesen Betrag, da Jones gegen ein staatliches Gesetz verstoßen habe, das den Verkauf von Produkten unter Verwendung falscher Angaben verbietet. Auf die Summe kommen sie, indem sie das Bußgeld von 5000 Dollar pro Verstoß mit den 550 Millionen Social-Media-Kontakten multiplizierten, die Jones in den drei Jahren nach dem Amoklauf an der Schule auf seinen Facebook-, Youtube- und Twitter-Konten erreicht hat. Bei diesem starben 20 Erstklässler und sechs Schulangestellte. Der Täter hatte zuvor auch seine Mutter getötet und nahm sich am Ende selbst das Leben.

Jones bezeichnete die Familienmitglieder jahrelang als "Krisendarsteller" und behauptete, ihre Angehörigen seien nicht ermordet worden. Er bestreitet zudem, dass seine Äußerungen verleumderisch seien. "Alex Jones macht diese Angriffe aus einem einzigen Grund: Gier", erklärten die Anwälte der Familien am Freitag. "Alex Jones wird sie niemals wie echte Menschen behandeln, weil sie für ihn als Zielscheibe zu wertvoll sind."

Der "Infowars"-Moderator erklärt, er sei bankrott

Richterin Barbara Bellis wird den endgültigen Betrag festlegen, den Jones zahlen muss. Sie hat bereits früher erklärt, dass Jones in ihren Augen gegen das Gesetz über unlautere Handelspraktiken in Connecticut (Connecticut Unfair Trade Practices Act, CUTPA) verstoßen hat, indem er während seiner Sendungen, in denen er falsche Behauptungen über das Sandy-Hook-Massaker aufstellte, Nahrungsergänzungsmittel und Überlebensausrüstung verkauft hat. Der "Infowars"-Moderator hat derweil erklärt, er sei bankrott und werde den Familien keinen Cent zahlen.

Vor zehn Tagen haben die Geschworenen in Connecticut acht Familien und einem FBI-Agenten bereits 965 Millionen Dollar für die Leiden zugesprochen, denen sie durch "Infowars"-Fans ausgesetzt waren, die Jones' Theorie glaubten. Die Geschworenen mussten sich damals nicht mit dem Gesetz über unlautere Handelspraktiken in Connecticut befassen, sondern nur den Schadenersatz wegen Verleumdung und seelischer Grausamkeit festlegen, nachdem Richterin Bellis in einem anderen Verfahren entschieden hatte, dass Jones die Familien verleumdet habe. Jones hatte sich zuvor wiederholt geweigert, Aussagen zu machen und Dokumente vorzulegen, aus denen hervorgehen könnte, wie viel sein Unternehmen verdient.

Jones hat die Muttergesellschaft von "Infowars", Free Speech Systems, in diesem Jahr beim Bundeskonkursgericht in Houston unter Gläubigerschutz gestellt, kurz bevor eine andere Jury in Texas einer Familie wegen des Sandy-Hook-Massakers fast 50 Millionen Dollar Schadenersatz wegen Verleumdung zusprach. Dem Verschwörungserzähler steht noch in diesem Jahr ein dritter Verleumdungsprozess gegen eine weitere Familie in Texas bevor. Während des Prozesses in Connecticut sagte ein Angestellter von Jones aus, dass seine Unternehmen in den Jahren 2015 bis 2018 einen Umsatz von insgesamt 150 Millionen bis zu einer Milliarde Dollar gemacht hätten.

Der Anwalt von Jones, Norm Pattis, hat bereits angekündigt, er werde gegen den Schiedsspruch der Geschworenen Berufung einlegen.

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