"Rust"-Tragödie:Sind Filmsets sicherer geworden?

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Die Anteilnahme war groß, als Halyna Hutchins starb (hier eine Mahnwache in Albuquerque, New Mexico). Doch was hat sich seitdem getan? (Foto: Kevin Mohatt/Reuters)

Vor einem Jahr starb die Kamerafrau Halyna Hutchins bei Dreharbeiten in New Mexico. Aus der Waffe von Alec Baldwin hatte sich ein Schuss gelöst. Und noch immer sind viele Fragen ungelöst.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Ein Jahr ist die Tragödie nun her, aber das Echo dieses Schusses hallt noch immer nach. Ende Oktober 2021 wurde die Kamerafrau Halyna Hutchins am Set der Dreharbeiten von "Rust" angeschossen, auf einer Filmranch bei Santa Fe im US-Bundesstaat New Mexico. Sie erlag später ihren Verletzungen. Regisseur Joel Souza wurde ebenfalls getroffen und verletzt. Der Schuss hatte sich aus einer Waffe gelöst, die der Schauspieler und Produzent Alec Baldwin in seinen Händen hielt.

Die Aufregung danach war groß, der Ruf nach Konsequenzen laut. Ein Jahr später stellt sich deshalb die Frage: Was hat sich eigentlich getan?

Noch immer laufen die strafrechtlichen Ermittlungen. Immer wieder hat es Meldungen gegeben, die für Aufregung sorgen wie zum Beispiel der Forensik-Report der Bundesbehörde FBI, demzufolge sich der Schuss keinesfalls gelöst haben könne, ohne dass jemand den Abzug betätigt hatte - Baldwin aber betont, das nie getan zu haben. Oder die Meldung im September, das Finanzministerium von New Mexico stelle mehr als 300 000 Dollar bereit, damit die Bezirksstaatsanwaltschaft von Santa Fe weiter in diesem Fall ermitteln könne - dabei kam heraus, dass Staatsanwältin Mary Carmack-Altwies Anklage gegen vier Leute erheben wolle, unter ihnen auch Baldwin. Am Donnerstag nun hat die Polizei ihren Untersuchungsbericht an die Staatsanwaltschaft übergeben. Nach einer "gründlichen" Prüfung werde die Behörde entscheiden, ob tatsächlich Anklage erhoben wird, hieß es in einer Mitteilung

Nur: Hatte es nicht auch geheißen, dass es Veränderungen in der Unterhaltungsbranche geben müsse? Dass Produzenten, Politik und Gewerkschaften gemeinsam daran arbeiten müssten, Grundregeln oder Gesetze zu entwerfen, die Sicherheit bei Dreharbeiten gewährleisten und verhindern, dass gerade bei Billigproduktionen wie denen zum Western "Rust" (die Gesamtkosten waren mit knapp 7,3 Millionen Dollar veranschlagt worden) nicht in puncto Sicherheit gespart wird? Auch die Crew-Mitglieder von "Rust" - viele von ihnen nicht Mitglied in einer Gewerkschaft - hatten sich über die Arbeitsbedingungen am Set beschwert und am Tag des Unglücks sogar gestreikt. Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed, gegen die ebenfalls ermittelt wird, soll für ihre Arbeit am Set mit der vergleichsweise sehr geringen Summe von 7913 Dollar entlohnt worden sein.

Zwei Demokraten können sich nicht einigen

Doch jeder Bundesstaat, das ist eines der vielen Probleme, hat seine eigenen Gesetze, und die Unterhaltungsbranche nutzt das für sich, um Steuervergünstigungen oder Fördergelder zu bekommen - und weniger Regeln und Vorschriften. In Kalifornien etwa wollte der Abgeordnete Dave Cortese echte Waffen am Set gesetzlich verbieten. Waffenmeister protestierten mit der Begründung, dass Produktionen dann in andere Bundesstaaten abwandern würden. Der Gesetzentwurf SB 836 enthielt deshalb kein generelles Verbot, er scheiterte aber dennoch, weil sich Gewerkschaften und Hollywoodproduzenten (die ein anderes, nicht so strenges Gesetz von Corteses Kollege Anthony Portantino unterstützten) nicht einigen konnten.

Cortese und Portantino sind beide Demokraten, weshalb diese Unfähigkeit, ein gemeinsames Gesetz zu erstellen, als gute Zustandsbeschreibung der demokratischen Partei gesehen wird: Sie verlieren, weil sie untereinander selten einig sind. Auch in New Mexico, wo die "Rust"-Tragödie passierte, gibt es bislang kein neues Gesetz.

So ziemlich alle sind sich einig, dass sich etwas ändern muss, aber es stehen nun mal auch die Midterms an. Zum einen ist strafrechtlich nicht geklärt, was genau passiert ist - also gibt es noch immer Spekulationen, und damit auch Debatten darüber, was man denn konkret ändern müsste. Zum anderen ist der Fall politisch aufgeheizt, weil Baldwin nicht irgendein Promi ist, sondern in der Satireshow Saturday Night Live Donald Trump persiflierte - was dem überhaupt nicht gefiel. Nach der Tragödie ging er auf Baldwin los, bot auf seiner Webseite T-Shirts mit dem Spruch "Guns don't kill people; Alec Baldwin kills people" zum Verkauf an - nicht Waffen würden Menschen töten, sondern Alec Baldwin. Trump erreicht damit zweierlei: Er greift Baldwin an und bringt die Waffenlobby auf seine Seite.

Alec Baldwin hat sich mit dem Ehemann der gestorbenen Kamerafrau außergerichtlich geeinigt. (Foto: Angela Weiss/AFP)

Wer sich ein bisschen umhört in Hollywood, der erfährt, dass die vernünftigste Lösung eine Überarbeitung der sogenannten "Safety Bulletins" sei, in denen festgelegt ist, wie in der Unterhaltungsbranche mit Waffen umgegangen wird. Offenbar arbeitet daran schon ein Komitee aus Gewerkschaften und Produktionsstudios. Eine Einigung über die Details der Veränderungen ist derzeit aber offenbar noch nicht in Sicht. Zahlreiche Produktionen verwenden daher keine echten Waffen mehr, nur wenige halten daran fest, die Macher von "Bad Hombres" mit Luke Hemsworth beispielsweise.

Was sich bislang getan hat, das ist also alles in allem sehr überschaubar. Und vielleicht steht die Zivilklage gegen Baldwin symbolisch dafür, wie Hollywood umgeht mit dem Unglück. Matthew Hutchins, Ehemann des Opfers, hatte Baldwin verklagt und im Februar gesagt: "Der Gedanke, dass die Person, die die Pistole in der Hand hielt, nicht verantwortlich sein soll, erscheint mir absurd." Mittlerweile haben sich Baldwin und Hutchins gegen die Zahlung einer nicht bekannten Summe außergerichtlich geeinigt. Hutchins spricht nun von einem "schrecklichen Unfall", er wolle niemandem die Schuld geben. Er wird künftig wie Baldwin einer der Produzenten von "Rust" sein. Die Dreharbeiten sollen Anfang kommenden Jahres fortgesetzt werden.

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