Aldi-Bistro in Köln:Aldi macht sich schick

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Pop-up-Bistro von Aldi Süd Da Pop-up-Bistro von Aldi Süd, aufgenommen am 26.04.2017 in Köln (Nordrhein-Westfalen). Drei Monate lang werden Besucher in dem ersten Pop-up-Bistro von Aldi Süd am Kölner Mediapark frisch zubereitete Gerichte angeboten bekommen. Danach wird das Bistro in einer anderen Stadt aufgebaut. Foto: Marius Becker/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ (Foto: dpa)

Aldi Süd eröffnet ein Bistro in Köln. Damit will der Discounter sein Image bei den Jungen aufpolieren. Das ist nicht ohne Risiko.

Von Benedikt Peters, Köln

An den Wänden hängt abstrakte Kunst, aus den Musikboxen dröhnt Hip-Hop, dazwischen drängen sich die Gäste. Die einen tragen Anzüge, die anderen Sneaker, Mützen und Turnbeutel, die Uniform des Großstadt-Hipsters. Kellner reichen Champagner, Zucchiniplätzchen und Spargel mit Erdnuss-Schaum. Man wähnt sich bei der Eröffnung des nächsten angesagten Restaurants. Erst, wenn man die Preise sieht, fällt einem wieder ein, dass man bei Aldi ist.

7,99 Euro kostet das Dreigängemenü, Kaffee und Wasser je einen. Nun hat Aldi im Kölner Mediapark sein erstes Pop-up-Restaurant eröffnet. Drei Monate will der Discounter hier ein täglich wechselndes Menü anbieten - eine Marketingaktion. Dauerhaft in die Gastronomie einsteigen will das Unternehmen nicht. Die Aldi-Strategen machen keinen Hehl daraus, was sie mit der Aktion erreichen wollen. Für den Abend haben sie den Rapper Fargo nach Köln geholt, sie haben einen eigenen Hashtag kreiert und dem Moderator aufgetragen, die Gäste zum Fotografieren zu ermuntern. "Food ist das neue Fashion", sagt der Moderator, aber das wüssten ja ohnehin alle.

Gekocht wird hier nur mit hauseigenen Produkten

Ungewohnter Service: Aldi serviert seinen Kunden Drei-Gänge-Menus. Aber derzeit nur in Köln. (Foto: Marius Becker/dpa)

Aldi macht sich schick. Der Konzern will zumindest ein Stück wegrücken vom Image eines Discounters, an dessen Produkten das Beste der Preis ist. Die Filialen werden derzeit umgestaltet. Ware, die unter Neonröhren auf Euro-Paletten liegt, soll es kaum noch geben, stattdessen warmes Licht und Holzverkleidung. Aldi hat mehr Marken in sein Sortiment aufgenommen, Nivea zum Beispiel, und auch mehr frische und mehr Bioprodukte. Das Restaurant im Mediapark, das im Jargon des Discounters "Aldi-Bistro" heißt, ist ein weiterer Baustein in dieser Strategie. Gekocht wird hier ausschließlich mit hauseigenen Produkten.

Punkten will der Billiganbieter damit vor allem bei jungen Kunden. Nicht nur Aldi, auch andere Discounter wie etwa Lidl haben in dieser Zielgruppe ein Problem. Zwischen 2013 und 2016 habe Aldi 1,3 Prozent Marktanteil bei den Kunden unter 39 Jahren verloren, sagt Handelsexperte Wolfgang Adlwarth von der Nürnberger Marktforschungsfirma GfK. Dem Konkurrenten Lidl sei es immerhin gelungen, seinen Anteil in dieser Altersgruppe konstant zu halten. Auch insgesamt haben die Discounter in den vergangenen Jahren Boden gegenüber hochwertiger angesiedelten Supermärkten wie Rewe und Edeka verloren.

Bistro aus acht alten Schiffscontainern

Das hat auch mit einer Verschiebung der Prioritäten bei den Kunden zu tun. Vor zehn Jahren gaben der GfK zufolge noch etwa 60 Prozent der Kunden an, das Wichtigste beim Einkaufen sei für sie der günstigste Preis. 40 Prozent sagten, sie achteten vor allem auf die Qualität der Produkte. Inzwischen steht es 51 zu 49 Prozent für die Qualität. Und damit werden bisher eher nicht die Discounter assoziiert. Um die Jungen anzusprechen, setzt Aldi nicht nur auf Frische und Marken, sondern auch auf digitale Angebote, zum Beispiel auf einen Musik-Streamingdienst und einen E-Book-Shop im Netz. Und jetzt eben auch auf ein Restaurant im Industrie-Design. Zusammengebaut ist das Bistro aus acht alten Schiffscontainern. Nach drei Monaten, so der Plan, soll es in eine andere Großstadt verlegt werden. Welche das ist, verrät der Discounter bisher nicht.

Die Idee vom Pop-up-Store hatte auch schon Konkurrent Lidl. Im September 2016 betrieb Lidl für zehn Tage auf der Hamburger Luxus-Einkaufstraße Neuer Wall einen Klamottenladen, um für die eigene Kollektion zu werben. Der GAK zufolge könnten die Bemühungen erfolgreich sein, denn zuletzt stiegen die Umsätze der Discounter wieder. Handelsexperte Adlwart sieht hier aber auch Risiken. "Die Discounter dürfen sich nicht zu weit von ihrem Image als günstigste Anbieter wegbewegen." Wenn sie Supermärkten wie Edeka und Rewe zu ähnlich würden, könnte das auch Kunden abschrecken. Nämlich die, die besonders aufs Geld achten müssen.

© SZ vom 28.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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