Tierschutz:Zoo des Grauens

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Löwe Lenci lebte mehrere Jahre unter schlimmsten Bedingungen im "Safari Park Zoo" in Albanien. Am Sonntag wurde er durch eine Rettungsaktion befreit. (Foto: David Wilson)
  • Ein Tierpark im albanischen Mbrostar steht wegen schlechter Haltungsbedingungen der Tiere in der Kritik.
  • Tierschützer der Organisation "Vier Pfoten" und die albanische Regierung haben die Tiere aus dem Zoo in Obhut genommen.
  • Nicht alle Tiere haben die Aktion überlebt. Andere Tiere werden vermisst.

Von Carolin Gißibl

Der Löwe ist bis auf die Knochen abgemagert, sein linkes Auge entzündet, Fliegen sitzen auf dem Abszess. Lenci leidet seit mindestens einem Jahr an einer Augeninfektion, die nie behandelt wurde. Stattdessen siecht er in einem Zoo in Albanien vor sich hin, in einem Käfig, in dem er ohnehin nur im Kreis laufen könnte. Unter ähnlich untragbaren Bedingungen lebten über ein Dutzend Wildtiere im "Safari Park Zoo" im albanischen Mbrostar. Am vergangenen Wochenende hat das zuständige Ministerium für Tourismus und Umwelt mit Unterstützung der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" elf von ihnen befreit.

Das 20-köpfige Einsatzteam rückte zusammen mit der Polizei an - unangemeldet. Denn der Zoobetreiber hatte gedroht, alle Tiere zu töten, sollte eine Inobhutnahme stattfinden. Mit einem Bolzenschneider und begleitet von Reportern und Fernsehkameras verschafften sich die Tierschützer schließlich Zugang. Was sie vorfanden, schockierte selbst erfahrene Tierärzte wie Marc Gölkel, der Teil des internationalen Rettungsteams war: "Der Anblick war erschütternd. Verdreckte, kleine Beton-Gehege, die Tiere darin allesamt in einem schlechten Zustand."

Dem Zoo soll es aufgrund mangelnder Besucherzahlen wirtschaftlich sehr schlecht gegangen sein. In zahlreichen europäischen Ländern, vor allem aber in Ost- und Südosteuropa, sollen Hunderte Tiere in nicht artgerechter Haltung leben - unter anderem wegen Geldmangels. Bären werden in Balkanregionen oft in kleinen Käfigen neben Restaurants gehalten. "Unserer Ansicht nach gehört der Safari Park Zoo zu einem der schlimmsten Tierparks Europas", sagt Carsten Hertwig, der sich für "Vier Pfoten" als Bären-Experte engagiert.

Tierquälerei

Rettung aus der Hölle

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(Foto: David Wilson)

Der Bärin Dushi fehlt ein Teil des linken Beines. Die Ursache ist unklar.

Tierquälerei

Rettung aus der Hölle

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(Foto: David Wilson)

Löwe Lenci leidet an einer unbehandelten Bindehaut-Wucherung, die den Körper des Tieres schwächte.

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Rettung aus der Hölle

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(Foto: David Wilson)

Die Tiere im albanischen "Safari Park Zoo" in Mbrostar wurden in viel zu kleinen Käfigen gehalten.

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Rettung aus der Hölle

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(Foto: David Wilson)

Dieser Hirsch konnte zusammen mit drei anderen gerettet werden. Ein Fuchs, ein Wasserbock, drei Löwen und die dreibeinige Bärin wurden außerdem befreit.

Tierquälerei

Rettung aus der Hölle

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(Foto: Copyright Four Paws)

Helfer der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" brachen am Sonntag das Tor des Zoos auf. Ein Sonderkommando der Polizei hat die Rettungsmission überwacht.

Tierquälerei

Rettung aus der Hölle

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(Foto: Copyright Four Paws)

Sie betäubten die Tiere und brachten sie in einen Zoo in der Hauptstadt Tirana. Bis die Tiere genesen, werden neue und artgerechte Bleiben gesucht.

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(Foto: Copyright Four Paws)

Ein Zebra verstarb nach der Ankunft in seinem neuen Zuhause. Tierärzte gehen davon aus, dass es zu schwach für die Narkose war.

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(Foto: David Wilson)

Löwe Lenci wird voraussichtlich in eine Großkatzenstation in den Niederlanden gebracht. Dort ist man auf die Rehabilitierung von besonders schwierigen Fällen spezialisiert.

Das albanische Umweltministerium hatte bereits 2015 eine Aktion zur Rettung von Bären beschlossen und im vergangenen Jahr alle Einrichtungen überprüft, die Raubtiere für geschäftliche Zwecke halten. Dadurch sei auch der "Safari Park Zoo" aufgefallen. Die dort lebende Bärin Dushi war abgemagert und hatte nur noch drei Beine. Es ist aber unklar, ob sie ihr linkes Vorderbein aufgrund der schlechten Haltungsbedingungen verloren hat. "Bei solch schlechten, sehr beengten Verhältnissen können Verletzungen und Verstümmelungen nicht ausgeschlossen werden", so Hertwig.

Eingeschritten war die Regierung aber erst, nachdem ein anonymer Fotograf der Daily Mail im Oktober Bilder zukommen ließ. Der Bericht der britischen Zeitung löste im In- und Ausland Empörung aus. Der albanische Umweltminister entzog dem Zoo daraufhin die Lizenz und ordnete eine sofortige Befreiung der Tiere an.

Zu dem Zeitpunkt waren manche Tiere, etwa die Bärin Dushi, bereits stark abgemagert und wiesen deutliche Verhaltensstörungen auf. Nach Angaben des Tierarztes Marc Gölkel konnten außerdem Löwe Lenci und zwei weitere Artgenossen, ein Fuchs, ein Wasserbock und vier Hirsche gerettet werden. Für ein Zebra kam jede Hilfe zu spät: Es starb kurz nach der Befreiungsaktion an den Folgen der Anästhesie. "Die Betäubung und der zweistündige Transfer waren offenbar zu viel für das geschwächte Tier", so Gölkel. Zwei Affen, einen Wolf und eine Antilope konnten die Tierschützer nicht mehr auffinden. Bisher gibt es keine Information über den Verbleib dieser Tiere.

Die geretteten Tiere wurden vorübergehend in einem Zoo in der Hauptstadt Tirana untergebracht und dort von Tierärzten betreut. Während sie genesen, sucht die Tierschutzorganisation nach einem neuen und artgerechtem Zuhause. Die dreibeinige Bärin wird voraussichtlich in den "Bärenwald Müritz" in Mecklenburg-Vorpommern gebracht. Die drei Löwen sollen in eine Großkatzenstation in den Niederlanden verlegt werden, die auf die Rehabilitierung von besonders schwierigen Fällen spezialisiert ist.

Die Tierschützer gehen davon aus, dass die Löwen im albanischen Zoo geboren und aufgewachsen sind. Insgesamt 14 Babylöwen sollen dort auf die Welt gekommen sein. Was mit den elf anderen passiert ist, ist unbekannt.

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