Süddeutsche Zeitung

Al-Qaida in Deutschland:Düsseldorfer Zelle soll Prominente im Visier gehabt haben

Stand TV-Moderator Markus Lanz auf der Liste islamistischer Terroristen? Im Prozess gegen die Düsseldorfer Al-Qaida-Zelle hat ein Ermittler ausgesagt, in Unterlagen der Terrorgruppe seien die Namen von bekannten Deutschen verzeichnet. Es gibt auch eine Vermutung, wie die Prominenten ins Visier der Angeklagten geraten sein könnten.

Gutaussehend, charmant, bodenständig - als Schwiegermutter-Traum wird ZDF-Gesicht Markus Lanz bisweilen bezeichnet. Als Mann der kritischen Fragen und Äußerungen gilt der Talk- und Kochshow-Gastgeber hingegen nicht - doch genau aus diesem Grund soll der 43-Jährige ins Visier von Terroristen geraten sein.

In den Notizen der sogenannten Düsseldorfer Zelle sind offenbar die Namen des TV-Moderators sowie des Comedians Ingo Appelt vermerkt. Sie könnten wegen islamkritischer Äußerungen in den Blick des Al-Qaida-Ablegers geraten sein, sagte ein leitender Ermittler des Bundeskriminalamts am Montag vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht.

In dem Verfahren müssen sich vier mutmaßliche islamistische Terroristen verantworten. Sie sollen einen großen Anschlag in Deutschland geplant haben. Die vier Angeklagten waren im vergangenen Jahr festgenommen worden.

"Lense" statt "Lanz"

Die in den Unterlagen verzeichneten Namen sind nach Aussage des Ermittlers mit Rechtschreibfehlern gespickt. So ist statt "Lanz" handschriftlich "Lense" notiert. Auch der Name der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo, eines KSK-Brigadegenerals und eines Soldaten-Ausbilders der Isaf-Truppen seien dort vermerkt, außerdem der US-Truppenstandort im bayerischen Grafenwöhr.

Bei der Düsseldorfer Al-Qaida-Zelle waren auch Bauanleitungen für einen Bombenzünder entdeckt worden. Auf sichergestellten Datenträgern werden zudem verschlüsselte Dateien vermutet. Das Ziel des Terroranschlages habe wohl noch nicht festgestanden, vermuten die Ermittler. Auch ein Rohmanuskript für ein Bekennervideo sei sichergestellt worden.

Der Hinweis auf die Zelle sei im November 2010 von Emrah E. gekommen, der sich telefonisch aus Pakistan als "Herr Schmitz" beim BKA gemeldet habe. Gegen E. werde in anderer Sache ermittelt. Er habe auch vor einer Erstürmung des Reichstagsgebäudes mit Kriegswaffen und Sprengstoffwesten gewarnt. Daraufhin hatte die Bundesregierung Sicherheitswarnungen herausgegeben.

Mehrere Verteidiger hatten zuletzt die Aussetzung des Düsseldorfer Al-Qaida-Terrorprozesses verlangt. Einer der Angeklagten habe die Abhördateien auf dem ihm zur Verfügung gestellten Laptop aus technischen Gründen nicht anhören können, begründete einer der Anwälte am Montag vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht den Antrag. Dies verletze sein Recht auf Akteneinsicht und mache eine effektive Verteidigung unmöglich.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1446175
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dpa/jobr/dgr
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.