AKW-Ruine:Japan erhöht Warnstufe in Fukushima

water tanks at the Fukushima nuclear power plant leak

Tanks mit radioaktiv verseuchtem Wasser in Fukushima: Zweieinhalb Jahre nach der Katastrophe am Kernkraftwerk wird neues Leck bekannt.

(Foto: dpa)

Ein "ernster Störfall": Nachdem ein neues Leck am Atomkraftwerk Fukushima I bekannt wurde, hebt die japanische Atombehörde die Warnstufe deutlich an. Innerhalb der Anlage sei "eine große Menge radioaktiver Materie" ausgetreten. Die Zahl der Krebserkrankungen bei Kindern in der Region steigt.

Wegen eines gefährlichen Lecks an einem Wassertank des havarierten Kernkraftwerks Fukushima Daiichi hebt Japan die Atom-Warnstufe deutlich an. Die Krise soll auf der siebenstufigen internationalen Skala nun mit Stufe drei und damit als "ernsthafter Zwischenfall" bewertet werden, bisher lag sie lediglich auf Stufe eins ("Anomalität"), wie die Atomaufsicht des Landes mitteilte. Eine Kommission werde die Warnung im Tagesverlauf offiziell in Kraft setzen.

Es ist das erste Mal nach dem Erdbeben am 11. März 2011, in dessen Folge es in mehreren Reaktoren zur Kernschmelze kam, dass Japan eine derartige Warnung ausspricht. Die Aufsicht äußerte sich zudem besorgt darüber, dass möglicherweise weitere Lecks an den Speichertanks auftreten könnten, die nach dem Unglück rasch gebaut wurden.

Seit der Katastrophe, bei der es zu Kernschmelzen kam, pumpen Reparaturtrupps unentwegt Wasser zur Kühlung in die Reaktoren. Die dabei anfallenden riesigen Mengen verseuchten Wassers werden in Tanks gefüllt, die aber kaum noch ausreichen. In einem dieser Tanks soll nun offenbar das Leck aufgetreten sein.

Am Dienstag hatte AKW-Betreiber Tokyo Electric Power (Tepco) eingeräumt, dass hochgradig verseuchtes Wasser aus einem Tank ausläuft. Das Leck ist immer noch nicht verschlossen. Das Wasser ist nach Angaben der Atomaufsicht so stark verseucht, dass ein Mensch, der sich unmittelbar daneben aufhält, innerhalb einer Stunde das Fünffache der Strahlung abbekommt, die für AKW-Mitarbeiter innerhalb eines Jahres als gerade noch zulässig gilt. Nach zehn Stunden treten erste Anzeichen der Strahlenkrankheit auf wie Übelkeit und ein Rückgang der weißen Blutkörperchen.

Erst vor Kurzem hatte Tepco zugegeben, dass aus der Atomruine jeden Tag 300 Tonnen belastetes Wasser ins Meer sickern. Dabei handelt es sich nicht nur um Kühlwasser: Täglich dringen Hunderte Tonnen Grundwasser in die Reaktorgebäude ein und vermischen sich dort mit dem kontaminierten Kühlwasser. Die Kontaminierung sei auf Bereiche nahe der AKW-Ruine beschränkt, versicherte Tepco.

Zahl der krebskranken Kinder steigt

Inzwischen ist die Zahl der in der gleichnamigen Präfektur Fukushima lebenden Kinder mit Schilddrüsenkrebs weiter gestiegen. Wie der japanische Fernsehsender NHK am Mittwoch berichtete, wurde bei sechs weiteren Kindern, die zum Zeitpunkt des Unfalls vom 2011 unter 18 Jahren alt waren, Schilddrüsenkrebs diagnostiziert. Damit stieg die Zahl der Krebsfälle unter Kindern auf 18.

Ob der Gau im Atomkraftwerk Fukushima I ursächlich für die Krebserkrankungen sei, könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, erklärte ein Untersuchungskomitee, wie der Sender NHK berichtete.

Die Präfekturverwaltung von Fukushima will die Schilddrüsen aller hier lebenden Kinder und Jugendlichen, die zum Zeitpunkt des Atomunfalls vom 11. März 2011 im Alter von 18 Jahren oder jünger waren, untersuchen lassen. Das betrifft etwa 360.000 Menschen. Bis Ende vergangenen Monats wurden davon 210.000 Personen untersucht, berichtete NHK. Neben den bisher 18 diagnostizierten Krebsfällen bestehe bei 25 Untersuchten ein Verdacht auf Krebs, zehn Fälle mehr als bisher.

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