Süddeutsche Zeitung

Shitstorm gegen Adele:Ärger wegen Mini-Dutts und Jamaika-Bikini

Die britische Musikerin hat mit einem Bild in den sozialen Medien für Wirbel gesorgt. Doch ein Abgeordneter aus ihrer Heimat London verteidigt sie gegen die Kritik.

Von Alexander Menden

Zuletzt war die britische Sängerin Adele ins Blickfeld der Boulevardmedien geraten, weil sie es gewagt hatte, an ihrem Geburtstag im Mai auf Instagram ein Foto von sich zu posten, das sie deutlich schlanker zeigt, als das auf vorherigen Instagram-Fotos der Fall gewesen war. Es wurde spekuliert, ob ihre Fans sie wiedererkennen würden und atemlos gefragt, ob das überhaupt dieselbe Frau sei?

Dass die 32-jährige jetzt wieder ins Blickfeld zahlreicher meinungsstarker Kommentare rückt, hat zwar wieder mit Instagram, ausnahmsweise aber mal nichts mit der medialen Body-Mass-Index-Obsession zu tun: Adele lud ein Bild von sich hoch, dass sie im Garten ihres Hauses im kalifornischen Beverly Hills zeigt. Ihr Haar ist in "Bantu Knots" gestylt, einer Reihe von Mini-Dutts; dazu trägt sie ein Bikini-Oberteil mit dem Muster der jamaikanischen Flagge. Das war als Gruß in ihre Londoner Heimat gedacht. Dort fand in diesem Jahr der Notting Hill Carnival, eine traditionelle Straßenparade, die seit 1966 die afro-karibische Kultur in der britischen Hauptstadt feiert, erstmals in einer Online-Version statt.

Besonders bei Twitter trat das Foto eine Lawine der Empörung los. Adele habe sich "kultureller Aneignung" schuldig gemacht. Ein Twitter-Nutzer, der afro-amerikanische Journalist Ernest Owens, befand zum Beispiel in einem häufig geteilten Tweet: "Gerade als man dachte, 2020 könnte nicht mehr bizarrer werden, präsentiert Adele uns mit Bantu-Knoten eine kulturelle Aneignung, um die niemand gebeten hat. Das belegt offiziell, dass alle weißen Top-Frauen im Pop problematisch sind. Ich hasse es."

Mit kultureller Aneignung - oft wird auch der englische Begriff cultural appropriation benutzt - bezeichnet die Kultursoziologie die Übernahme von Bräuchen, Traditionen, Kleidungsstilen oder Riten aus nicht-westlichen Kulturen, also zum Beispiel die Praxis, sich als weißer, in einer europäischen Großstadt lebender Jugendlicher Rasta-Zöpfe zu flechten. Die Diskussion um kulturelle Aneignung hat in den vergangenen Jahren vor allem in den USA und Großbritannien an Schärfe zugenommen. Der Vorwurf lautet dabei, dass Kulturtechniken durch die Integration in die kapitalistisch geprägte westliche Alltags- und Popkultur entwertet würden.

Im Fall von Adele schlugen sich jetzt viele, vor allem schwarze Londoner, auf die Seite der Sängerin, lobten den Look und ihre Feier der jamaikanischen Kultur. So twitterte der schwarze Labour-Abgeordnete David Lammy: "So ein Quatsch! Dieser Humbug lässt völlig den Geist des Notting Hill Carnival vermissen und missversteht die Tradition der Maskerade. Adele wurde in Tottenham geboren und ist dort aufgewachsen. Danke, Adele. Vergiss die Hater!" Adele selbst hat sich bisher nicht weiter geäußert.

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