Süddeutsche Zeitung

Abschluss des Weltjugendtags:Papst trifft Missbrauchsopfer

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Benedikt XVI. hat in Sydney mit vier Männern und Frauen gesprochen, die in jungen Jahren von Priestern sexuell misshandelt wurden. Opferverbände kritisieren die Aktion als "zynisch".

Zwei Tage nach seiner öffentlichen Entschuldigung für den sexuellen Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche ist Papst Benedikt XVI. mit Missbrauchsopfern zusammengetroffen. Kurz vor seiner Abreise aus Australien feierte der Papst am Montagmorgen mit vier Missbrauchsopfern die Messe, wie ein Vatikansprecher mitteilte. Mit seiner "väterlichen Geste" habe der Papst erneut seine tiefe Anteilnahme für alle Opfer sexuellen Missbrauchs zeigen wollen. Opfervertreter kritisierten, die Teilnehmer für das Treffen seien handverlesen gewesen.

Bei dem Treffen mit Missbrauchsopfern hörte sich der Papst nach Angaben des Vatikans die Leidensgeschichten der zwei Frauen und zwei Männer an und sprach ihnen Trost zu. Das einstündige Treffen habe in einer Atmosphäre von "Respekt, Spiritualität und intensiver Gefühle" stattgefunden. Der Papst habe bis zum Ende seine Australienbesuchs mit dem Treffen gewartet, weil er das Thema vom Weltjugendtag trennen wollte, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi.

Enttäuschung der Opfervertreter

Die Opferorganisation Broken Rites kritisierte, die Teilnehmer an dem Treffen seien eigens nach Wohlverhalten ausgesucht worden: "Ich fürchte, sie haben Opfer ausgesucht, die mit der Linie der Kirche übereinstimmen", sagte Sprecherin Chris MacIsaac. Stattdessen hätte sich der Papst mit Betroffenen treffen sollen, die den bisherigen Umgang der Kirche mit dem Missbrauchsthema nicht akzeptierten. "Opfer, die sich von der Kirche entrechtet fühlen, werden wieder einmal im Regen stehengelassen."

Ein anderer Vertreter von Broken Rites, Bernard Barrett, kritisierte das Treffen als "zynisch". Es habe nur den PR-Interessen des Vatikans gedient und ändere nichts an der Wirklichkeit. Die Gruppe fordert mehr finanzielle und psychologische Hilfe für die Opfer.

Anthony Foster, der Vater zweier missbrauchter Mädchen, der in der Hoffnung auf ein Treffen mit dem Papst extra von Großbritannien nach Australien geflogen war, zeigte sich enttäuscht. Dass der Papst ihn nicht empfangen habe und Opfer-Aktivisten nicht im Vorfeld über das geplante Treffen mit Missbrauchsopfern informiert worden seien, zeige einen "Mangel an Mitgefühl".

Die Erzdiözese von Sydney erklärte, die Teilnehmer an dem Treffen am Montagmorgen seien von der für die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen zuständigen Kirchenkommission ausgewählt worden. Das Treffen des Heiligen Vaters mit Missbrauchsopfern zeige das Bemühen der Kirche "denjenigen Heilung und Gerechtigkeit zu bringen, die durch sexuellen Missbrauch so schrecklich verletzt wurden".

Am Samstag hatte sich der Papst öffentlich für den sexuellen Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche entschuldigt. Die Opfer sollten "Mitgefühl und Fürsorge" erhalten, die Täter müssten verurteilt werden. Kritikern ging die Entschuldigung des Papstes nicht weit genug.

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