Abschied:Die Bilanz einer Sehnsucht

Bald wird Heino nicht mehr singen: Was bleibt, sind seine Platten und sein eigenes Café - sein Museum, sein Seismograph, seine Goldgrube. Hier wird er von allen verehrt. Denn obwohl Heino 50 Millionen Platten verkauft hat treibt es ihn um, dass ihn nicht alle Deutschen lieben.

Holger Gertz

Heino trifft sich mit Journalisten gern in diesem Café an der Marktstraße in Bad Münstereifel. Er hat hier Heimvorteil, das Café gehört ihm. In Glaskästen an den Wänden: seine Bühnenklamotten, seine Trophäen, seine Schallplatten. Die Cover sehen alle ziemlich gleich aus. Heino vor kargen Bergen. Heino vor hohen Tannen. Heino vor wildem Meer. Die immer gleiche Brille vor wechselnder Kulisse. Das Café ist sein Museum, außerdem ist es ein Seismograph. Er kann überschlägig die Besucher zählen und die Zahl als Beweis nehmen. Für seine Popularität.

Heino will aufhören

50 Jahre sind genug: Heino will aufhören

(Foto: Foto: ddp)

Heute ist ein Feiertag, das Café ist brechend voll, und bevor das Gespräch beginnt, stellt sich Heino zwischen die Tische und fährt den linken Arm aus. Auf der Bühne ist das sein Spielarm. Die rechte Hand umklammert das Mikro, der linke Arm weist ins Gebirge, zu den Tannen, auf das Meer. Jedenfalls dahin, wo die Sehnsucht wohnt. Das Ausfahren des linken Arms ist bei seinen Konzerten der Höhepunkt einer sparsamen Choreographie, manchmal verbunden mit einem, wie sagt man, schmachtenden Tremolo.

Heute weist der Arm auf reich gedeckte Tische. Für einen Augenblick halten die Gäste inne, der Arm ist das Signal, gleich wird Heino singen. Aber Heino singt nicht. Heino zieht Bilanz. "Sehense, das Café. Ist immer so voll. Und alle, die hierher kommen, ob jung oder alt, die mögen mich. Sonst würden die ja nicht kommen." Dann setzt er sich an das Kopfende einer langen Tafel, wo man ihn gut sehen kann.

Heinos Botschaft als stille Post

Im Café sitzen vor allem ältere Semester, die meisten sind Frauen. Sie hocken dicht an dicht wie Hühner auf der Stange, wenn es Abend wird. Warmes Rheinisch legt sich wie eine zweite Decke über den Tisch. "Bitte, eine Tasse Milschkaffee, und für meinen Mann hier ein Kännschen."

Die Männer sitzen still dabei, manche starren in die Vitrinen und versuchen, die Gravur auf den Schlagerpokalen zu entziffern, die sich in 50 Jahren Singerei angesammelt haben. Die Frauen hören dem Interview zu, und als Heino sagt, dass die Medien ziemlich oft böse über ihn berichtet haben, nicken die, die ganz nah dran sitzen, sehr zustimmend. Dann flüstern sie, was sie gehört haben, weiter, und so wandert Heinos Botschaft, dass die Medien oft böse über ihn berichtet haben, in der Art einer stillen Post bis ans andere Ende des Tisches und tief ins Herz von Heinos Café hinein, wo abermals zustimmend genickt wird.

Lieder mit Milchschaum

Manchmal löst sich eine Gestalt aus der Menge und bittet um eine Autogrammkarte. Eine Frau sagt: "Herr Heino, darf ich um ein Kärtschen bitten?" Ihr Mann, den sie wie einen alten Hund hinter sich her zieht, grinst, und als die Frau sagt, sie braucht noch eine weitere Autogrammkarte, "für meinen Göttergatten, der traut sich nicht an Sie ran, wissense", kippt das Grinsen des Mannes leicht ins Gequälte, er wird rot und sieht wie ein Junge aus, obwohl er bestimmt schon über siebzig ist.

Heino wird bald nicht mehr singen. Eine Tournee noch, die am Wochenende beginnt, dann soll Schluss sein. 50 Jahre Bühne, 50 Millionen verkaufte Platten. Die Zahlen sind gerade rund genug für ein Ende. Wenn er nicht mehr singt, wird das Café noch immer laufen. Es ist seine Goldgrube. Es ist sein Museum. Es ist sein Ruheraum, in dem Menschen sich versammeln, die noch Begriffe wie Göttergatte verwenden und ihre Kameras in Aldi-Tüten tragen und ihn wärmen mit ihrer Zuneigung. In Heinos Café spielen den ganzen Tag seine Lieder, gestört nur vom Geräusch der Milchschaumdüse.

Die Welt in seinem Café ist ganz anders als die Welt da draußen.

97 Prozent der Deutschen kennen ihn, stand mal im Stern, die Neue Zürcher Zeitung erhöhte auf 99 Prozent. Die Hälfte davon kann ihn nicht ausstehen, stand im Stern. Deutschland ist ein gespaltenes Land, auch in der Haltung zu Heino. Die einen lieben ihn, die anderen verachten ihn. Die ihn lieben, sieht man in seinem Café, aber man hört sie draußen nicht. Die ihn hassen, würden in sein Café nie gehen, aber man hört sie draußen umso besser.

Die Bilanz einer Sehnsucht

Hermann Kurzke, Experte für NS-Lieder, hat über das "Schlesierlied" und die "Märkische Heide" gesagt: "Diese Lieder sind durch die Wirkungsgeschichte beschmutzt wie die Kleider eines Mörders. Wer würde sie anziehen?" Heino hat die Lieder gesungen. Der Punkrocker Jello Biafra hat gesagt, er sammle Heino-Platten nur aus einem Grund: "Damit ich meinen Freunden beweisen kann, was es für unglaubliche Scheißmusik auf dieser Welt gibt." Rainer Moritz, der wunderbare, witzige und warme Bücher über deutsche Schlager geschrieben hat, sagt über Heino, er sei "das Brechmittel mehrerer Generationen".

Wer sagt das? Wie heißt der Mann, fragt Heino. Rainer Moritz, früher Cheflektor beim Verlag Hoffmann und Campe.Heino sagt: "Das interessiert mich nicht, was ein Herr von Kampe über meine Musik sagt." Es ist seine Art des Widerstands, so zu tun, als kenne er die Namen seiner Kritiker nicht. Er müsste ihn kennen, das Brechmittel-Zitat war Thema in anderen Interviews. Er sagt, er kennt den Mann nicht. Er liest sowieso keine Zeitungen und hat erst ein Buch bis zum Ende geschafft, die Biografie von Dieter Bohlen. Er liest Bild und den Express, manchmal verirrt er sich in den Kölner Stadtanzeiger, "aber viel mehr als im Express steht da auch nicht drin".

Heinz-Georg Kramm wurde in Düsseldorf-Oberbilk geboren, im Dezember 1938. Sein Vater fiel an der Ostfront. Seine Mutter arbeitete als Putzfrau, die Oma hat ihn großgezogen. Mit 13 Leuten lebten sie in drei Zimmern. "Da lernt man, dass man sich anpassen muss. Sich zu benehmen, höflich zu sein." Seine Kindheit hat ihm den ganzen Weg gewiesen, sagt Heino.

Er wollte Musik studieren, aber dann hat er erst eine Bäckerlehre gemacht. Seine Mutter hatte gesagt: Lern' was Ordentliches. Er gehorchte, er war das gewohnt. Als er später doch zu singen anfing, in einem Trio, das OK-Singers hieß, sammelte er nebenbei Schrott und verkaufte Klorollen, um dazuzuverdienen.

"Ich sang wie der Teufel"

1964 in Quakenbrück entdeckte ihn der Sänger und Produzent Ralf Bendix, ihn und seine schöne Bariton-Stimme. "Ich war schmal, 64 Kilo, ich sang wie der Teufel, ich hatte blaue Augen." Die Brille brauchte er noch nicht. Bendix und er machten die ersten Platten. Heinz-Georg Kramm hatte zwar eine klassische Musikausbildung im Kopf, aber Bendix bot ihm einen Zehn-Jahres-Vertrag. "Ich war ein armes Schwein, da hab ich dat gemacht. Da hab ich natürlich kommerziell gedacht."

Bendix erfand Heino. Er steckte ihn in Rollkragenpullover. Er ließ ihn nicht lächeln auf den Plattenhüllen. Er sagte: "Du musst einsam aussehen." Heino zog die Rollkragenpullover an, lächelte nicht auf den Plattenhüllen. Er passte sich an, das hatte er gelernt. Man kann die Covers der ersten Singles sehen im Café, sie hängen unten gerahmt vor den Toiletten. Heino sieht darauf sehr einsam aus. Die erste Single verkaufte sich 360.000 Mal.

Die Männer, mit denen Heino vor seiner Karriere bei den OK-Singers auftrat, heißen beide Dieter, Dieter Wolf und Dieter Engelhardt. Engelhardt kommt aus Wuppertal, sein Dialekt ist dem von Heino ähnlich, er ist fast gleich groß und fast gleich alt und singt noch immer, auf Betriebsfesten und in Kurbädern.

Man kann sich, wenn man Engelhardt in Wuppertal-Elberfeld besucht, wo er im Blumenladen seiner Frau aushilft, vorstellen, was aus Heino geworden wäre, wenn damals nicht das Schicksal diesen Ralf Bendix vorbeigeweht hätte. Vielleicht wäre sein Gesicht nicht so maskenmäßig geworden von der Bühnenschminke, vielleicht wäre es so wie das von Engelhardt, leicht gerötet von der Anstrengung des Blumenkübelschleppens.

"Ah, häärrlisch"

Ein paar Überbleibsel von damals liegen bereit, zum Beispiel eine Single, die sie mit den OK-Singers aufgenommen haben. "Lieschen dein Blüschen" hieß das Lied, und Engelhardt sagt, ein Freund habe ihm neulich erzählt, bei Ebay bringt die Platte glatt 70 Euro.

Sie haben damals Stimmungslieder gesungen. "Dem Heino hat das gefallen, dat is'n ganz Lustigen, eigentlich." Engelhardt hat sich ein bisschen gewundert, dass er danach so pathetische Sachen gemacht hat, "aber wenn das Management was verlangt, dann muss man das eben tun". Früher jedenfalls, wenn sie im Auto gefahren sind, das Verdeck offen, hat Heino den Kopf rausgestreckt und gesungen. "Ah, häärrlisch", schnaubt Engelhardt und schaut auf das Foto des späteren Heino, das der unterschrieben hat, mit Widmung: Für den Blumenladen Engelhardt.

Wenn Heino Zeit hat, kommt er schon mal vorbei. Sie reden dann von früher. Wie sie getankt haben, Heino ist raus aus dem Wagen, die beiden Dieters sind wieder rein und haben nicht gemerkt, dass er nicht mehr auf der Rückbank sitzt. Sie sind ohne ihn los. Haben ihn einfach vergessen. Er hat das aber nicht krumm genommen, sagt Engelhardt. "Der hat ja nie geschimpft oder was, der hat gesungen und sonst war er ruhig."

Die Bilanz einer Sehnsucht

Die berühmte Brille, die Heino seit den Siebzigern trägt, ist ein Markenzeichen. Er musste sie tragen, weil eine Schilddrüsenüberfunktion seine Augäpfel immer weiter aus den Höhlen trieb. Seit einer Operation, bei der hinter dem Auge Fett abgesaugt wurde, könnte er auf sie verzichten.

Sie ist aber ein Markenzeichen, und sie sorgt dafür, dass er, auch wenn er direkt vor einem sitzt in seinem Café, undurchschaubar bleibt. Das Gesicht hinter der Brille ist blass und voller tiefer Falten, die Hände mit den kurz geschnittenen Fingernägeln liegen aufeinander während er spricht, und es ist, als käme seine Stimme aus einem fernen Raum, weil kein Wort von einer Geste gestützt wird. Weil aber auch kein Blick dem, was er sagt, widersprechen könnte.

Das Deutschlandlied für die Schule

Sein Manager hat ihm gesagt, dass er einsam aussehen und diese alten Heimat- und Fahrtenlieder singen soll. Er hat sie gesungen. Später kam eine Anfrage von Ministerpräsident Filbinger, er solle das Deutschland-Lied singen, alle drei Strophen, für den Einsatz im Schulunterricht. "Das war eine Auftragsarbeit." Er hat es gesungen, auch die erste Strophe. Die lief dann nicht nur im Unterricht. Später ist er in Südafrika aufgetreten. In Südafrika herrschte Rassentrennung, die UN hatte ein Embargo verhängt, internationale Künstler versuchten einen Kulturboykott. Der Spiegel zitierte einen Afrika-Deutschen, warum er zum Heino-Abend gegangen war: "Da sind etliche Lieder dabei, die wir schon als Soldaten gesungen haben."

Heinos Finger schiebt die Brille ein winziges Stück den Nasenrücken rauf. Seine Stimme sagt, dass er nichts Unrechtes getan habe, vor ihm seien schließlich schon andere da aufgetreten. "Nur ich bekam danach Probleme." Er macht eine Pause, die Gäste am Tisch lauschen - die Besetzung hat inzwischen gewechselt. Heinos Stimme sagt: "Heute wird ja dafür geworben, dass man nach Afrika fliegen soll, das Land bereisen, die ganzen Geschichten."

"Ich will kein Zeichen setzen"

Ja, aber heute ist die politische Situation doch ganz anders. "Jaja, richtig, aber heute wirbt man ja damit." Er setzt zu einer Art Grundsatzerklärung an. "Ich bin Sänger und hab mich immer so verstanden. Ich will kein Zeichen setzen, wir müssen politisch was verändern. War nie mein Ding."

Andere haben wenigstens auf einen zweiten Auftritt verzichtet. Heino ist 1986 noch mal nach Afrika gefahren, "rübber gegangen", wie er das nennt. "Ich bin drüben von den Rundfunkanstalten engagiert worden." Sie haben ihn gefragt, er hat gesungen. So war es immer. Er findet es richtig, Verträge einzuhalten. Er hat das auch so gelernt.

Vor ein paar Monaten wurde eine große Gala ihm zu Ehren in Leipzig aufgezeichnet. Das Publikum sah so ähnlich aus wie das in seinem Café, die Moderatoren waren als Heino verkleidet. Er selbst stand steif wie immer auf der Bühne, der ganze Mann irgendwie wie schockgefrostet. Die Gala war ein Schnelldurchgang durch Leben und Werk, das Fahrtenlieder umfasst, Hymnen, Märsche, auch Schlager. In den frühen Achtzigern hatte er den Hit: "Jaja, die Katja, die hat ja." Er landete damit bei Heck auf Platz drei, und auf dem Schulhof konnte man in der Zeit jede Katja mit diesem Lied in die totale Verzweiflung treiben.

Und immer die Haselnuss

Die Katja brachte er nicht in Leipzig, dafür sang ein kleiner Junge: "Lebt denn der alte Kultheino noch?" Heino hatte ein paar Rapaufnahmen gemacht, als das Mode war, er galt deshalb zwischendurch als "Kult" und reitet diese Masche seither etwas zu Tode. Höhepunkt der Gala war aber der Auftritt des Golden Gate Quartetts. Vier alte Schwarze, die das Volkslied von der "schwarz-braunen Haselnuss" schon vor Heino eingespielt hatten. Die Haselnuss wurde einer seiner größten Erfolge, seine Fans fordern das Lied bei jedem Konzert.

Seine Kritiker finden, es passe farblich ganz gut zu ihm. Das Lied ist die Hintergrundmelodie seiner Karriere. "Ich bin ja immer angefeindet worden für das Lied", sagte Heino in Leipzig, für einen Moment sah es so aus, als wollte er da was aufklären, aber dann brabbelte einer vom Golden Gate Quartett "Oh yeah, swahrzbraun issie Haselnuss", und dann sangen sie es einfach zusammen, Heino und die alten Männer. Sie sangen über alle Fragen hinweg, wie sie es bei der Tournee tun werden, unter anderem in der Lausitzhalle von Hoyerswerda. Das Golden Gate Quartett in Hoyerswerda. Was für eine Vorstellung.

Die Bilanz einer Sehnsucht

Heinz-Georg Kramm ist jetzt 66. Er findet, das ist ein gutes Alter, um aufzuhören. Er will sich mehr um seine Frau Hannelore kümmern, die im vergangenen Jahr einen Herzinfarkt überstanden hat. Kurz davor hatte sich Petra umgebracht, seine uneheliche Tochter. Sie litt an einer Psychose und zog sich am Ende eine Plastiktüte über den Kopf. Selbstmord durch Ersticken. Heino war gerade auf einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer unterwegs. Er erzählt, wie er vorher noch mit dem Arzt gesprochen hatte. Herr Kramm, sagte der Arzt, wir müssen dafür sorgen, dass Petra die Tabletten nimmt.

Es ist das einzige Mal an diesem Nachmittag, dass Heino von sich als Herr Kramm redet. Als bräche das Leben in die Schlagerwelt.

Die Brille als Mauer

Es ging ihr ganz gut, sie wollte sich bei der Oma melden, aber sie meldete sich nicht, und vom Schiff telefonierte der Vater mit der Oma, dann mit der Kripo: Brechen Sie die Tür auf. Da war es zu spät.

Er konnte danach fast nicht singen, aber es waren Hunderte Menschen auf dem Schiff, es gab Verträge, und er hatte Verträge immer eingehalten, auch wenn es besser gewesen wäre, mal einen zu brechen. Und er hatte diese Brille, die wie eine Mauer war, und wenn ein paar Tröpfchen hervorliefen, würden die Fans das vielleicht für Schweiß halten. Es war zwar schon Herbst, aber noch warm auf dem Mittelmeer. Er trug ein schwarzes Einstecktuch im Sakko. Dann sang er.

Er ist ein Volkssänger, der eine Verpflichtung hat. Alle kennen ihn, die Hälfte mag ihn nicht, aber das heißt doch, das die andere ihn mag. Er spielt mit Zahlen, wenn er Bilanz zieht. Die verkauften Platten, die Cafégäste. Seine Geburtstagssendung, sagt er, haben mehr Leute angeschaut als die Geburtstagssendung von Beckenbauer. Die Zahlen sind Beweise.

Keine Hymne, kein Kreuz

Er ist ein Volkssänger, und ein Volkssänger will irgendwie alle haben, das Volk eben. Erst ist ja kein Halbes-Volk-Sänger. Seine Biografie trägt den Titel "Und sie lieben mich doch". Als träumte er, auch die von sich zu überzeugen, die nicht zu überzeugen sind. Er würde gern mal die Hymne singen vor einem Länderspiel.

Aber der DFB hat ihn nicht gefragt. Er durfte sie nur vor einem Boxkampf von Henry Maske singen. Es war der einzige Kampf, den Maske verlor. Er könnte sich vorstellen, Volkslied-Beauftragter des Bundestags zu werden, aber obwohl das in der Zeitung stand und fast wie ein Bewerbungsschreiben klang, hat niemand vom Bundestag ihn gebeten. Nicht einmal die Position ist bisher geschaffen.

Er ist zwar offiziell ernannter Ehrenkonditormeister der Nation und bekanntester deutscher Musikant, aber er weiß, er wird das Verdienstkreuz nicht kriegen, wegen der Hymne damals und wegen Afrika. Vor der Wahl hat er zwar drauf hingewiesen, was passiert. "Im Grunde bin ich Sozialdemokrat.

Aber die haben mir immer das Bundesverdienstkreuz verweigert, dann tut es denen auch nicht weh, wenn ich jetzt mal die Christdemokraten wähle." Da schwang eine deutliche Drohung mit, es war die Zeit, da die SPD bei 25 Prozent hing und wirklich jede Stimme gebraucht hätte. Es passierte aber nichts in Sachen Verdienstkreuz. Heino hat dann, sagt er, gar nicht gewählt.

Draußen zieht die Dämmerung herauf. Drinnen sind neue Gäste. Sie wollen neuen Kaffee, neuen Kuchen, neue Autogramme. Heino holt sie aus der Brusttasche und verteilt.

Auf wie viel Autogrammkarten kommt man wohl, in fünfzig Jahren? Er findet, das ist eine ganz interessante Frage. Man könnte das wahrscheinlich herausfinden, bei seiner Plattenfirma, "die gibt die Karten bei der Druckerei in Auftrag, da müsste ja festgehalten sein, wie viel da jedes Mal produziert worden sind". Er kann sich vorstellen, da mal nachzuforschen, wenn er jetzt Zeit hat. Die Zahl könnte ganz interessant sein, auch als Beweis.

(SZ vom 22.10.2005)

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