Süddeutsche Zeitung

Absage des Braunschweiger Karnevals:Behörden sind islamistischen Aktivitäten auf der Spur

  • Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hat den Landtag über die Hintergründe der Absage des Braunschweiger Karnevalsumzugs informiert.
  • Die Feierlichkeiten waren abgeblasen worden, weil es Informationen aus der islamistischen Szene gegeben hatte, die auf einen geplanten Anschlag hinwiesen.
  • Laut Ministerpräsident Stephan Weil sind die Behörden islamistischen Aktivitäten auf der Spur.
  • Die rheinischen Karnevalsumzüge verlaufen nach Plan.

Landtag über Bedrohungslage informiert

Nach der Anschlagsdrohung gegen den Karnevalsumzug in Braunschweig hat Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius den Landtag über die Hintergründe informiert. Details aus der Ausschuss-Sitzung am Montagvormittag sind bisher nicht bekannt.

Dem NDR sagte Pistorius, es gebe in Braunschweig und Wolfsburg eine Konzentration an Salafisten, die als gefährlich eingestuft werde. Die Szene werde beobachtet. Auf eine Gefährdung an anderen Orten gebe es bislang aber keine Hinweise.

Hintergrund: Absage des "Schoduvel"

Der größte norddeutsche Karnevalsumzug, der "Schoduvel", war am Sonntag in Braunschweig kurz vor dem Start abgesagt worden. Zur Begründung hieß es, den Sicherheitsbehörden hätten konkrete Hinweise auf einen möglichen Terrorakt mit islamistischem Hintergrund vorgelegen. Festnahmen oder Durchsuchungen hat es nach Polizeiangaben bisher nicht gegeben.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagte, der Vorfall zeige, dass die Behörden in Niedersachsen islamistischen Aktivitäten sehr eng auf der Spur seien. Die Sicherheitsbehörden hätten auf der Grundlage zuverlässiger Quellen Anlass zur Sorge gehabt, dass ein Anschlag mit islamistischem Hintergrund vorbereitet worden sei. Laut Polizei lag eine konkrete Gefahr vor. Den entscheidenden Hinweis habe ein "Zeuge aus der islamistischen Szene" gegeben, "eine Person, die wir kennen und die wir auch einschätzen können". Spiegel Online berichtet, es handle sich um einen V-Mann des niedersächsischen Verfassungsschutzes, der aus der Salafistenszene Wolfsburg/Braunschweig stammt.

Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt

Die Ermittlungen zu den Hintergründen des Vorfalls in Braunschweig soll die Staatsanwaltschaft Hannover übernehmen. Dort konnte ein Sprecher am Montag noch keine Auskünfte geben, da die Akten aus Braunschweig noch nicht vorlagen.

Radikale Islamisten in Niedersachsen

Der Verfassungsschutz schätzt die Zahl der Anhänger islamistisch-extremistischer Gruppen in Niedersachsen auf 3380. Den Salafisten, die als mögliche geistige Wegbereiter für islamistischen Terrorismus gesehen werden, rechnet die Behörde 330 Anhänger zu, der Hisbollah 130 und der Muslimbruderschaft 90.

Braunschweig, Hannover und Osnabrück sind nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums Zentren des Salafismus, salafistisch beeinflusste Moscheen gibt es auch in Hildesheim und Oldenburg. Eine besondere Bedeutung hinsichtlich der Verbreitung des Salafismus' hat auch der Braunschweiger Prediger Muhamad Ciftci. Einige seiner Schüler Cifticis sind mit radikalen Aussagen in Erscheinung getreten. Ein salafistisches Lehrangebot gibt es auch in einer Moschee in Hannover.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2353626
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dpa/feko/gal/dd
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.