Abrechnung von Valérie Trierweiler:"Mit meinen Tränen aufgeschrieben"

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"Die illegitime Frau, das bin ich": Valérie Trierweiler, Ex-Partnerin des französischen Präsidenten Hollande, macht ihm das Leben schwer.

(Foto: Lionel Bonaventure/AFP)

Valérie Trierweilers Buch wühlt Frankreich auf. Die erste Auflage ist bereits vergriffen, manche Läden weigern sich, das Werk künftig zu verkaufen. Der schnöde Mammon war aber nicht das Motiv der früheren Partnerin von Präsident François Hollande.

Von Christian Wernicke, Paris

Die Lage ist ernst. So ernst, so dramatisch, dass der Verteidigungsminister inzwischen den Ernstfall ausgerufen hat. "Wachsamkeit" fordert Jean-Yves Le Drian, schließlich erlebe Frankreich dieser Tage "einen Versuch der Destabilisierung der Institutionen seiner Republik". Schlimmer noch, der Sozialist wittert Gefahr für Leib und Überleben seines Präsidenten: "Die Person von François Hollande ist dem Versuch einer medialen Ermordung ausgesetzt", sagt er.

Die Munition für das Attentat ist bedrucktes Papier. 320 Seiten, nach Verlags-Angaben in vier Tagen 145 000 Mal unters Volk gebracht, fabriziert ausgerechnet von Valérie Trierweiler, der verstoßenen Première Dame der Nation. Ihr Sprengstoff, angerührt aus enttäuschter Liebe, triefendem Selbstmitleid und lodernder Rachsucht, erschüttert Paris. Das klingt martialisch, doch es ist so: Jeden Tag weiden Frankreichs Medien neue Passagen ihres gefühligen Palastromans aus. Seit dem Wochenende ist "Merci pour ce moment" ("Danke für diese Zeit") ausverkauft.

Viele Buchhändler boykottieren das Werk

Erst nächste Woche wird nachgeliefert. Wer so lange nicht warten will, um mittels Trierweilers sogenannter Reportage durch die Schlüssellöcher des Élysée-Palasts zu schauen, muss bei Versteigerungen im Internet das Fünffache des Ladenpreises von 20 Euro für ein Exemplar bezahlen. Billigere, teils jedoch gefälschte Raubkopien gibt's im Netz ab 14,99 Euro.

Etliche Buchhändler in Paris sind den Rummel längst leid und weigern sich, das Werk zu verkaufen. Mit Pappschildern im Schaufenster weisen sie voyeuristischen Literaturfreunden die Tür: "Diese Buchhandlung hat nicht die Absicht, die Waschmaschine für die schmutzige Wäsche von Frau Trierweiler zu sein".

Trierweilers Botschaft ist angekommen: von Hollande, dem kalten Zyniker

Der Autorin wird das egal sein. In einem Akt öffentlicher Selbsttherapie hat sich Valérie Trierweiler Schmerz und Schande von der Seele geredet. Alles sei "mit meinen Tränen aufgeschrieben", beteuert die 49-jährige Journalistin des Klatschblattes Paris Match in ihrem Schlusswort.

Die erste Welle medialer Ausschlachtung ist nun immerhin vorüber. Das Drama jener kalten Tage im Januar, da Hollande ihr seine Affäre mit der Schauspielerin Julie Gayet gestand, haben Funk und Fernsehen bereits zigfach nacherzählt. Trierweilers Botschaft ist angekommen: Millionen Landsleute kennen inzwischen den Ausdruck "die Zahnlosen" - jenes Unwort, mit dem sich ihr ehemals Liebster angeblich in trauter Zweisamkeit über Frankreichs Arme lustig macht. Seither rufen Hollandes linke wie rechte Gegner als "Sansdents" im Internet zu Massenprotesten gegen den verhassten Sozialisten auf, der einst angetreten war, der Nation als "normaler Präsident" zu dienen.

Geld war nie ihr Antrieb - sondern Angst

Trierweiler hat mithin erreicht, was sie wollte. Sie hat ihrem François, ihrer Amour fou, jenen Schaden eingebrockt, den sie ihm mittlerweile aus tiefstem Herzen gönnt. Nun beginnt, sozusagen als zweite Welle politischer Rezension, die Motivforschung.

Die Frage, warum Trierweiler Revanche suchte, beantwortet sie auf fast jeder ihrer 320 Buchseiten. Nein, es sei nicht der schnöde Mammon, wie ihr einige Kritiker unterstellen, die auf die angeblich 500 000 Euro Vorschuss verweisen. "Geld war nie mein Motor", schreibt Trierweiler, um dann hinzuzufügen: "Aber ich habe eine tiefsitzende Furcht vor der Zukunft."

Halt findet sie nie - es gibt immer "die Andere"

Existenzangst und Selbstzweifel, das offenbart das Buch, beherrschen Trierweiler seit jeher. Das Mädchen aus der Provinz, fünftes von sechs Kindern eines Invaliden mit 790 Euro Rente und einer Mutter, die als Kassiererin an der Eisbahn ein wenig hinzuverdiente, hatte sich früh geschworen, nie wieder abhängig sein zu wollen. "Von niemandem!" Mit Ehrgeiz macht sie schnell Karriere, heiratet, bekommt drei Kinder - um dann 2005 eben doch in tiefste Abhängigkeit zu geraten. Da trifft und verfällt sie Hollande.

The book 'Merci Pour Ce Moment' written by French President Hollande's former companion Trierweiler is displayed in a bookstore in Paris

Trierweilers Buch "Merci pour le moment".

(Foto: Reuters)

Trierweiler gibt ihr Leben auf - und findet im Dasein an seiner Seite nie den Halt, den sie braucht. Denn da ist immer die andere: Ségolène Royal, die sozialistische Präsidentschaftskandidatin von 2007 und Hollandes langjährige Gefährtin. "Das Paar, das sind immer sie und er. Die Mutter seiner Kinder und seine offizielle Frau. Die illegitime Frau, das bin ich", schreibt sie. Trierweiler räumt offen ihre "brennende Eifersucht" ein, und sie fühlt sich ausgegrenzt von Hollandes sozialistischen Parteigängern. Ein tiefes Minderwertigkeitsgefühl zersetzt sie: "Indem ich überall Gegner sah, habe ich mir viele gemacht", schreibt sie.

Im Herbst 2012 schlug Hollande ihr sogar vor, zu heiraten

Und François Hollande lässt sie im Stich. 2011 Spitzenkandidat, 2012 Präsident. Je höher er aufsteigt, desto fremder und kälter erscheint er ihr: "Er entmenschlicht sich jeden Tag mehr." Trierweiler greift zu Medikamenten. Eines Tages sieht Hollande, wie sie Schlaftabletten schluckt. Der Präsident hilft ihr, das Gift auszuspucken - und lässt sie allein zurück. Kein Arzt.

Am nächsten Tag kommt die deutsche Kanzlerin zu Besuch ins Élysée, ihr François ruft auf dem Handy an: "Willst du mitkommen, Merkel zu begrüßen?" - "Wann?" - "In fünf Minuten." Trierweiler geht, findet die Deutsche "sympathisch", um sich hernach wieder einsam und ungeliebt zu fühlen. Im Herbst 2012 bietet er ihr die Ehe an, aber die geplante Hochzeit kurz vor Weihnachten fällt aus: "Da war schon Julie Gayet in seinem Leben, aber ich wusste es nicht."

François, die Person, kann sie nicht mehr erreichen. Also zielt sie auf Hollande, den Präsidenten. Ganz privat macht sie große Politik. Sie nennt sich "die Illegitime", und sie fühlt sich im Recht.

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