Berlin:Gericht verurteilt Abou-Chaker zu hoher Geldstrafe

Achtung Personen sind eigenstaendig unkenntlich zu machen Berlin den 09 11 2018 Prozess gege

Stand in Berlin vor Gericht: Arafat Abou-Chaker.

(Foto: Olaf Wagner/imago/Olaf Wagner)

Es geht um einen Hausmeister, der nicht grüßte. Und um Körperverletzung. Im Berufungsprozess kommt der Clanchef milder davon als in erster Instanz. Auch, weil ein Zeuge sich anders erinnert.

Von Verena Mayer, Berlin

Dass der Mann bekannt ist, merkte man schon auf dem Weg in den Gerichtssaal. Als im Januar der Prozess gegen Arafat Abou-Chaker wegen Körperverletzung beginnt, gibt es immer wieder junge Männer auf dem Flur, die mit dem Chef des gleichnamigen Berliner Familienclans Selfies machen wollen. Abou-Chaker selbst gibt sich vor Gericht bescheiden. Auf die Frage des Vorsitzenden, was er von Beruf sei, sagt er: "Ich habe Kfz-Mechaniker gelernt, jetzt bin ich selbständig." Könne man "Kaufmann" sagen, fragt der Richter. "Ja", sagt Abou-Chaker.

Für den 44-jährigen Kaufmann ist es nicht die erste Begegnung mit der Justiz. Gegen Abou-Chaker liefen bereits mehr als 30 Verfahren, die allesamt eingestellt wurden oder mit einem Freispruch endeten. Diese Begegnung ist seine folgenreichste. Das erste Verfahren vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten endete im Januar 2019 damit, dass Abou-Chaker zu seiner ersten Haftstrafe verurteilt wurde, zehn Monate auf Bewährung.

Der Clanchef soll einen Hausmeister, der ihn nicht grüßte, verletzt haben. Und danach nutzte die Berliner Staatsanwaltschaft die Gelegenheit, um einen Haftbefehl zu vollstrecken. Abou-Chaker sei "der Verabredung eines Verbrechens dringend tatverdächtig", hieß es damals, er soll eine Racheaktion gegen den Rapper Bushido geplant haben. Inzwischen wurde deswegen Anklage erhoben.

"Was ist los in Deutschland, warum grüßt mich keiner?"

Abou-Chaker kam im Januar 2019 nach einer sogenannten Saalverhaftung direkt ins Untersuchungsgefängnis. Nach zwei Wochen war er wegen fehlender Haftgründe wieder auf freiem Fuß und legte Berufung gegen das Hausmeister-Urteil ein. Im Berufungsprozess vor dem Berliner Landgericht wurde nun noch einmal aufgedröselt, was im Jahr 2018 am Spandauer Damm passiert war. Da betrat Abou-Chaker ein Haus, in dem eine Physiotherapiepraxis untergebracht war. Der Hausmeister reparierte mit zwei Handwerkern gerade die Fliesen, als Abou-Chaker ins Foyer kam und fragte: "Was ist los in Deutschland, warum grüßt mich keiner?"

Wie es dann weiterging - das will jeder anders gesehen haben. Der Hausmeister sagt, er habe zu Abou-Chaker "Beruhigen Sie sich" gesagt, worauf dieser ihn als "Hurensohn" beschimpfte und mit ihm im Fahrstuhl nach oben in die Physiotherapiepraxis fuhr. Dort sei "es eskaliert", Abou-Chaker habe ihm einen Stoß gegeben und zwei Finger in die Augen gebohrt, wodurch er einen Nasenbeinbruch und Augenprobleme davontrug. Der Inhaber der Physotherapiepraxis will jedoch beobachtet haben, dass der Hausmeister selbst Abou-Chaker wüst beschimpfte und die beiden dann "anfingen zu raufen".

Das habe bei der Polizei aber noch anders geklungen, sagt der Richter. Da habe er ausgesagt, Abou-Chaker sei auf den Hausmeister losgegangen und habe ihn zwei, drei Mal mit Fäusten geschlagen. Der Mann zuckt mit den Schultern. Zeugen, die sich plötzlich an etwas ganz anderes erinnern, sind nicht unüblich in Verfahren gegen kriminelle Clans.

90 Tagessätze à 165 Euro, fast 15 000 Euro

Auch zwei von der Verteidigung hinzugezogene Ärzte entlasten Abou-Chaker: Der Hausmeister könne sich das Nasenbein schon bei anderer Gelegenheit gebrochen haben, und die Augenverletzung sei ebenfalls nicht so schlimm.

Der Staatsanwalt fordert diesmal eine Geldstrafe, immerhin knapp 25 000 Euro. Die Verteidigung beantragt lediglich eine Verwarnung unter Strafvorbehalt. Sie glaubt: Hätte der Angeklagter einen anderen Namen, das Verfahren wäre längst eingestellt worden. Das Gericht verurteilt den Clanchef schließlich wegen Bedrohung und Körperverletzung zu 90 Tagessätzen à 165 Euro, fast 15 000 Euro.

Abou-Chaker muss also auch diesmal nicht ins Gefängnis. Aber es wird nicht sein letzter Auftritt vor Gericht gewesen sein.

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