Abgestürzte Air-France-Maschine:Der Katastrophen-Code

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Die geborgenen Trümmerteile stammen nicht von der Air-France-Maschine. Damit stehen Experten wieder am Anfang bei der Suche nach der Absturz-Ursache - der einzige Anhaltspunkt sind Zahlen.

Jens Flottau

Es sind nur Zahlenkolonnen und Abkürzungen, auf die sich derzeit die Unfallforscher konzentrieren können und hinter denen sich das Grauen des Absturzes verbirgt. "279002506F/CTL PRIM 1 FAULT" etwa hat Air-France-Flug 447 um 4.13 Uhr Ortszeit am vergangenen Montag an die Firmenzentrale nach Paris gefunkt.

Fehlermeldungen aus dem Cockpit der Unglücksmaschine - das sind die einzigen Anhaltspunkte, die Experten derzeit haben. (Foto: Foto: Reuters)

Die Zeile ist Teil der automatischen Fehlermeldungen, die der Süddeutschen Zeitung in Kopie vorliegen, und sagt aus, dass zu diesem Zeitpunkt einer der Hauptcomputer des Airbus A330 ausgefallen ist. Es folgen noch vier weitere Warnmeldungen, seither gibt es keine Spur mehr von dem Unfall.

Auch fünf Tage nach dem Absturz des Air France-Airbus vor der Küste von Brasilien, bei dem vermutlich alle 228 Insassen ums Leben gekommen sind, ist lediglich bekannt, dass saisonüblich schlechtes Wetter herrschte, welche Bordcomputer in welcher Reihenfolge ausgefallen sind und welche Systeme wann Fehler gemeldet haben. Daraus lassen sich zwar erste Rückschlüsse auf den Verlauf der letzten vier Flugminuten ziehen, aber Daten über Geschwindigkeit, Flughöhe oder geflogene Manöver wird es erst dann geben, wenn der Flugdatenschreiber ausgewertet worden ist.

Das Gerät liegt auf dem Meeresgrund und es sieht nicht so aus, als würde es dort schnell gefunden. Noch am Dienstag hatte der brasilianische Verteidigungsminister Nelson Jobim verkündet, seine Leute hätten Wrackteile entdeckt.

Die Zeit drängt

Doch nun hat sich herausgestellt, dass die Teile "mit hunderprozentiger Sicherheit nicht" zu dem Airbus gehören, so ein Sprecher der Luftwaffe. Diese hatte etwa eine Holzpalette für ein Flugzeugteil gehalten. Die französische Regierung reagierte verärgert: "Unsere Flugzeuge und Schiffe haben bislang gar nichts entdeckt, es waren unsere brasilianischen Freunde, die Dinge gesehen haben, von denen sie glaubten und behaupteten, dass sie zu dem Flugzeug gehörten", so Staatssekretär Dominique Bussereau.

Nach Überlebenden zu suchen, gilt zwar längst als aussichtslos. Dennoch drängt die Zeit: Die Batterien des Flugdatenschreibers reichen nur für etwa 30 Tage, danach kann das Gerät nicht mehr per Funk geortet werden. Schon jetzt ist es fraglich, ob das Gerät in über vier Kilometern Meerestiefe geborgen werden kann.

Keine Beweise für Pilotenfehler

Vor allem französische Medien spekulieren inzwischen über angebliche Pilotenfehler, denn das Flugzeug sei womöglich zu langsam geflogen. Dafür gibt es aber keinerlei Beweise. Allenfalls ein Eintrag in der Fehlerliste deutet darauf hin: Um 2.10 Uhr könnte sich der Autopilot ausgeschaltet haben.

Das geschieht unter anderem dann, wenn das Flugzeug seine Mindestgeschwindigkeit unterschreitet. Damit ist aber noch lange nicht bewiesen, dass die Piloten nicht aufgepasst haben. Denn in einem Gewittersturm kann die Geschwindigkeit stark schwanken.

Zwei Minuten später meldeten zudem die drei Computer, die Geschwindigkeit und Flughöhe ermitteln, divergierende Daten. Dies ist ein Phänomen, von dem Piloten oft berichten, wenn sie durch schlechtes Wetter fliegen. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass sich Eis an den Staudruckrohren angesetzt hat. In diesem Fall muss die Besatzung das Flugzeug durch ein Notverfahren stabil halten. Im Falle des Air-France-Fluges 447 war dies offensichtlich nicht mehr möglich.

© SZ vom 05.06.2009/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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