Aberglaube in Afrika:Albinos abgeschlachtet

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Ihre weiße Hautfarbe soll Glück bringen. Wegen dieses abstrusen Aberglaubens leben Albinos in Afrika gefährlich. In Tansania wurden vier Mörder zum Tode verurteilt.

Judith Raupp

Zuerst haben sie ihm die Kehle aufgeschlitzt, dann haben sie Kopf und Beine abgetrennt und den Körper in einen Graben geworfen. Lyaku Willy, 54, wurde im November des vergangenen Jahres in dem nordtansanischen Dorf Nkindwabuye ermordet. Sein Verhängnis: Er war Albino. Mit seinem Kopf und den Beinen wollten die vier Mörder ein Geschäft machen; doch sie wurden gefasst und zu Wochenbeginn vom Gericht in der Provinzstadt Shinyanga zum Tod durch Erhängen verurteilt.

Verhängnisvolle Hautfarbe: Eine Mutter mit ihrem Albino-Kind in einem Krankenhaus in Angola. (Foto: Foto: AP)

Albinos leben gefährlich in Tansania und in vielen anderen afrikanischen Ländern. Zwielichtige Wunderheiler behaupten, ihre Gliedmaßen würden Glück, Macht und Reichtum bringen. Kriminelle machen regelrecht Jagd auf die Menschen mit der bleichen Haut, um ihre Gliedmaßen zu verkaufen. "Sie schlachten uns ab wie Hühner", klagt die Generalsekretärin der tansanischen Albino-Gesellschaft Zihada Msembo. Selbst Kinder töten sie, manchmal vor den Augen ihrer Eltern. Die Knochen der Ermordeten landen in angeblichen Zaubertränken, ihre Haare flechten Fischer in Netze, weil sie glauben, dann mehr zu fangen. Die Haut eines Albinos kaufen verblendete Fanatiker für 2400 bis 9600 Dollar, je nach Alter des Opfers.

Albinismus ist Genfehler

Weltweit ist etwa einer von 20.000 Menschen ein Albino. In Tansania ist es einer von 3000. Sie haben aufgrund eines genetischen Fehlers farblose Haut, Augen und Haare. In Afrika fallen diese hellen Menschen besonders auf. "Sie werden ausgegrenzt, verspottet und getötet", erzählt Franck Alphonse, Leiter des Tanzania Albino Centers. Allein in diesem Jahr sind mehrere Dutzend Albinos in dem ostafrikanischen Land ermordet worden. Aus Angst vor den Schlächtern schicken viele Eltern ihre hellhäutigen Kinder nicht zur Schule oder in die Lehre - und geben sie damit der Armut preis.

"Das Schlimme ist, dass die Kriminellen von mächtigen Männern bis in Regierungskreise gedeckt werden", sagt Alphonse. Selbst hochrangige Beamte hingen dem Irrglauben an, die Gliedmaßen von Albinos würden ihre Macht bis an ihr Lebensende sichern. Alphonse begrüßt das Todesurteil für die Mörder. Es sei wichtig, hart gegen die Peiniger vorzugehen. Schon im September verurteilte ein tansanisches Gericht drei Männer wegen des Mordes an einem Albino-Jungen zum Tod. Allerdings sagt Alphonse auch, dass Aufklärung nötig sei: "Unwissenheit darüber, dass Albinos ganz normale Menschen sind, ist die Hauptursache für die Misere."

Die Regierung habe das Problem erkannt, berichtet die Pastorin Goldliver Rugumamu aus Arusha. Aber die Politiker engagierten sich noch zu wenig für einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung. Auch die Albinos selbst wüssten oft nicht, weshalb sie anders aussehen, erzählt sie. Viele schützen sich nur unzureichend vor der Sonne und erkranken an Hautkrebs. Und jene, die sich schützen wollen, haben das Problem, dass es in Tansania nur selten Sonnenmilch gibt.

© SZ vom 04.11.2009/abis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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