66-jährige Schweizerin entbindet Zwillinge:Spätes Mutterglück, große Empörung

Kritiker werfen ihr Egoismus und mangelndes Verantwortungsbewusstsein vor: In der Schweiz hat eine 66-Jährige nach einer künstlichen Befruchtung Zwillinge entbunden und damit eine hitzige Debatte über späte Mutterschaft ausgelöst. Noch ist über die Frau nur bekannt, dass sie als Pastorin gearbeitet hat - doch mit ihrer Anonymität könnte es bald vorbei sein.

Wolfgang Koydl, Zürich

Nein, eine Sünde ist es sicher nicht, wie das Schweizer Boulevardblatt Blick beklommen seine Leser fragte. Als die zehn Gebote verabschiedet wurden, war künstliche Befruchtung noch kein Thema, schon gar nicht für Mütter in einem - für damalige Verhältnisse - biblischen Alter. Aber gegen Schweizer Recht könnte die pensionierte protestantische Pastorin aus Graubünden durchaus verstoßen haben, die nun mit 66 Jahren per Kaiserschnitt von gesunden Zwillings-Jungen entbunden wurde und damit die älteste Mutter der Schweiz wurde.

66-jährige Schweizerin entbindet Zwillinge: "Älteste Mami der Schweiz": Das Boulevard-Blatt Blick illustriert einfallsreich das Alter der Pastorin und ihren doppelten Kindersegen.

"Älteste Mami der Schweiz": Das Boulevard-Blatt Blick illustriert einfallsreich das Alter der Pastorin und ihren doppelten Kindersegen.

Der Fall erregt die Eidgenossen, seitdem ihn der Sonntags-Blick bekanntgemacht hatte. Dabei überwiegen bei weitem Kritik und Ablehnung. Von "narzisstischer" Rücksichtslosigkeit, Egoismus und Verantwortungslosigkeit ist die Rede. Nur wenige Leser- und Hörerkommentare auf Zeitungswebseiten und in Radioprogrammen zeigen Verständnis für den "Mut" der Frau.

Die Identität der Mutter ist bislang nicht bekannt. Sie wolle "dieses Ereignis jetzt in aller Stille genießen", wurde sie von der Presse zitiert: "Das ist meine Privatangelegenheit." Doch mit der Diskretion dürfte es bald vorbei sein: Da die Ex-Pfarrerin in einem 1300-Seelen-Dorf im Prättigau lebt und bis zu ihrer Pensionierung eine noch kleinere Gemeinde im Engadin leitete, dürfte sie leicht zu identifizieren sein. Derzeit befinden sich Mutter und Söhne noch im Kantonskrankenhaus Chur, wo sie entbunden hatte.

Für den Kinderwunsch in die Ukraine

Soweit bekannt ist, erfüllte sich die unverheiratete Pastorin ihren Kinderwunsch in der Ukraine, wo ihr eine gespendete Eizelle eingesetzt wurde, die zuvor im Reagenzglas befruchtet worden war. Ein solcher Vorgang ist in der Schweiz wie auch in Deutschland verboten. Hier dürfen nur eigene Eizellen der Mutter verwendet werden.

Etwa jedes 100. bis 150. Baby entsteht europaweit durch künstliche Befruchtung. Anders als in Deutschland gibt es in der Eidgenossenschaft zudem eine Altersbegrenzung für derartige Eingriffe. Nach geltendem Recht ist künstliche Befruchtung dort nur gestattet, wenn die Eltern "aufgrund ihres Alters und ihrer persönlichen Verhältnisse voraussichtlich bis zur Mündigkeit der Kinder für deren Pflege und Erziehung sorgen können".

Im gegebenen Fall wäre die Mutter 84 Jahre alt, wenn ihre Söhne volljährig werden. Das entspricht der durchschnittlichen Lebenserwartung von Frauen in der Schweiz, sagt aber nichts darüber aus, in welcher Verfassung sich die neue Mutter zu diesem Zeitpunkt befinden wird.

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