Zwischenfall beim Landeanflug:Germanwings soll Notlage vertuscht haben

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Schwere Vorwürfe gegen Germanwings: Nachdem die beiden Piloten eines Flugzeugs mt 149 Menschen an Bord beinahe das Bewusstsein verloren hatten, wurden den ermittelnden Behörden wichtige Informationen vorenthalten. Das geht aus zwei Medienberichten hervor. Inzwischen wird der Vorfall untersucht.

Es soll beim Landeanflug passiert sein: Zwei Germanwings-Piloten hatten im Dezember 2010 möglicherweise mit einem Gasaustritt im Cockpit zu kämpfen. (Archivbild vom Flughafen Köln-Bonn) (Foto: dpa)

Bei der Lufthansa-Tochter Germanwings hat es nach Medienberichten einen möglicherweise gefährlichen Zwischenfall mit Gasen im Cockpit gegeben. Wie die Zeitung Die Welt und der Sender NDR Info berichten, hat sich der Notfall bereits im Dezember 2010 ereignet.

Die beiden Piloten des Airbus A319 hätten beim Landeanflug auf den Flughafen Köln-Bonn beinahe das Bewusstsein verloren, nachdem sich ein süßlicher Geruch im Cockpit ausgebreitet habe. Vermutlich handelte es sich dabei um austretendes Gas. Nur mit Mühe konnten die Piloten die Maschine mit 149 Menschen an Bord demnach sicher in Köln laden.

Das Flugzeug sei "offenbar haarscharf an einer Katastrophe" vorbeigeschrammt, berichteten Welt und NDR. Germanwings selbst sprach zwar von einem gravierenden Zwischenfall, betonte aber, dass alles unter Kontrolle geblieben sei.

Die Nachrichtenagentur dapd berichtet unter Berufung auf einen Konzernsprecher von einem zweiten ähnlichen Zwischenfall, der sich in Dublin ereignet haben soll.

Nach Recherchen von Welt und NDR soll die Fluglinie der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) zunächst wichtige Informationen vorenthalten haben. Germanwings bestreitet das. Das Unternehmen habe nichts vertuscht, hieß es an diesem Freitag. "Wir haben nichts vertuscht, nichts heruntergespielt", sagte er. Der Pilot habe noch im Cockpit ein Meldeformular ausgefüllt, und Germanwings habe den Vorfall selbst als "gravierend" eingestuft.

Jederzeit alles unter Kontrolle

Erst nachdem die Behörde Ende 2011 erhielt die BFU weitere Informationen und nahm die Untersuchung auf. Mittlerweile liegt ein Zwischenbericht vor. Der Copilot habe sich in der Tat unwohl gefühlt, bestätigte Germanwings-Sprecher Heinz Joachim Schöttes. "Der Pilot, mit dem wir jetzt noch mal gesprochen haben, sagt, er habe kurzfristig leichte Beeinträchtigungen gehabt, die sofort nach dem Aufsetzen der Sauerstoffmaske nachgelassen haben. Er habe jederzeit alles unter Kontrolle gehabt."

Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung veröffentlichte auf ihrer Webseite einen Zwischenbericht zu dem Vorfall, der dort als "schwere Störung" eingestuft wird. Unter anderem heißt es: "Beide Flugzeugführer beschrieben ihre Verfassung kurz vor der Landung als surrealistisch und wie in einem Traum." Der Copilot sei nicht mehr in der Lage gewesen, die Landung zu beeinflussen, und der Pilot sei "am Ende seiner Leistungsfähigkeit" gewesen. "Während des gesamten Anfluges fühlte er sich körperlich sehr schlecht", heißt es in dem Bericht.

Jörg Handwerg, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, sagte der Nachrichtenagentur dpa, es müsse Öldampf in die Kabinenluft gelangt sein. Cockpit setze sich seit Jahren dafür ein, dass die Luftversorgung geändert werde. Auf die Frage, warum das Ganze erst jetzt mit bald zweijähriger Verspätung herauskomme, sagte Handwerg: "Es ist sicherlich nicht im Interesse der Industrie und nicht im Interesse der deutschen Politik, dass dieser Vorgang überhaupt an die Öffentlichkeit geraten ist."

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