Twitter-Kampagne #FacesofProstitution:Sexarbeit muss nicht Zwangsarbeit sein

Twitter-Kampagne #FacesofProstitution: Von der Prostituierten zur Gesellschaftsdame: Julia Roberts in "Pretty Woman"

Von der Prostituierten zur Gesellschaftsdame: Julia Roberts in "Pretty Woman"

(Foto: imago stock&people)

"Mein Leben, mein Körper, meine Entscheidung": Hunderte Menschen, die im Sexgewerbe arbeiten, betonen auf Twitter ihre Selbstbestimmtheit. Sie wehren sich gegen die Vorstellung, dass Prostitution stets mit Unterdrückung verbunden sei.

Von Julia Rathcke

Wie sehen Menschen aus, die mit Sex ihr Geld verdienen? Warum tun sie das überhaupt? Und kann man sowas wirklich wollen? Kann man. Sagen jetzt Hunderte Frauen und Männer auf Twitter und posten Bilder von sich unter dem Hashtag #FacesofProstitution. Sexarbeit hat viele Gesichter, das ist die Botschaft.

"Studentin, angehende Anwältin, Tochter, Schwester, Sexarbeiterin", schreibt eine 21-jährige Studentin aus Sydney, die sich Tilly Lawles nennt und die Twitter-Kampagne begonnen hat. Mit Sex Geld zu verdienen, würde sie nicht mehr oder weniger zufrieden machen, als zu kellnern oder als Babysitterin zu jobben, sagte sie im Interview mit der BBC. Viele arbeiteten in der Sexbranche hauptsächlich wegen des Geldes, sagt Tilly Lawles, so wie die meisten Menschen in einer kapitalistischen Gesellschaft. Dass sich jeder selbst aussuchen könne, womit er sein Geld verdient, sei ein Privileg. Darum gehe es.

Anlass für Lawles' Kampagne war der Blogeintrag der Australierin Laila Mickelwait zum 25-jährigen Filmjubiläum von "Pretty Woman" - jener Hollywood-Romanze, in der sich die von Julia Roberts gespielte Prostituierte in ihren von Richard Gere gespielten Freier verliebt. Im Jahr 1990 der meistgesehene Kinofilm in vielen Ländern, auch in Deutschland. In ihrem Beitrag "The reality of pretty woman" schrieb Mickelwait: "Prostitution ist keine romantische Fantasie, sondern eine tragische Horrorgeschichte." Viele junge naive Frauen hätten sich vom Hollywood-Märchen in die Branche locken lassen.

So wie die Sexarbeiterin Stephanie, schreibt Mickelwait, die nicht von einem reichen Mann aus Liebe gerettet, sondern misshandelt, ausgeraubt und vergewaltigt worden sei. Zu sehen ist das mutmaßliche Opfer auf einem Bild unter dem Beitrag, in Unterwäsche, mager und mit blauen Flecken - daneben Julia Roberts als Vergleich.

Dass alle die Frauen, die im Gewerbe tätig sind, zur Prostitution gezwungen und unterdrückt würden, sei ein Mythos, sagt dagegen die australische Sexarbeiterin Lawles. Die Bilder unter dem Hashtag #FacesofProstitution stammen von jungen Frauen aus aller Welt, mal angezogen, mal halbnackt - aber immer: lächelnd.

"Mein Leben, mein Körper, meine Entscheidung", heißt es in einem der Tweets. Eine Forderung, die auch als Überschrift über der Aktion stehen könnte.

Nicht über die Arbeit als Prostituierte zu twittern, so wie es Millionen andere Sexarbeiterinnen (und Sexarbeiter) auf der ganzen Welt tun, ist aber auch eine Entscheidung. Und die hat wahrscheinlich Gründe.

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