Nach Taifun "Haiyan":Schießerei bei Massenbegräbnis auf den Philippinen

Relief Efforts Continue After Typhoon Haiyan's Destruction

Überlebende des Taifuns Haiyan auf der Suche nach Lebensmitteln und Wasser.

(Foto: Getty Images)

Im Katastrophengebiet auf den Philippinen haben die Behörden immer größere Schwierigkeiten, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Bei einem Massenbegräbnis in Tacloban setzte die Polizei Schusswaffen gegen die aufgebrachte Bevölkerung ein. Die Bergung der Verstorbenen wird durch den Mangel an Leichensäcken stark verzögert.

Dramatische Szenen haben sich am Dienstag auf den Philippinen abgespielt: Tausende Menschen stürmten ein Reis-Lager auf der verwüsteten Insel Leyte und trugen 129.000 Säcke Reis mit jeweils 50 Kilo Inhalt davon. Währenddessen seien acht Menschen von einer einstürzenden Mauer erschlagen worden, sagte Rex Estoperez, Sprecher der nationalen Nahrungsmittelbehörde.

Ein Behördensprecher bezifferte den Schaden der Plünderungen in Alangalang etwa 25 Kilometer außerhalb von Tacloban auf umgerechnet etwa 21 Millionen Euro. "Wir appellieren an diejenigen, die Reissäcke mitgenommen haben, sie mit anderen zu teilen und nicht zu verkaufen", sagte er.

Nach einer Schießerei in Tacloban haben die Behörden zudem eine Massenbestattung von Taifun-Opfern gestoppt. Die Gräber seien bereits ausgehoben und ein Laster voller Leichen auf dem Weg dorthin gewesen, als die Polizei ihn zur Umkehr zwang, sagte Alfred Romualdez, der Bürgermeister der besonders stark von dem Unwetter betroffenen Stadt Tacloban auf der Insel Leyte. Die Beamten hätten damit auf Schüsse reagiert. Die Behörden haben zunehmend Mühe, die Lage in den Sturmgebieten unter Kontrolle zu halten. Viele Einwohner sind aufgebracht, weil sie nichts zu essen und kein sauberes Trinkwasser haben.

Heftiger Regen erschwert Rettungsarbeiten

In Tacloban liegen immer noch zahlreiche Todesopfer in den Straßen. Ihre Bergung wurde nach Behördenangaben auch durch den Mangel an Leichensäcken verzögert. Korrespondenten zufolge hing ein Leichengeruch über der Stadt. Ärzte warnen, dass die verwesenden Körper angesichts der tropischen Hitze auf den Philippinen leicht zu einem Krankheitsherd werden könnten.

Am durch den Sturm ebenfalls stark beschädigten Flughafen von Tacloban drängten sich zahlreiche Menschen, um einen Platz in einem der Flüge hinaus aus dem Katastrophengebiet zu ergattern. "Alle sind in Panik", sagte die Militärärztin Emily Chang. "Sie sagen, dass es kein Essen gibt, kein Wasser, sie wollen hier weg." Bislang sei die Zahl der Flüge von und nach Tacloban noch sehr "begrenzt" und die Fähren überlastet, bestätigte ein Sprecher des internationalen Roten Kreuzes. Angeline Conchas berichtete, sie warte mit ihrer siebenjährigen Tochter schon seit drei Tagen auf dem Flughafen, habe aber immer noch keine Wartenummer für einen der Flüge ergattert. "Wir werden vielleicht vor Hunger sterben", sagte die Frau.

Philippinischer Präsident telefoniert mit Merkel

Die Katastrophenschutzbehörde gab am Mittwoch 2275 Todesopfer an. Sie listet nur bestätigte Fälle auf und gibt keine Schätzungen. Das tat hingegen Präsident Benigno Aquino, der sich seit Anfang der Woche geweigert hatte, die von einem Lokalbeamten genannte Zahl von 10.000 Opfern zu akzeptieren. Die Zahl sei viel zu hoch, so Aquino. Er rechne mit 2000 bis 2500 Toten, sagte er dem Sender CNN.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte den Philippinen in einem Telefonat mit Aquino auch längerfristig Hilfe zu.

Nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde wurden mindestens 2623 Menschen verletzt. Im Notstandsgebiet sind inzwischen mobile Einheiten mit Ärzten und Pflegern unterwegs, um den Menschen Erste Hilfe zu leisten - unter ihnen auch Teams aus Deutschland. Schlechtes Wetter macht die Versorgung der Überlebenden jedoch weiterhin schwierig. Heftiger Regen hat viele der Trümmerfelder, in denen Menschen meist unter freiem Himmel hausen, unter Wasser gesetzt. Am Mittwoch hellte es sich in der Region um Tacloban zunächst auf, aber der Wetterdienst rechnet in den kommenden Tagen mit weiteren Regenfällen.

Linktipp: In diesem BBC-Video erklärt ein Meteorologe, wie Taifun Haiyan so groß werden konnte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: