Leben nach der Politik:"Ich bin schon dabei, dem Herrn Oettinger einen Brief zu schreiben"

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Jochen Haußmann ist Landtagsabgeordneter für die FDP in Baden-Württemberg. Sein Hobby Akkordeonspielen nutzt er auch beim Politischen Aschermittwoch.

(Foto: Kiessling; oh)

Der EU-Kommissar denkt über das Ende seiner Brüsseler Karriere nach und sagt, wenn er nicht bald den Absprung in die Wirtschaft schaffe, könne er "höchstens noch Präsident des Harmonikaverbandes Nordwürttemberg werden". Aber was hält der davon?

Interview von Oliver Klasen

Günther Oettinger, EU-Kommissar aus Baden-Württemberg, hat dieser Tage in einem Interview gesagt, er wolle Brüssel bald den Rücken kehren. Wenn er jetzt, mit 64, nicht in die Wirtschaft wechsele, dann könne er in ein paar Jahren "höchstens noch Präsident des Harmonikaverbandes Nordwürttemberg werden". Aber ob er da Chancen hätte?

SZ: Herr Haußmann, Sie sind Präsident des Deutschen Harmonikaverbandes. Könnten Sie sich vorstellen, den scheidenden EU-Kommissar in Nordwürttemberg unterzubringen?

Jochen Haußmann: Wir hätten auf jeden Fall genug Funktionen, um jemanden wie den Herrn Oettinger aufzunehmen. Ich habe mich mit dem Präsidenten des Landesmusikverbandes Baden-Württemberg kurzgeschlossen. Wir laden Herrn Oettinger zu unserem Harmonika-Festival ein und lassen ihm einen Gutschein zukommen, für unser Vereinsmanagement-Seminar. "Mitspielen in der Zukunft" heißt das.

Aha, das heißt, der Satz hat Sie schon erreicht und Sie diskutieren intern darüber?

Ja, das hat mich im Urlaub erreicht, und ich bin auch schon dabei, dem Herrn Oettinger einen Brief zu schreiben. Ich will ihn fragen, ob er mitwirken möchte, Jugendliche für die Musik zu begeistern. Die Türen stünden ihm offen.

Das heißt, Sie fühlen sich nicht gekränkt durch seine Aussage?

Im Gegenteil. Wir freuen uns, dass er den Harmonikaverband in die mediale Öffentlichkeit gebracht hat. Und jetzt drehen wir den Spieß herum und hoffen, dass wir ihn für uns gewinnen können.

Präsident des Harmonikaverbandes, ist das ein Vollzeitjob oder kann man das nebenbei machen?

Wir haben Hunderte Ehrenamtliche, die das neben ihrer sonstigen Tätigkeit machen. Und, was den Herrn Oettinger betrifft, eine Funktion im Harmonikaverband kann ein wunderbarer Ausgleich sein neben einem Posten in der Wirtschaft.

Für diejenigen, die nicht so drin sind in der Materie, welche Art Musiker vertreten Sie?

Alle Harmonika-Musiker, also Mundharmonika- und Akkordeonspieler. Wir sind der zweitgrößte Laienmusikverband mit Instrumenten in Deutschland. Wir haben 90 000 Mitglieder in mehr als 1100 Vereinen, Ensembles und Orchestern.

Was macht ein Harmonika-Präsident?

Ein wichtiger Part ist das Repräsentieren nach außen. Sie können sich vorstellen, bei 1100 Vereinen muss man allerlei Ehrungen vornehmen. Man vertritt den Deutschen Harmonikaverband in den Gremien des Kulturrates, des Musikrates und im Landesmusikverband. Man veranstaltet Konzerte, man kümmert sich um die Ausbildungsstrukturen, um das Vereinsmanagement, und dann hat man noch eine Geschäftsstelle zu betreuen.

Wissen Sie denn, ob Herr Oettinger ein Instrument beherrscht?

Das kriegen wir noch raus. Aber es ist als Funktionär ohnehin nicht zwingend nötig.

Spielen Sie denn eins?

Akkordeon, seit meinem achten Lebensjahr. Ich war viele Jahre in einem Orchester. Das ist jetzt zeitlich schwierig, aber ab und zu hab ich mein Instrument noch im Einsatz, etwa beim Politischen Aschermittwoch. Das hat ein besonderes Flair.

Oettinger spricht ja nicht so gerne Englisch. Wäre das ein Problem? Ihre Gruppen sind sicher international unterwegs.

Es ist bestimmt kein Fehler, wenn man ein wenig Englisch und vielleicht auch Französisch kann. Aber in unseren Reihen sind viele eher Künstler als Sprachtalente. Irgendjemand kann immer übersetzen. Außerdem glaube ich, dass Herr Oettinger inzwischen ganz gut Englisch kann.

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