Kaserne:Obama-Besuch: Polizisten ekeln sich vor Unterkunft

  • Wegen angeblich unhaltbarer hygienischer Zustände haben sich Bereitschaftspolizisten geweigert, in der ihnen zugewiesenen Kaserne zu übernachten.
  • Einige von ihnen hatten Fotos in sozialen Netzwerken veröffentlicht und so Druck auf die Einsatzleitung ausgeübt.
  • Die Einrichtung war zuvor als Flüchtlingsunterkunft genutzt worden.

Blut auf Matratzen, Kot und Urin auf dem Boden, Erbrochenes an den Wänden: Drei Hundertschaften der nordrhein-westfälischen Bereitschaftspolizei haben sich geweigert, in Hameln in der Unterkunft zu übernachten, die ihnen für ihren Einsatz während des Besuchs von US-Präsident Barack Obama zugewiesen worden war.

Die Kaserne Linsingen hatte bis vor Kurzem als Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge gedient. "Das war wirklich unzumutbar", sagte einer der Beamten am Sonntag. Die Einsatzplanung sei am Freitag erst auf Druck der Medien bereit gewesen, eine alternative Übernachtungsmöglichkeit zu suchen.

"Und dann sollen wir bei dem Obama-Besuch eine gute Figur abgeben", sagte der Beamte, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Die Einsatzkräfte seien enttäuscht von der schlechten Planung, denn auch in der Nacht auf Samstag seien sie in einer ehemaligen Flüchtlingsunterkunft eingebucht gewesen.

Für Füchtlinge gut genug, für Polizeibeamte unzumutbar?

Erneut habe es viele Diskussionen gegeben, bis die Planer eine Alternative - ein Hotel in Hildesheim - angeboten hätten. "Damit nicht genug: Wir wissen noch nicht, wo wir heute Nacht wohnen werden", sagte der Beamte weiter.

Einige Polizisten hatten zuvor in sozialen Netzwerken Fotos aus der Kaserne veröffentlicht. Der zuständige Landrat Tjark Bartels kritisierte das als "massiv verzerrte öffentliche Darstellung", mit der Einzelne ihrem Unmut freien Lauf gelassen hätten. "So bringt man unberechtigt und wohl ungewollt vorherige Nutzer - Schutzsuchende beziehungsweise Angehörige der britischen Streitkräfte - in Misskredit", hieß es in der Mitteilung des Landkreises.

"Obwohl sich die Einrichtung insgesamt in einem guten Gesamtzustand befindet, gab es ganz offensichtlich Reinigungsmängel, für die wir uns entschuldigen", sagte Landrat Bartels, am Sonntag über die Kaserne. Die Einrichtungsleitung habe sich sofort darum bemüht, Mängel abzustellen. Auch die Einsatzleitung der Polizei habe die Kaserne als geeignet befunden und ein Polizeiarzt aus Nordrhein-Westfalen habe keine bedenklichen Hygienemängel feststellen können.

Die nordrhein-westfälischen Gewerkschaft der Polizei (GdP) bestätigte am Sonntag die Vorfälle. Unmittelbar nach Bekanntwerden der "skandalösen hygienischen Situation" habe sich Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) eingeschaltet und auf eine andere Unterbringung der Beamten bestanden, teilte die GdP mit.

Während des Besuchs von Obama in Hannover sind Tausende Polizisten aus mehreren Bundesländern eingesetzt. Wegen der Hannover Messe sind jedoch fast alle Hotelzimmer belegt.

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