IAEA kritisiert:Japan hat Tsunami-Gefahr unterschätzt

Die Atomenergiebehörde hat der Regierung in Tokio schwere Versäumnisse vorgeworfen - sie habe die Gefahr für das Atomkraftwerk Fukushima unterschätzt. Auf die Krise habe Japan aber "beispielhaft" reagiert.

Japan hat nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) die Gefahr für das Küstengebiet am Atomkraftwerk Fukushima durch einen massiven Tsunami unterschätzt. Das geht aus einem Bericht der IAEA zur Atomkrise hervor.

IAEA fact-finding mission team leader Weightman shakes hands with Hosono, special advisor to Japanese Prime Minister Naoto Kan, in Tokyo

Händeschütteln mit einem Berater der japanischen Regierung: Die IAEA lobt in einem Bericht den beispielhaften Umgang mit der Krise.

(Foto: REUTERS)

Der 14 Meter hohe Tsunami in Folge des Megabebens vom 11. März sei ganz offensichtlich die direkte Ursache für das Desaster im AKW Fukushima, erklärte der Chef des IAEA-Teams, Michael Weightman, laut Medien. Eine Analyse des Energiekonzerns Tepco war vor zwei Wochen zu einem anderen Ergebnis gekommen: Die Kernschmelze im AKW Fukushima-1 habe direkt nach dem Erdbeben begonnen, hieß es damals.

Die Tsunami-Gefahr für mehrere Standorte sei falsch eingeschätzt worden, erklärte nun die IAEA. Um ähnliche Unfälle in Zukunft zu vermeiden, müssten weitere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, forderten die Experten. Das 18-köpfiges Team hatte zehn Tage lang in Japan die schwerste Atomkatastrophe seit Tschernobyl untersucht.

Lob gab es dagegen für den Umgang Japans mit der Krise - dieser sei "beispielhaft" gewesen. Zugleich mahnte die Behörde aber laut der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo eine bessere Kommunikation an. Zudem sprach sich das Team für die Schaffung einer unabhängigen Atomaufsicht aus.

Fukushima-Betreiber Tepco und die japanische Regierung hatten wegen ihrer zögerlichen Informationspolitik immer wieder heftige Kritik ausgelöst - unter anderem hatte Greenpeace ihnen Betrug vorgeworfen. Die Betreibergesellschaft hatte erst vergangene Woche zugegeben, dass es nicht nur in einem, sondern in drei Reaktoren zu einer Kernschmelze gekommen ist. Sie bestätigten damit viel früher getroffene Einschätzungen zahlreicher unabhängiger Experten.

Noch immer tritt aus der Atomruine Fukushima radioaktive Strahlung aus. Wann die Anlage unter Kontrolle gebracht werden kann, ist derzeit noch nicht absehbar. Der vollständige Bericht der IAEA soll auf einer Konferenz in Wien vom 20. bis zum 24. Juni vorgestellt werden. Sie forderten, aus dem Unglück in Japan müssten weltweit Lehren gezogen werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: