Baden-Württemberg:Klebe-Tattoos gegen sexuelle Belästigung in Schwimmbädern

Präventionsprojekt gegen Belästigung in Schwimmbädern

So sieht das Klebetattoo aus, das eine Warnung sein soll an potenzielle Grapscher.

(Foto: dpa)

"Mein Körper gehört mir!" - das sollen Jugendliche im Bodenseekreis durch Abziehbildchen und einen Comic lernen. Die Aufklärung sei wichtig, sagt die Organisatorin, auch wenn es zum Glück keinen aktuellen Anlass für die Aktion gebe.

Nicht glotzen und vor allem: Finger weg. In Schwimmbädern am Bodensee sollen Klebetattoos mit zwei kleinen Flügeln, Krallen und dem Schriftzug "No" genau das ausdrücken. Die abwaschbaren Abziehbildchen sollen eine Warnung sein an potenzielle Grapscher, zugleich aber auch eine Bestärkung für Kinder und Jugendliche, sich zu wehren, wenn ihnen jemand zu nahe tritt.

"Nein! Nicht mit mir!" ist das Motto der Präventionskampagne gegen sexuelle Belästigung, die der Bodenseekreis gerade in Frei- und Hallenbädern und Thermen begonnen hat. Veronika Wäscher-Göggerle hat sie ins Leben gerufen. Die Frauen- und Familienbeauftragte des Landkreises sieht darin in erster Linie eine Hilfestellung vor allem für junge Badegäste, also Kinder und Jugendliche. Was ist normal im täglichen Miteinander? Was muss man sich dagegen nicht gefallen lassen - und was sollte gemeldet werden? Das soll eine Art Comic erläutern, der künftig in den Bädern ausliegt. Das Klebe-Tattoo gibt es dazu, als Anreiz für die jungen Badegäste, sich mit dem Thema zu beschäftigen. "Das Tattoo soll sagen: 'Mein Körper gehört mir! Und niemand hat das Recht, mich anzugrapschen'", sagt Wäscher-Göggerle am Telefon.

Da die Kampagne gerade erst anläuft, hat Wäscher-Göggerle noch keine Rückmeldung, wie gut die Aktion angenommen wird. "Wie viele Jugendliche jetzt tatsächlich mit den Flügeln auf dem Arm rumlaufen, kann ich noch nicht sagen."

Seit Silvester sind sexuelle Belästigungen ein Dauerthema

Einen konkreten Anlass für die Kampagne gibt es - zum Glück - nicht. "Ich mache auch in anderen Bereichen meines Aufgabenbereichs solche Kampagnen", sagt Wäscher-Göggerle. "Aber es ist natürlich schon der allgemeinen Präsenz des Themas geschuldet". Seit der Silvesternacht von Köln und ähnlichen Vorfällen in den Wochen danach sind sexuelle Belästigungen ein Dauerthema - Schwimmbäder stehen besonders im Fokus. Nach mehreren sexuellen Übergriffen in einem Freibad in Kirchheim/Teck (Kreis Esslingen) engagierte die Kommune private Sicherheitsleute, auch in Stuttgarter Bädern sind jetzt welche unterwegs. Vor allem die Bäder selbst betonen aber: Es gibt Fälle von sexueller Belästigung, aber im Prinzip sei nichts anders als früher, abgesehen vielleicht von der gestiegenen Aufmerksamkeit. "Es gibt keine Auffälligkeiten", sagt Joachim Heuser von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen, weder bei der Zahl der Taten noch bei der oft unterstellten Beteiligung von Flüchtlingen.

Deren fehlende Erfahrung mit Schwimmbädern sei ein viel größeres Problem, wenn es um die richtige Badekleidung und die Einschätzung der Wassertiefe gehe. Viele könnten gar nicht schwimmen. Das Innenministerium betont, die Zahl der erfassten sexuellen Übergriffe in Schwimmbädern schwanke zwar, habe sich in den vergangenen fünf Jahren aber nicht nennenswert geändert.

Veronika Wäscher-Göggerle will ihre Aktion losgelöst sehen vom Thema Flüchtlinge. "Das ist völlig unabhängig", sagt sie. "Sexuelle Belästigung in Bädern hat es schon immer gegeben." Stephanie Ackermann, Leiterin der Fachberatungsstelle bei sexuellem Missbrauch in Heilbronn, sieht das ähnlich. "Es ist nichts, das jetzt plötzlich auftritt", sagt sie.

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