Süddeutsche Zeitung

Wegen U-Bahnbau:Fertigstellung der zweiten Stammstrecke könnte sich verzögern

  • Sollte sich der Stadtrat im Sommer für den Rohbau einer späteren Station der geplanten U-Bahnlinie 9 entscheiden, kommt die zweite Stammstrecke wohl erst im Jahr 2028. Das sind etwa zwei Jahre später als geplant.
  • Das Bauen würde für die Bahn einfacher werden, sie könnte die jetzige Baugrube vergrößern.
  • Außerdem würde die Konstruktion des neuen Bahnhofs passagierfreundlicher werden, wirbt die Bahn.

Von Andreas Schubert

Die zweite S-Bahn-Stammstrecke könnte deutlich später in Betrieb gehen als bisher bekannt. Der Grund: Sollte die Stadt beschließen, dass am Hauptbahnhof schon einmal der Rohbau einer späteren Station der geplanten Linie U 9 errichtet werden soll, wird dort großzügig umgeplant. Das wird die Fertigstellung der Stammstrecke um etwa zwei Jahre auf 2028 verzögern, wie die Bahn bestätigt.

Diesen Sommer muss der Stadtrat entscheiden, ob dieser geplante Rohbau für die U 9 tatsächlich errichtet wird. Stimmt das Gremium dagegen, bleibt auch bei der Stammstrecke laut Bahn-Projektleiter Markus Kretschmer alles beim Alten und sie wird wie vorgesehen im Jahr 2026 fertig. Aktuell aber hat die Bahn den Rohbau von Tunnel und S-Bahnsteig am Hauptbahnhof ausgeschrieben - mitsamt U-9-Station. Die Ausschreibung sieht eine Fertigstellung spätestens zum Mai 2027 vor. Bis der S-Bahn-Tunnel komplett fertig ist, dauert es dann noch ein weiteres Jahr.

Kommt die U 9, würde die Konstruktion des neuen Bahnhofs passagierfreundlicher, wirbt Kretschmer. Auf drei unterirdischen Ebenen könnten sich die Passagiere zwischen den einzelnen Gebäudetrakten bewegen, ohne dazu erst ins Sperrengeschoss wechseln zu müssen. Zugleich würde das Bauen für die Bahn einfacher: Sie könnte die jetzige Baugrube vergrößern und in der sogenannten Deckelbauweise vorgehen. Das heißt: Die Arbeiter graben sich von oben nach unten. Bergmännisch zu graben, wie bislang vorgesehen, ist teurer und aufwendiger.

Trotz dieser Vorteile: Mit der U 9 würde sich die ersehnte Entlastung der S-Bahn verschieben - um etwa zwei Jahre. Die Firmen, die unterirdisch die Röhre bohren, sind vertraglich zur Fertigstellung bis zum 16. November 2026 verpflichtet. Doch wie geht das zusammen mit dem stets kommunizierten Einweihungstermin 2026, wenn im Tunnel noch Gleise verlegt werden müssen? Kretschmer erklärt, die vertragliche Verpflichtung bedeute nicht unbedingt, dass die Firmen wirklich so lange brauchen. Aber erst von diesem festgelegten Datum an müssten die Auftragnehmer Vertragsstrafe, die sogenannte Pönale, zahlen. Man habe deshalb bei den Terminen großzügig kalkuliert, nicht zuletzt aus Kostengründen. "Die Baufirmen kalkulieren die Pönale bei einem straffen Terminplan gleich versteckt mit ein", rechtfertigt Kretschmer die weit nach hinten gerückten Termine.

Die schon länger kursierenden Gerüchte, die geplante Station am Ostbahnhof werde auf die andere Seite der Gleise, Richtung Werksviertel, verlegt, kommentiert Kretschmer nicht. Dennoch scheint es Planungen zu geben, den Bahnhof nicht am Orleansplatz zu bauen, wie Insider berichten. Das würde nach Einschätzung von Experten die Eröffnung der zweiten Stammstrecke auch nicht mehr verzögern als der Rohbau der U-9-Station. Und: Teurer würde das Projekt in diesem Fall wohl auch nicht, beteuert Kretschmer.

Der Grünen-Abgeordnete Martin Runge, bekannt als scharfer Kritiker der S-Bahn-Röhre, ist wegen der Planungen empört, nicht zuletzt, weil das Verkehrsministerium behauptet, von der Verzögerung nichts zu wissen. Er befürchtet immense Kostensteigerungen und fordert, das Projekt einzustellen.

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SZ vom 25.01.2019/baso
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