Zweite Stammstrecke:Dobrindt will den Tunnel bohren

"Ein Limit kenne ich bisher nicht": Bundesverkehrsminister Dobrindt steht zum umstrittenen Bau einer zweiten Stammstrecke - trotz Kostensteigerungen. Kritiker warnen allerdings, dass das haushaltsrechtlich schwierig zu meistern sein könnte.

Von Marco Völklein

Wie geht es denn nun weiter mit der geplanten zweiten S-Bahn-Stammstrecke? Aus einer konzerninternen Übersicht geht zwar hervor, dass der Tunnel voraussichtlich 2,57 Milliarden Euro kosten und damit den bislang angesetzte Kostendeckel von 2,5 Milliarden sprengen wird; die zuständigen Politiker allerdings halten weiter an dem Großprojekt fest.

So kündigte der neue Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) an, er sei trotz der sich abzeichnenden Kostensteigerungen gesprächsbereit. "Ein Limit kenne ich bisher nicht", sagte Dobrindt dem Münchner Merkur. Mehr noch: "Die zweite Stammstrecke hat hohe Priorität bei mir", erklärte der Minister am Wochenende. Sollte es Mehrkosten zu schultern geben, "muss man sich über die Finanzierung unterhalten".

Genau das hatte Dobrindts Vorgänger und Parteikollege Peter Ramsauer ja getan - und zusammen mit dem damaligen bayerischen Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) und dem damaligen Münchner OB Christian Ude (SPD) im November 2012 einen mehr als wackligen Finanzierungsplan gezimmert: So sollen dem Schienenprojekt nicht nur zusätzliche Mittel aus dem Bundes- und dem Landeshaushalt zufließen, vielmehr noch wollen alle drei Partner, also Bund, Freistaat und Stadt, ein Großdarlehen von knapp 500 Millionen Euro vom Flughafen zurückfordern und in die Röhre umlenken.

Baubeginn ist unklar

Nicht nur haben zum Beispiel die Grünen oder die Freien Wähler erhebliche Bedenken, dass dies haushaltsrechtlich schwierig zu meistern sein könnte. Nach der neuesten Übersicht der Bahn, die die Kosten für das Projekt ja auf 2,57 Milliarden Euro taxiert, reicht all das mühsam zusammengeklaubte Geld ohnehin nicht aus, um den zweiten Tunnel bezahlen zu können. Dennoch will Dobrindt "sich über die Finanzierung unterhalten".

Völlig unklar ist allerdings auch noch, wann die Bahn überhaupt mit dem Bau beginnen kann. Noch immer liegt nur für einen der drei Hauptbauabschnitte eine rechtsgültige Baugenehmigung vor. Zwar rechnet der neue bayerische Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) noch heuer damit, dass auch für die beiden anderen Abschnitte der Planfeststellungsbeschluss, also die Baugenehmigung, erteilt wird. Doch dann haben Anwohner, vor allem aus Haidhausen, bereits mit Klagen gedroht. Ein Baubeginn im Jahr 2015, wie einst von Zeil angekündigt, ist so gut wie unmöglich - und damit verschiebt sich auch die ursprünglich an diesem Datum ausgerichtete Kostenkalkulation.

Tunnelgegner fordern ohnehin, die Kosten-Nutzen-Rechnung des Projekts noch einmal neu durchzugehen - angesichts der mittlerweile bekannt gewordenen Kostensteigerungen könnte eine Neuberechnung das Projekt kippen. Denn zuletzt hatte die Röhre es nur knapp über den kritischen Wert geschafft, ab dem der Bund das Projekt überhaupt fördert. Aber darüber lässt sich ja sicher mit Dobrindt ebenfalls reden.

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