Zwei Morde, ein Täter?:Die falsche Spur

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Der Oberstaatsanwalt ist sich sicher: Der DNS-Fund im Mordfall Böhringer, der auf den spektakulären Entführungsfall vor 26 Jahren verweist, ist ein Ermittlungsfehler.

Susi Wimmer

Mord, so sagen die Ermittler, Mord verjährt nie. Und so hat auch der Mörder der Münchner Seniorin, wegen ihrer Vorliebe ,,Rotwein-Sophie'' genannt, kräftig geschluckt, als die Polizei gut zehn Jahre nach der Tat vor seiner Haustüre stand und ihn festnahm. Der Täter hatte eine Zigarettenkippe in Sophies Wohnung zurückgelassen. Damals noch kein Fauxpas.

Dank der DNS-Technik allerdings wurde dem Mann Jahre später die Kippe zum Verhängnis. Heute rühmen Ermittler die Sicherstellung und Zuordnung von DNS-Spuren als Meilenstein in der Kriminaltechnik. Und ausgerechnet so ein genetischer Fingerabdruck wirbelt nun den Mordfall Böhringer durcheinander.

Kurzer Auftritt

Bence T., des Mordes an seiner Tante Charlotte Böhringer verdächtigt, hatte am Mittwoch einen kurzen Auftritt vor Gericht. Der Richter erklärte, dass Ermittler in Böhringers Wohnung zwei DNS-Spuren gesichert hätten, die identisch seien mit DNS-Material aus dem Mordfall Ursula Herrmann. Das zehnjährige Mädchen war 1981 entführt und in einer Holzkiste eingesperrt worden. Es erstickte qualvoll. Sein Mörder wurde nie gefasst.

Bence T. konnte den Gerichtssaal nach wenigen Minuten verlassen. Für den 14. Mai ist der nächste Verhandlungstermin anberaumt. Bis dahin soll geklärt werden, wie in zwei Mordfällen, die 26 Jahre auseinanderliegen, identische DNS-Spuren auftauchen können.

Ein Fehler?

Der Mensch hinterlässt Spuren - in jeder Situation. Ein Griff zum Wasserglas genügt und er setzt Tausende von Teilchen frei, die ausreichen, um ihn zu identifizieren: Schuppen, Haare, Haut. Allein schon die Feuchtigkeit der Haut genügt, um im Labor eine DNS zu extrahieren. Entsprechend vorsichtig wird dort agiert. Mit Mundschutz, Gummihandschuhen und unter einer Abzugshaube wird beispielsweise gesichertes Datenmaterial von Experten auf einen Datenträger gesetzt und gesichert. Absolut steril, wie im Krankenhaus. Und doch muss es irgendwo einen Fehler gegeben haben.

Denn Oberstaatsanwalt Anton Winkler ist sich sicher, dass die im Fall Herrmann gefundene DNS ,,keine Original-Spur von damals'' ist. Sie sei ,,irgendwie in das Verfahren reingekommen'', durch Wind oder Verwirbelungen. Sprich: Die DNS gehört vermutlich nicht zu einem Doppelmörder, sondern zu einem Ermittler, Laboranten oder Bestatter.

,,Es gibt bei uns einen stattlichen Maßnahmenkatalog, um Verunreinigungen auszuschließen'', sagt Ernst Schwanghart, Dezernatsleiter am Polizeipräsidium. Seine Spurensicherungsbeamten seien mit ihrer DNS erfasst - und könnten so als Spurensetzer ausgeschlossen werden. ,,Wir haben alle Betroffenen an einen Tisch gebeten und wollen die Sache innerhalb von 14 Tagen klären'', sagt Polizeisprecher Peter Reichl.

Das heißt auch, dass alle Beteiligten, die mit den Morden befasst waren, Speichelproben abgeben müssen. Die DNS-Technik jetzt in Frage zu stellen, sei aber der falsche Weg, sagt Reichl. Denn Mörder sollten auch weiterhin nicht sicher sein.

© SZ vom 4.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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