Zweckentfremdung:Niedrige Strafe für illegale Vermietung

Zweckentfremdung: Viele Münchner Wohnungen werden für teures Geld als temporäre Unterkunft untervermietet.

Viele Münchner Wohnungen werden für teures Geld als temporäre Unterkunft untervermietet.

(Foto: Robert Haas)
  • Ein Mann vermietet eine Wohnung über Jahre hinweg an Touristen und Verwandte und nimmt pro Nacht bis zu 400 Euro ein.
  • Nun muss er wegen vorsätzlicher Zweckentfremdung von Wohnraum ohne erforderliche Genehmigung eine Strafe zahlen - in Höhe von 4000 Euro.

Von Anna Hoben

Drei Zimmer, Küche, zwei Bäder, 110 Quadratmeter in der absoluten Toplage Maximilianstraße, 3000 Euro Miete kalt: Offenbar kein Problem für einen 45-jährigen Echinger, der diese Wohnung anmietete, aber niemals selbst bezog. Das Münchner Amtsgericht hat ihn nun wegen vorsätzlicher Zweckentfremdung von Wohnraum ohne erforderliche Genehmigung zu einer Geldbuße verurteilt. Weil er die Wohnung über Jahre hinweg anderen Personen zur Verfügung gestellt hat, zum Teil Touristen, zum Teil auch Verwandten, muss er 4000 Euro bezahlen.

Es ist ein kleiner Erfolg im Kampf gegen ein großes Problem in München, wo Wohnraum so knapp ist wie in keiner anderen deutschen Großstadt. "Grundsätzlich halten wir dieses Urteil für richtig", sagt Volker Rastätter, Geschäftsführer des Mietervereins München. 4000 Euro Bußgeld seien allerdings zu wenig. "Zweckentfremdung muss empfindliche Geldstrafen nach sich ziehen." Mit der Vermietung von Wohnungen an Touristen könne man in München sehr viel Geld verdienen, da würden so geringe Strafen einfach mit einkalkuliert, sagt Rastätter. Für die Wohnung in Bestlage dürfte der betreffende Mieter locker 300 bis 400 Euro pro Nacht verlangt haben. Gemessen an dem, was er mit der Weitervermietung verdient haben dürfte, ist das Bußgeld also ein Klacks.

Der Fall war vor das Amtsgericht gebracht worden, weil der Mann zunächst Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt hatte. Der Mieter, ein Zahnarzt, hatte die Wohnung von Januar 2013 an anderen Personen zur Nutzung überlassen. Sie liegt in einem 1997 errichteten Komplex mit Büros und Wohnungen, seit 2014 gehört er der Union Investment. Im August 2014 bekam die Stadt einen anonymen Hinweis, dass die Wohnung unzulässig genutzt werde. Andere Mieter des Hauses sagten aus, dass sie seit etwa zwei Jahren immer wieder mit arabischen Gästen belegt sei. Daraufhin teilte die Stadt im November 2014 dem Mann mit, dass ein Verstoß gegen die Zweckentfremdungssatzung vorliege. Ein Jahr später, im November 2015, untersagte sie ihm diese Nutzung.

Vor dem Amtsgericht gab der Mann an, die Wohnung für Gäste oder Patienten angemietet zu haben. Die Hausverwaltung, die Strabag Property and Facility Services GmbH, sei darüber informiert gewesen. Er selbst habe nicht gewusst, dass eine Genehmigung notwendig gewesen wäre. Die Hausverwaltung indes teilte mit, man habe keine Kenntnis davon gehabt, dass ein Verstoß vorliege. Das Gericht stellte allerdings fest, dass der Mann sehr wohl von der Zweckentfremdung wusste, spätestens nachdem ihm die Stadt im November 2014 dies mitgeteilt hatte. Demnach habe er die Wohnung mindestens ein Jahr lang vorsätzlich zweckentfremdet.

Bis zu 50 000 Euro kann das Bußgeld in solchen Fällen betragen; in diesem Fall hielt das Gericht 4000 Euro für angemessen. Dabei hat es laut Urteil auch zugrunde gelegt, dass die monatliche Miete für die angemietete Wohnung 3000 Euro betrug. Außerdem hat es zugunsten des Mieters berücksichtigt, "dass die Wohnung die letzten zwei bis drei Monate leer gestanden hat", heißt es im Urteil. Eine Begründung, die der Mieterverein nicht nachvollziehen kann: "Auch Leerstand ist Zweckentfremdung", sagt Rastätter. Bis Anfang Dezember 2016 hat die Bußgeldstelle des städtischen Wohnungsamtes in 45 Fällen ungenehmigter Nutzung Bescheide in einer Gesamthöhe von 228 116 Euro erlassen. Im Schnitt mussten die falschen Vermieter etwa 5000 Euro bezahlen.

Nicht weit von der ehemaligen Zahnarzt-Wohnung, im Maximilianeum, wird seit Längerem darüber gestritten, wie es beim Thema Zweckentfremdung weitergehen soll. Das bisherige Gesetz läuft zum 30. Juni aus. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat allerdings angekündigt, das Gesetz verlängern und verschärfen zu wollen. Nach seinen Plänen soll der Bußgeldrahmen auf 500 000 Euro verzehnfacht werden. Auch die Landtags-SPD hatte im November einen Antrag eingereicht, mit dem sie die Zweckentfremdung stärker bekämpfen wollte. Der wurde von der CSU abgeschmettert.

Der Zahnarzt ist mittlerweile nicht mehr Mieter an der Maximilianstraße. Doch dass der Kampf gegen Zweckentfremdung eine Sisyphusarbeit ist, macht ein Nachbar deutlich. Der neue Mieter, sagt er, spiele das gleiche Spiel mit der Wohnung.

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