Städtische Zuschüsse:Ohne Zuschüsse geht in der Stadt nur wenig

Die meisten finanziellen Zuschüsse landen in München bei der Kinderbetreuung.

Die meisten Zuschüsse der Stadt landen bei der Kinderbetreuung. Die wäre sonst zu teuer für viele Eltern.

(Foto: Catherina Hess)
  • Vielen städtische Angebote müssen per Gesetz kostendeckend sein, zum Beispiel die Müllabfuhr oder die Stadtentwässerung.
  • Die meisten Kultur- und Bildungseinrichtungen dagegen sind das nicht. Würde man ihre Kosten komplett auf die Nutzer umlegen, wäre das schlicht zu teuer.
  • Ohne finanzielle Zuschüsse der Stadt geht darum nur sehr wenig.

Von Dominik Hutter

Die Kindls zum Beispiel. Knapp 2600 Euro hat die Familie zum Jahresende mehr im Portemonnaie, weil die Stadt München ihren Kultur-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen erkleckliche Zuschüsse bezahlt. Die Geigenstunden von Tochter Lisa an der Sing- und Musikschule kosten 516 statt kostendeckender 963 Euro. Ihr Bruder Luis "spart" in der Stadtbücherei rund 36 Euro pro Jahr, weil seine 100 Ausleihen für einen ermäßigten Jahresbeitrag von zehn Euro und nicht etwa für zusätzliche 3,63 Euro je Medium zu haben sind.

Dazu kommen die Konzert- und Theaterbesuche der Großeltern Josef und Gerda, die bei den Philharmonikern mehr als 850 Euro (vier Vorstellungen) und im Volkstheater noch einmal fast 840 Euro (fünf Besuche) weniger bezahlen müssen. Dann noch zehn Mal in den Tierpark Hellabrunn, ein paar VHS-Kurse für Mutter Anna (Vater Tom geht leer aus), und schon ist das Sparpaket perfekt. Die hochbezuschusste Kinderbetreuung ist noch nicht einmal berücksichtigt.

Sparen ist gleich verdienen, dieses Motto diente schon Dagobert Duck als Geldfuchs-Weisheit. Die arme Familie Kindl hat nur leider nichts davon - es gibt sie nämlich nicht. Der neue Stadtkämmerer Christoph Frey hat Josef, Gerda, Anna und Co. nur ersonnen, um ein typisches Beispiel für die Auswirkungen der städtischen Zuschusspolitik auf einen typischen Münchner Haushalt anschaulich darstellen zu können. Denn ohne Zuschüsse ginge nur sehr wenig im städtischen Kultur- und Bildungsbetrieb sowie im Sozial- und Freizeitbereich.

Die meisten Theater und Bildungseinrichtungen arbeiten nicht kostendeckend - dies auf die Preise umgelegt, wäre für die meisten Nutzer schlicht zu teuer. Satte Gewinnbringer wie etwa der Campingplatz Thalkirchen sind selten. Die Wohnwagenidylle im Isartal nahm 2017 das Doppelte von dem ein, was der Unterhalt der Anlage kostet. Andere städtische Angebote müssen nach dem Kommunalabgabengesetz kostendeckend sein, die Müllabfuhr oder die Stadtentwässerung etwa.

Für alle anderen stellte Frey im Jahr 2017 (das sind die aktuellsten verfügbaren Zahlen) rund 950 Millionen Euro an Zuschüssen zur Verfügung. Ohne Investitionen wie etwa den anstehenden Neubau des Volkstheaters, die kommen noch oben drauf. Das meiste Geld landet bei der Kinderbetreuung, die ansonsten für die meisten Eltern unerschwinglich wäre: 245,5 Millionen Euro schießt die Stadt für städtische Kitas zu, weitere 388 Millionen gehen an die nicht-städtischen Träger.

Es folgen: die Stadtbibliothek mit 43 Millionen Euro, die Kammerspiele plus Schauburg mit 34,5 Millionen, die Philharmoniker mit 20 Millionen und das Stadtmuseum mit 16,3 Millionen. Weitere bekannte Zuschussnehmer sind die Volkshochschule (15,6 Millionen), die Galerie im Lenbachhaus (15,5 Millionen), das Volkstheater (8,9 Millionen), das NS-Dokumentationszentrum (5,8 Millionen) und die Sing- und Musikschule (5,1 Millionen). Komplizierter ist die Situation bei den Stadtwerken, die aus Wettbewerbsgründen ihre Zahlen geheim halten.

Dort gilt aber das Prinzip: Die Defizite bei Bädern und Nahverkehr werden vor allem durch die Überschüsse im Energiesektor ausgeglichen. Ausnahme: Sonderwünsche der Stadt wie etwa diverse Buslinien oder der Nachtlinienverkehr - die werden extra bestellt und auch extra bezahlt. Ansonsten muss der Betrieb von U-Bahn, Bus und Tram schon wegen des EU-Wettbewerbsrechts kostendeckend sein. Sonst müsste die Stadt die Linien ausschreiben. Defizite entstehen aber beim Unterhalt der in die Jahre gekommenen U-Bahn-Röhren.

Die Verbundorganisation MVV erhält von der Stadt drei Millionen Euro Zuschuss. Der städtische Beitrag zum Nahverkehr wird in den kommenden Jahren erheblich steigen. Das Rathaus hat für die MVV-Tarifreform einen Jahresbeitrag von 35 Millionen Euro zugesagt. Auch der Geldsegen für die Kinderbetreuung wird noch einmal kräftig anwachsen. Rund 15 Millionen Euro hat Kämmerer Frey 2019 für die freiwillige Familienentlastung einkalkuliert. Von 2020 an steigt dieser Betrag auf jährlich 45,8 Millionen.

Auch die Wiesn deckt ihre Kosten nicht

Weniger lukrativ als erwartet gestaltet sich der Betrieb des Oktoberfests - was aber freilich nur aus der Perspektive der Stadtverwaltung gilt. Wiesn und Oide Wiesn konnten 2017 lediglich 87,1 Prozent ihrer Kosten durch Standmieten erwirtschaften. Dieses Defizit, entstanden auch durch einen höheren Aufwand für die Sicherheit, hat inzwischen zu einer Neukalkulation der Standgelder und der Umsatzpacht geführt. Denn im Gesamtblick nagt die Wiesn natürlich nicht am Hungertuch. Das größte Volksfest der Welt hat einen geschätzten Wirtschaftswert von 954 Millionen Euro. Da können Dulten und Christkindlmarkt mit knapp 190 Millionen Euro nicht mithalten. Sie erwirtschaften dafür aber Überschüsse: fast 112 Prozent Deckungsbeitrag. Da freut sich der Kämmerer.

Beim Tierpark Hellabrunn hat die Stadt je Eintrittskarte im Schnitt 99 Cent draufgelegt. Das liegt aber nur an den obligatorischen Betriebszuschüssen (plus Beitrag zur Substanzerhaltung) - eigentlich hätte sich der Münchner Zoo 2017 mit einem Deckungsbeitrag von 100 Prozent allein finanzieren können. Der städtische Altenheimbetreiber Münchenstift kommt auf 103 Prozent, er erhält erst gar keine Zuschüsse für Betrieb oder Investitionen.

Bei den Besucherzahlen liegen (der MVV mal ausgenommen) die Wiesn mit 6,2 Millionen, der Olympiapark mit 3,3 Millionen der Christkindlmarkt mit drei Millionen, Hellabrunn mit fast 2,5 Millionen und die städtischen Bäder mit knapp 2,2 Millionen vorn.

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