Zum Spöckmeier:Ein Festwirt auf Abwegen

Flachbildschirme und bavarian tapas - das Konzept des Festwirtpaars Stiftl für die Gaststätte Zum Spöckmeier in der Rosenstraße ist misslungen. Vor allem in der Küche.

Johanna N. Hummel

"Ein guter Name ist besser als Reichtum", sagten die Alten genügsam. Genügsam? Auch die Alten hofften, mit einem guten Namen gutes Geld zu machen, die vielen Wirte der Traditionsgaststätte Zum Spöckmeier in der Rosenstraße zum Beispiel. 1687 nannte der Bierbrauer Melchior Spöckmeier das damals schon 230 Jahre alte Wirtshaus Zum Spöckmeier.

Zum Spöckmeier: Der Spöckmeier bietet viel Holz und Kellnerinnen im Dirndl.

Der Spöckmeier bietet viel Holz und Kellnerinnen im Dirndl.

(Foto: Foto: Catherina Hess)

Dabei ist es geblieben, ob die Wirte nun Kreitmair oder Süßmeier, Pongratz oder Langegger hießen. Der Name war und ist das einzig Beständige, weil der Spöckmeier, im Krieg zerstört und später wieder aufgebaut, 1969 auf dem benachbarten Grundstück, eine Kaufhauslänge vom Marienplatz entfernt, neu entstanden ist.

Seit April 2009 heißen die Wirtsleute im Spöckmeier Lorenz und Maria Stiftl. Lorenz Stiftl hat vor ein paar Jahren auf der Wiesn das Wienerwald-Zelt übernommen, als Festwirt taucht er in vielen Orten auf und im Seehofer-Land rund um Ingolstadt ist er Gastronomie-Fürst mit Restaurant, Hotel, Tankstelle, Zeltverleih und einem Catering, zu dem auch das Spöckmeier-Angebot gehört. Die ganze Familie arbeitet im Unternehmen, Sohn Stefan hat Systemgastronomie gelernt.

Zu Beginn der Stiftl-Ära wurde der Spöckmeier neu gestaltet. Bilder und Fotos hängen an hellen Holzvertäfelungen, Kachelöfen stehen in den Stuben, gegenüber dem Herrgottswinkel hängen freilich auch Flachbildschirme, zwei Steintafeln zur Hausgeschichte sind im Treppenaufgang eingemauert. Im Eingangsraum, rund um die Bar, ist ein Imbissbereich mit Hochsitzen an hellen Tischen entstanden, der sich Schwemme nennt, ohne je Schwemme gewesen zu sein, ein Regal mit 2500 Bierflaschen verbirgt die Küchentür. Und wer sich vor Weihnachten in eine Toilette zurückzog, konnte auf Täfelchen lesen, was "Spöckmeiers kleiner Geschenkeladen" von der Milchkanne bis zum Dirndl so alles bietet.

Bavaria-Kitsch und bavarian tapas

Dirndl und Janker tragen die Bedienungen, die bemüht und lustig sind. Auf die Frage, ob die Bestellung Saures Lüngerl in ihrem Sinn sei, antwortete eine Kellnerin: "Ja, wenn ich es nicht vorkosten muss." Sobald die Massen hereindrängten, wurde es hektisch im Lokal. Die Getränke wurden zwar schnell gebracht (die Halbe Paulaner Helles 3,95, 0,2 Liter vom durchschnittlichen Grünen Veltliner oder Merlot 4,30 und 4,90). Doch selbst die Weißwürste brauchten eine halbe Stunde, bis sie es, leicht abgekühlt, zum Tisch schafften. Heiß hätten sie, fein mit Zitrone gewürzt, sicher gut geschmeckt (das Stück 2,40).

Grausige Großgastronomie

Eine Neuheit im Spöckmeier sind die, wie es kleine Karten auf den Tischen verheißen, "bavarian tapas". Bayerische Tapas? Da wendet sich der Spanier mit Grausen. Spöckmeiers Tapas lesen sich wie Miniportionen von der großen Karte: Obatzda, Leberkäse, Würstel oder Schnitzel. Der Altwiener Tafelspitz bestand aus nahezu salzfreien kalten Rindfleischröllchen, garniert mit einer homöopathischen Dosis Kürbiskernöl und ein paar spröden Meerrettich-Spänen (4,50).

Die Suppen trösteten nicht. Die Nudelterrine mit Ochsenfleisch erinnerte nur schwach an Rinderbrühe. Dünn war die Kartoffelsuppe, in der ein paar Speckflusen schwammen, kaum ausreichend gewürzt die Pfannkuchensuppe (4,10 bis 8,40). Zu den Vorspeisen zählt der mächtige Brezenknödelauflauf mit Schwammerlragout, eine Art Guglhupf, der außen angetrocknet und zäh war. Die Schwammerl schmeckten nicht schlecht, doch man hatte das Gefühl, viel Saucenbinder zu schlucken. Beim geräucherten Saiblingsfilet war vom Fisch kaum noch etwas zu schmecken, Rauchgeschmack, nur Rauchgeschmack überdeckte alles andere (8,90 und 11,90).

An den Portionen wird nicht gespart. Der pochierte Wels, der sich in offenbar großer Hitze zusammengerollt hatte, war unter einem Berg von Wurzelgemüse abgetaucht. Umspült war der Haufen von einer hellen Sauce mit Kartoffelwürfeln, Brokkoli- und Blumenkohlröschen, die für zwei gereicht hätten (19,50). Salz und Gewürze jedoch verwendete die Küche, als handle es sich um pures Gold. Sie mangelten Fisch und Gemüse, sie mangelten dem ordentlichen Wiener Schnitzel, dem Krautsalat zum zähen Schweinsbraten vom Halsgrat und Wammerl.

Die weißen Bandnudeln mit Datteltomaten, Zucchini und Mozzarellawürfeln waren durch und durch weich gekocht und mit einer Tomatenfarce bedeckt, die so schmeckte, als käme sie direkt aus dem Packerl. Beim Sauren Lüngerl mit festen Semmelknödeln dagegen tat die Küche zu viel des Guten, überaus säuerlich kam es auf den Tisch (8,90 bis 17,50).

Gibt es nichts Positives in diesem großgastronomischen Unternehmen? Die kräftige Bier-Brezen-Suppe mit vielen Zwiebeln zum Beispiel (3,70) war fein, die Tafelspitzsülze schön säuerlich, doch der Schnittlauch-Schmand fehlte; eine Kräuterquarkkugel lag dafür auf dem Teller (9,80). Das Viertel Bauernente hatte eine knusprige Haut, das zarte Rumpsteak kam, wie bestellt, medium auf den Tisch (13,90 und 19,50).

Bei den Nachspeisen war das Bierparfait an sich eine interessante Sache, hätte das Orangen-Birnen-Kompott dazu nicht nach Zwiebeln geschmeckt. Immerhin, am Apfelstrudel und der Vanillesauce gab es überhaupt nichts zu meckern: Hauchdünner Teig, gefüllt mit feinsäuerlichen Äpfeln, wunderbar (5,90 und 6,20). Aber ein guter Apfelstrudel macht noch keine Traditionsgaststätte.

Zum Spöckmeier, Rosenstraße 9, Telefon: 268088, www.spoeckmeier.com. Geöffnet täglich von 9 bis 24 Uhr, warme Küche bis 23.30 Uhr.

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