Zum Alten Wirt:Da feit si nix

Gasthof "Zum Alten Wirt von Obermenzing", 2011

Der Alte Wirt beansprucht den Titel "ältester Gasthof Münchens" für sich.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Beim Alten Wirt in Obermenzing sieht es aus, als wäre es seit undenklichen Zeiten nie anders gewesen. Wer sich an die bayerischen Spezialitäten hält, ist hier gut aufgehoben.

Gertrude Fein

Die Renovierung alter Wirtshäuser ist eine heikle Sache, und manchmal geht sie schief. Dann wird in eine bescheidene Stube soviel Zeitgeist hineingepresst, dass vom ursprünglichen Zustand nichts mehr zu erahnen ist, oder ein "Landgasthof" geschaffen, der mit Kitsch vollgestopft ist, dass sich die alten Balken unter den neuen Nippes biegen.

1983 stand in der SZ-Kostprobe über den Alten Wirt in Obermenzing zu lesen: "Das über 500 Jahre alte Wirtshaus ist recht schäbig - außen müsste es dringend geweißelt werden; innen wurde es in der frühen Resopalzeit kaputtrenoviert." Ein paar Jahre später geschah ein kleines Wunder: Das Gebäude wurde verkauft und so gut renoviert, dass es danach aussah, als wäre es seit undenklichen Zeiten nie anders gewesen. Und der beliebte Hans Stern führte die Wirtschaft weiter, bis er aus Altersgründen aufhörte.

Nach dem Gastspiel einer Pächterin, die rasch die alten Stammgäste vergrault hatte, weil sie den Obermenzinger Geldadel bevorzugte, übernahmen vor Jahren die jetzigen Wirtsleute das Gasthaus Zum Alten Wirt. Die Gaststube hat sich seit jener Renovierung zum Glück kaum verändert, außer dass den Herrgottswinkel nicht nur ein Bild von König Ludwig II. ziert, sondern dort auch ein Porträt von Franz Josef Strauß hängt, und eines von Edmund Stoiber, dem Urbild des barocken Bayern. Aber den Gästen, ob schwarz, rot oder grün, ist es wurscht, wer auf ihre Teller schaut - Hauptsache das Essen schmeckt und das Augustiner-Bier vom Fass ist gut eingeschenkt (die Halbe 2,80).

Ein Stück vom bayerischen Küchenparadies

Da feit si nix, wie die alten Münchner sagen. Wer sich an die bayerischen Spezialitäten hält, ist beim Alten Wirt gut aufgehoben. Da gab es eine üppige Portion Kalbsherz vom Rost (9,40), begleitet von gebratenem Speck und Bratkartoffeln, oder Kalbszunge, zart gebacken in dünner Panade oder gekocht in Rahmsauce (je 8,80). Eine wohlschmeckende Idee war ein Gericht mit dem irreführenden Namen "Bauernschnitzel". Es handelte sich um zwei kleine Schweinsschnitzel in Kartoffelteig (8,80); der Salat dazu allerdings knirschte zwischen den Zähnen, weil sandig.

Die gebackenen Kalbsbackerl waren gut gewürzt und fein paniert - für den Liebhaber ein Stück vom bayerischen Küchenparadies, für Auswärtige oft ein Graus (6,80). Durch eine rösche Kruste und angenehm festes Fleisch zeichnete sich die riesige Portion Spanferkel aus (10,30). Schade, dass der zu feste, fast schon harte Kartoffelknödel den guten Eindruck störte. Beim ausgezeichneten Entenbraten dagegen stimmte einfach alles: zartes Fleisch, knusprige Haut, gut gewürztes Blaukraut und ein gelungener Kartoffelknödel (8,80).

Neue Gäste lernen rasch die Grenzen der Küche kennen

Preis und Qualität dieser bodenständigen Speisen erklären, warum der Alte Wirt ständig gut besucht ist. Stammgäste wissen, was sie bestellen müssen, neue Gäste hingegen, die meinen, dass das Teuerste auch das Beste sein müsse, lernen rasch die Grenzen der Küche kennen. Von den teureren Gerichten überzeugte nur der exakt gebratene Hasenrücken mit Schattenmorellen (14,80). Das Züricher Geschnetzelte wäre mit harten Kalbfleischstücken und fader Sauce dazu geeignet gewesen, den sanftesten Eidgenossen zur Armbrust greifen lassen, um die Schweizer Kultur zu verteidigen (11,10).

Auch die Fischgerichte waren alles andere als perfekt. Dem Zanderfilet mit Mandeln (14,40) war in der Pfanne jeder Geschmack abhanden gekommen und statt der angekündigten Renke Müllerin lagen derer zwei auf dem Teller, allerdings recht magersüchtige Backfische ohne jeden Saft (11,70).

Bleibt zu erwähnen, dass die Bedienungen freundlich und flink sind, dass die Wirtsleute ständig darauf achten, dass alles in Ordnung ist und dass - in einem bayerischen Wirtshaus keineswegs selbstverständlich - ein ausgezeichneter Espresso serviert wird (1,90) und der Pinot Grigio besser schmeckt als die Allerweltsplörre, die manchenorts ausgeschenkt wird (4,50 der Schoppen). Einen "traumhaften Biergarten" und "herrliche Räumlichkeiten für Familien- und Geschäftsfeiern" preist der Alte Wirt in Anzeigen ohnehin an - und das ist nur unwesentlich übertrieben.

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