Zu wenige Erzieher in München:Kitas von Schließung bedroht

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Weil Erzieher fehlen, müssen Gruppen in bestehenden Einrichtungen möglicherweise vorübergehend aufgelöst werden. Gleichzeitig gerät das Ziel in Gefahr, bis zum Sommer 2013 den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz zu erfüllen.

Katja Riedel

Einen Kita-Platz zu finden, ist in München besonders schwierig.  (Foto: Frank Hormann/dapd)

Weil es nicht genügend Erzieher und Erzieherinnen gibt, müssen in München bestehende Kitas womöglich teilweise geschlossen werden. Gleichzeitig gerät durch den akuten Fachkräftemangel das Ziel in Gefahr, bis zum Stichtag, dem 1. August 2013, den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab dem ersten Lebensjahr zu erfüllen. Das geht aus einer Vorlage des Bildungsreferats hervor, die an diesem Dienstag in einer gemeinsamen Sitzung von Bildungs- und Sozialausschuss beraten werden soll.

In dem Papier heißt es, schon jetzt könnten aufgrund fehlender Erzieher nicht alle Plätze besetzt werden. In Bezug auf den weiteren Kita-Ausbau, in den die Stadt viel Geld gesteckt hat, spricht die Verwaltung von einer "erheblichen Problematik". Künftig sei mit "vorübergehenden Teilschließungen" von einzelnen Kitas zu rechnen. "Neu fertiggestellte Objekte werden wohl ebenfalls wegen Personalmangels nicht sofort voll ausgelastet in Betrieb gehen können", heißt es weiter.

Diese Einschätzung bezieht sich auf alle Münchner Kitas - egal, welcher Träger sie betreibt. In städtischen Einrichtungen habe man bisher noch keine Gruppe schließen müssen. Aus Häusern, die von kommerziellen und von freien Trägern betreiben werden, die die Ausbauoffensive stemmen müssen , hört jedoch auch die Stadt mitunter Haarsträubendes: In einer neuen Einrichtung hätten nur zwei von drei Gruppen eröffnen können, sagt Eva-Maria Volland, Sprecherin des Bildungsreferates. Die Stadt habe aber keinen genauen Überblick über die Situation, im Moment sehe man nur "Schlaglichter".

Weil aber auch die Stadt weiß, dass der Markt für Erzieher aufgrund des bundesweiten Ausbaus leergefegt ist und Stellen oft monatelang ohne eine einzige Bewerbung ausgeschrieben sind, bemüht sie sich um kreative Lösungen. So hat sie gemeinsam mit der Arbeitsagentur etwa die Biografien von Hartz-IV-Empfängern nach anrechenbaren Praktikumszeiten durchforstet. 50 von ihnen beginnen jetzt eine um das Praktikum verkürzte Erzieherausbildung, die das Arbeitsamt bezahlt. Alleinerziehende sollen eine Teilzeitausbildung absolvieren dürfen. Teilzeitkräfte sollen zu Vollzeitarbeit animiert werden. Auch ausländische Abschlüsse sollen leichter anerkannt werden. Und ältere Erzieher, die seit Jahrzehnten nicht mehr gearbeitet haben, sollen zurückkehren. Zusätzlich bildet die städtische Fachakademie mehr Erzieher aus. Aktuell studieren dort 424 junge Menschen, im Vorjahr waren es 409. Man habe, anders als früher, in diesem Jahr jeden Bewerber aufgenommen - und trotzdem gäbe es noch 60 freie Plätze, sagt Volland.

Unter anderem wegen des Personalmangels novelliert die Stadt auch ihr eigenes Zuschussinstrument, die sogenannte Münchner Förderformel. Der Sondertopf hält 150 Millionen Euro Zusatzmittel bereit, um den Ausbau zu forcieren, wurde zuletzt aber kaum genutzt. Das hat auch mit den strengen Richtlinien zu tun. 2011/12 wurden gerade einmal 52 Anträge gestellt und 43 bewilligt, mit einem Volumen von insgesamt nur 2,5 Millionen Euro.

Bisher mussten die Antragsteller mehr Betreuungsstunden nachweisen, als die staatlichen Richtlinien verlangen, um in den Genuss der Münchner Sonderförderung zu kommen. Davon verabschiedet sich die Stadt nun. Zudem sollen Einrichtungen alle Tätigkeiten, die keine pädagogischen Qualifikationen erfordern, etwa im hauswirtschaftlichen Bereich, an Dienstleister auslagern. So stehen de facto nicht mehr Personen, aber mehr Pädagogen-Stunden zur Verfügung. Außerdem sollen freie Träger, die im Kampf um Personal übertarifliche Zulagen zahlen, von der Münchner Förderformel künftig ausgeschlossen werden.

© SZ vom 06.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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