Zerwirk:Ausflippen erwünscht

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Balkanklänge, Hiphop, Elektro und Indie - das Zerwirk hat als Club so einiges zu bieten. Und ist dazu noch eine echte Alternative zum Mainstream-Partyprogramm.

Rebecca Brielbeck

Eine Schlange steht bereits kurz nach Mitternacht in der Ledererstraße vor dem Zerwirk. Eigentlich ungewöhnlich, gehen die Münchner eher selten vor ein Uhr in einen Club. An diesem Abend ist das anders, denn es ist die monatliche Balkanparty. "Ich kann es schon gar nicht mehr erwarten", sagt eine junge Frau ungeduldig zu ihrer Begleitung. So geht es den Meisten, die hier stehen: Sie wollen endlich die Tanzfläche stürmen.

Zu jedem Getränk bekommt man bei der Balkanparty einen Slibowitz. (Foto: Foto: Rebecca Brielbeck)

Die Leute sind bunt gemischt. Alternative in Röhrenjeans und dem obligatorischen Palituch stehen neben Mittvierzigern in ausgebleichter Jeansjacke und Karohemd, daneben einige junge Frauen im extrem kurzen Minirock. Was sie verbindet? Sie wollen alle nur eins: Tanzen bis in den Morgen. Dazu sind der Club und vor allem das Balkanmotto bestens geeignet. Außerdem ist hier der Eintritt mit acht Euro moderat für Münchner Verhältnisse.

Die kleinen Dinge machen das Zerwirk so besonders

Im ersten Stock angekommen - dort befindet sich der Club - stellt man schnell fest, die Diskothek bietet alles, was das Partyherz begehrt: Relativ günstige Getränke, das Bier kostet beispielsweise drei Euro, nettes Personal, die Türsteher sind mit ihrer Freundlichkeit eine echte Rarität in München, und vor allen Dingen gibt es gute Musik - diesmal aus Osteuropa.

Das Licht ist angenehm dunkel und falls man sich mal vom wilden Tanzen ausruhen möchte, sind genügend Sitzgelegenheiten vorhanden. Außerdem fühlt man sich in diesem historischen Gebäude, 700 Jahre ist es bereits alt, mit seinen hohen dunklen Räumen in eine andere Zeit versetzt. Hier prallen zwei Gegensätze aufeinander: Ein Jahrhunderte altes Gemäuer und moderne Clubkultur.

Der ungewöhnliche Name des Clubs ist ein Überbleibsel aus der Vergangenheit des Gebäudes. Zerwirk kommt von zerwirken und das ist der Ausdruck für das Zerlegen von Wild. Genau das wurde hier früher gemacht. Ein bisschen komisch, bedenkt man, dass das Zerwirk nicht nur den Club beherbergt, sondern auch ein veganes Restaurant.

Es sind die Kleinigkeiten, die das Zerwirk so besonders machen: Der Club ist nach dem Motto des Abends dekoriert - überall hängen bunte Tücher und an der Decke Rosen - und zu jedem Getränk gibt es einen mottotypischen Schnaps gratis, einen Slibowitz, der wohl meist getrunkene Hochprozentige im Balkan. Man bekommt das Gefühl, München schon längst gen Südosten verlassen zu haben.

Dazu trägt auch die Band bei, die an diesem Abend auftritt. Sie versucht, dem Publikum mit osteuropäischen Klängen einzuheizen. Leider lassen sich die Gäste nicht wirklich auf die Livemusik ein und so wirkt es, als wäre man auf einem Konzert und nicht in einer Disko: Die meisten Gäste stehen einfach nur da und sehen zu. Vielleicht ist das aber auch ein bisschen viel Balkanfeeling auf einmal für die Münchner. "Wann legt denn endlich der DJ auf", beschwert sich ein junger Mann bei seinem Freund.

Es wird Zeit, Luft zu schnappen

Lang müssen sich die Partywilligen allerdings nicht mehr gedulden. Gegen eins fängt der DJ an - und plötzlich gibt es kein Halten mehr. Die Menge stürzt sich in die Mitte des Clubs auf die Tanzfläche und binnen Minuten ist die Stimmung am kochen. Alle springen wild durch die Gegend und tanzen was das Zeug hält. Berührungsängste darf man hier nicht haben. Körper an Körper bewegen sich die Menschen zum Rhythmus der Musik. Das Schönste: Es ist den Leuten egal, wie cool sie dabei wirken oder eben auch nicht. Sie genießen einfach den Moment

Mittlerweile tanzt fast der gesamte Club. Das ist fast schon ein Automatismus, denn die Tanzfläche ist nicht begrenzt. Im Grunde kann der komplette Raum von den Tanzwütigen als Dancefloor genutzt werden. Ein weiterer Vorteil dieser Raumaufteilung: Man fühlt sich nicht wie auf einem Präsentierteller, wenn weniger Leute tanzen, da man nicht so exponiert ist, wie auf einer abgegrenzten Tanzfläche. Die Leute, die nicht tanzen, stehen ja gleich daneben.

Es ist heiß. Zeit, Luft zu schnappen. Ein Stockwerk tiefer kann man sich in einer Art Freiluft-Foyer abkühlen und, wer will, auch eine Zigarette rauchen ohne danach wieder an der Schlange und den Türstehern vorbei zu müssen. Das ist sowohl für die Gäste als auch für die Anwohner sehr angenehm, denkt man an die Lärmbelästigung, mit der sie andernorts zu kämpfen haben.

Zerwirk
:Ausflippen erwünscht

Balkanklänge, Hiphop, Elektro und Indie - das Zerwirk hat als Club so einiges zu bieten. Und ist dazu noch eine echte Alternative zum Mainstream-Partyprogramm.

Rebecca Brielbeck

Zurück im Club kommt man sofort wieder in Partystimmung. Das junge Publikum, die meisten sind Mitte bis Ende zwanzig, scheint einfach nicht müde zu werden. Mittlerweile ist es halb vier und immer noch genau so voll wie um eins. Angenehm: Die Leute sind nicht völlig betrunken und latent aggressiv, wie sie es oft in Clubs um diese Uhrzeit sind, sondern immer noch in bester Feierlaune.

Vielfältigkeit ist das Erfolgsrezept

So geht es noch etwas eineinhalb Stunden weiter, dann wird es allmählich leerer. Vor dem Zerwirk blickt man in lauter erschöpfte, aber glücklich wirkende Gesichter. Viele kommen sicher wieder, wenn es in einem Monat wieder heißt: "Balkanstylee".

Und auch für die, für die diese Art von Musik nichts ist, hat das Zerwirk von Donnerstag bis Samstag so einiges zu bieten: Hiphop und Funk werden hier ebenso gespielt wie Elektro und Indie, natürlich nicht am selben Abend. Zudem sorgen unterschiedliche DJ`s für Abwechslung in der Musikauswahl und dafür, dass die Mottoabende nie gleich sind. Vielfältigkeit ist also das Erfolgsrezept des Zerwirks. Hier wird soll es einem nicht langweilig werden.

Zerwirk, Ledererstraße 3, 80331 München, Büro: 089/23239195, www.zerwirk.de

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