Zentraler Omnibusbahnhof:Von der Hackerbrücke nach Osteuropa

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Münchens Tor zum Osten: Noch ist der Zentrale Omnibusbahnhof nicht ausgelastet, doch bald soll er richtig brummen.

Florian Fuchs

Zwei große, gelb-grüne Banner hängen am Haupteingang des neuen Busbahnhofs an der Hackerbrücke: Büroflächen zu vermieten, lautet die Werbebotschaft. Geht der Besucher in die Abfahrtshalle, bemerkt er schnell: Auch der ein oder andere Busparkplatz wäre noch frei.

Der neue zentrale Omnibusbahnhof an der Hackerbrücke kurz vor seiner Eröffnung. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Es ist so wenig los hier, abends zur Hauptreisezeit zwischen 18 und 20 Uhr, dass nur zwei BMX-Fahrer richtig in Fahrt kommen: Die beiden balancieren mit ihren Rädern auf den Bordsteinen und springen in hohem Bogen von einer Parkbucht zur nächsten. Angst vor Unfällen mit ein- oder ausreisenden Bussen haben die Artisten nicht, dafür fahren hier momentan einfach noch zu wenig Fahrzeuge. Eher schon fürchten sie Nachahmer: "Der Busbahnof soll unser Geheimtipp bleiben", sagen sie, "sonst kommen bald alle mit ihren Rädern an."

Das Münchner Tor nach Osten

Ein Geheimtipp für BMX-Fahrer wird der Zentrale Omnisbusbahnhof (ZOB) nach Ansicht von Unternehmern jedoch bestimmt nicht bleiben. Auch wenn sich bisher Abend für Abend nur wenige Reisende in der riesigen Halle des futuristischen Neubaus an der Arnulfstraße verlieren: Von Sonntag an soll es hier tatsächlich richtig brummen, dann fahren auch Busse das Gelände an der Hackerbrücke an, die bislang noch in Fröttmaning halten.

"Das wird dann schon", sagt zum Beispiel Belmir Kantic. Busse des Unternehmers fahren täglich von Dortmund ins bosnische Gorazde. Am Zwischenstopp München sitzt Kantic auf einer Holzbank, telefoniert über sein Handy und schwärmt zwischendurch vom ZOB: "Der ist optisch sehr schön, der ist zentral gelegen und die Fahrgäste können sich endlich was Anständiges zu essen kaufen." Und der Parkplatz in der Hansastraße, den Kantic' Fahrer bisher immer angesteuert haben? "Eine Katastrophe, da gab es überhaupt keine Anbindung, meine Kunden standen immer total verloren herum."

Miriana Ljevsic und Lilly Glavas stimmen dem Busunternehmer zu. Beide fahren mindestens vier Mal im Jahr mit dem Bus in die Heimat, die eine nach Gorazde, die andere nach Slavonski Brod in Kroatien. Bisher starteten sie immer von der Hansastraße oder dem Parkplatz in Fröttmaning aus - zwei Standorte, die auch ihrer Ansicht nach schwer zu erreichen sind und keinen Komfort bieten.

Auf nach Struga, Lipovac oder Skopje

"Hier ist es viel schöner", sagt Ljevsic über den ZOB und nimmt einen Schluck aus ihrem Kaffeebecher, den sie sich gerade in der Ladenzeile im ersten Stock geholt hat.29 Busbuchten gibt es in der riesigen Halle, fünf sind gerade besetzt, etwa 25 Reisende warten: Die Zielorte heißen Struga, Lipovac oder auch Skopje.

"Im Herbst und Winter fahre ich viel lieber als im Sommer", sagt Glavas, "da fahren wir nämlich in neuen Bussen." Im Sommer steuern die modernen Busse Urlaubsorte in Spanien und Italien an, für die osteuropäischen Routen bleiben da oft nur noch Fahrzeuge mit weniger Komfort. 120 Euro hin und zurück kostet ihre Fahrt nach Kroatien. "Das ist billiger als mit dem Zug, und meistens geht es auch schneller." Außer der Bus hat wieder eine Panne, wie letztens in Ljubljana, als Glavas vier Stunden in der Kälte stehen musste, bis es weiter ging. "Es ist super, dass München jetzt einen zentralen Busbahnhof hat", sagt sie, "gerade für Ost- und Südosteuropäer, wir reisen einfach viel mit dem Bus."

Wally Herrmann vom Kiosk U-Store im ersten Stock hat die Kunden aus dem Osten schon zu schätzen gelernt: "Die kaufen hier alles querbeet, und natürlich auch ihr Bier für die lange Reise." Seit Juli steht sie hinter der Kasse des Ladens, der Umsatz ist noch nicht so, wie sie sich das wünschen würde. Aber wie Busunternehmer Kantic ist sich auch Herrmann sicher: "Das wird jetzt dann schon." Mit zusätzlichen Bussen kämen auch mehr Fahrgäste, vor allem auf ein gutes Geschäft in den Ferienzeiten hofft die Verkäuferin: jetzt die Herbstferien, dann die Weihnachtsfeiertage.

Als Herrmann um 20.15 Uhr ihr Kühlregal sortiert, haben der Supermarkt und auch die Apotheke in der Ladenzeile schon geschlossen. Ersin Karatas dagegen arbeitet auch noch. Für ihn geht es jetzt sogar erst richtig los, bald werden ihm hungrige Kunden die Bude einrennen: Keine Fahrgäste, sondern Besucher der Disco Neuraum, die im Untergeschoss des Busbahnhofs liegt. "Mit denen", sagt der Dönerverkäufer, "mache ich mein größtes Geschäft."

© SZ vom 31.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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